„Jede verlorene Woche kostet Wohlstand“: Union fordert Wirtschaftsgipfel von Scholz
Die Union fordert Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angesichts der schlechten Lage im Land zu einem Wirtschaftsgipfel auf. „Die Wirtschaft bricht ein und die Ampel zaudert“, sagte Jens Spahn, Vize-Fraktionschef der Union im Deutschen Bundestag, dem „Tagesspiegel“.
„Jede verlorene Woche kostet Wohlstand.“ Deutschland brauche ein Wachstumskonzept, das über das „drei Milliarden Euro kleine Wachstumschancengesetz“ hinausgehe, fordert Spahn. „Wenn der Wirtschaftsminister dazu nicht die Kraft hat, muss der Kanzler zum Wirtschaftsgipfel laden.“
Wirtschaftszahlen schwierig
Einen möglichen Termin dafür nannte Spahn nicht. Die nächste Ministerpräsidentenkonferenz steht am 7. März an. Dort könnte auch die Lage der Wirtschaft ein Schwerpunkt werden. So war es am Donnerstag auch aus Länderkreisen zu vernehmen.
Anlass für die Forderung sind unter anderem die neuen Wirtschaftszahlen von Bundesregierung und EU-Kommission. Schlusslicht in der Eurozone ist dabei Deutschland mit einem Wirtschaftswachstum von laut EU-Kommission noch 0,3 Prozent. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte die Lage am Mittwochabend als dramatisch bezeichnet. Er kündigte am Mittwoch an, die Konjunkturprognose seines Hauses für 2024 von 1,3 auf 0,2 Prozent Wachstum abzusenken.
Ökonom: Politik sollte Blick auf Investitionen richten
Der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, sagte der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“, Bund und Länder müssten die deutsche Wirtschaft durch das geplante Wachstumschancengesetz deutlich stärker entlasten als bislang absehbar.
Die Politik „sollte den Blick auf die Investitionen richten, sowohl kurzfristig als auch auf mittlere Sicht“, sagte Hüther. „Das Wachstumschancengesetz beinhaltet eigentlich alle darauf zielenden Instrumente, man müsste nur mutiger sein“, etwa durch Sofortabschreibung für alle beweglichen Wirtschaftsgüter und eine „technologieneutrale Investitionsprämie“.
Im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat zeichne sich jedoch ab, dass die ursprünglich im Wachstumschancengesetz geplante Entlastung kommende Woche auf gut drei Milliarden Euro mehr als halbiert werde.
Der Direktor des arbeitgebernahen Instituts führte die sinkende Wirtschaftsleistung teils auch auf Verunsicherungen durch die Politik zurück. Die schlechte Stimmung sei eine „eigenständige Belastung“, sagte Hüther.
Warnung vor Schwarzmalerei
Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, rief die Bundesregierung zur Aussetzung der Schuldenbremse auf. „Die unzureichende Finanzpolitik und Obsession mit der Schuldenbremse sind neben den hohen Zinsen eine starke Bremse für die deutsche Wirtschaft auch in diesem Jahr“, sagte er der „Rheinischen Post“.
In wirtschaftlich schwierigen Zeiten müsse der deutsche Staat Bürger und Unternehmen stärker entlasten und selbst deutlich mehr investieren.
Außerdem werde Deutschland mehr Geld für die Ukraine aufbringen müssen, betonte Fratzscher. „Deshalb wäre es spätestens jetzt an der Zeit, sich ehrlich zu machen und die Schuldenbremse auch für 2024 auszusetzen, um keinen dauerhaften Schaden für die deutsche Wirtschaft zu riskieren.“
Zugleich warnte der DIW-Präsident vor Schwarzmalerei. „Die anhaltende wirtschaftliche Schwäche Deutschlands ist nicht überraschend und kein Grund zur Panik“, sagte er. Sie sei „vor allem das Resultat des Ukraine-Kriegs, denn die hohen Kosten für Energie und Lebensmittel bremsen den privaten Konsum von Menschen mit mittleren und geringen Einkommen und auch die Exporte und Investitionen vieler Industrieunternehmen“.
„Die unsägliche Schwarzmalerei von manchen Wirtschaftsbossen und Politikern ist die größte einheimische Bremse für die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr“, kritisierte Fratzscher.
Schließlich sei Wirtschaft „zu 80 Prozent Psychologie und das erschütterte Vertrauen von Bürgern und Unternehmen in die Zukunftsfähigkeit Deutschlands bremst den privaten Konsum und die Investitionen“.
Deutschland leidet, weil es abhängiger ist
Davon abgesehen träfen die geopolitische Unsicherheit durch den Ukraine-Krieg und den Gazakrieg sowie Chinas Wirtschaftsschwäche träfen die deutsche Exportwirtschaft hart, sagte Fratzscher.
„Das Gerede von Deutschland als ,kranker Mann Europas ist fehl am Platz, denn Deutschland leidet stärker als fast alle anderen Industrieländer unter dem Ukraine-Krieg und den globalen Faktoren, da die deutsche Wirtschaft viel stärker von Exporten und fossilen Energieträgern abhängig ist, als die meisten anderen.“ (dts/afp)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion