Union blockiert Maßnahmen gegen Messerkriminalität – SPD und FDP empört

Die jüngsten Zahlen zur sogenannten Messer-Kriminalität sorgen für politischen Streit: Während die Polizei-Gewerkschaft stärkere Überwachung und KI-Technologien fordert, werfen SPD und FDP der Union vor, zentrale Sicherheitsreformen zu blockieren.
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Reichstagsgebäude.Foto: Soeren Stache/dpa
Von 28. Dezember 2024

Aus den Bundestagsfraktionen von SPD und FDP kommt Kritik an der Sicherheitspolitik der Union. Anlass dafür sind jüngste Äußerungen des Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke, zur sogenannten Messer-Kriminalität. Kopelke hatte – wie bereits zuvor seine Gewerkschaft in einem Impulspapier zur Bundestagswahl – mehr Video-Überwachung und Einsatz moderner Technologien wie Künstlicher Intelligenz gefordert.

Ähnlich hatte sich kürzlich auch CSU-Innenpolitikerin Andrea Lindholz nach dem Anschlag von Magdeburg geäußert. Sie erklärte, sie sehe Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) in der „Bringschuld“, den Sicherheitsbehörden mehr Befugnisse zu verschaffen.

Mit Biometrie und KI gegen Messer-Kriminalität?

Gegenüber der „Welt“ warf der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Sebastian Hartmann, der Union vor, genau das zu verhindern. Der SPD-Politiker stimmt dem Befund Kopelkes zu, dass KI und der Abgleich biometrischer mit öffentlich verfügbaren Daten die Verbrechensbekämpfung erleichtern könne. Diese seien jedoch im Sicherheitspaket der Bundesregierung enthalten, das die Union im Bundesrat blockiere.

Hartmann forderte CDU und CSU auf, „zentrale Sicherheitsbefugnisse nicht aus wahlkampftaktischen Gründen weiter zu blockieren“. Auch FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle erinnerte daran, dass nach dem Terroranschlag von Solingen im August das Sicherheitspaket beschlossen wurde.

Dieses beinhalte auch zusätzliche Befugnisse zur biometrischen Gesichtserkennung und automatisierten Datenanalyse. Kuhle fügte hinzu: „Leider sind diese Änderungen im Bundesrat an CDU und CSU gescheitert.“

Außerdem wurde ein Waffenverbot bei Veranstaltungen wie Volksfesten oder Sportevents im Waffengesetz verankert, das nun auch Messer umfasst. Auch auf Weihnachtsmärkten gilt dieses bereits. Bevor weitere Verschärfungen gefordert werden, sei es sinnvoller, bisherige Erfahrungen zu sammeln und zu evaluieren.

Union betrachtet Sicherheitspaket als unzureichend

Kopelke beklagte jedoch, dass die effektive Durchsetzung dieses Verbotes sowie die von Waffenverbotszonen oft an den realen Kapazitäten scheitere: „Um verdachtsunabhängige Kontrollen in Waffenverbotszonen flächendeckend und effektiv umzusetzen, fehlen ausreichend Polizisten.“

Die Union hatte das Sicherheitspaket als zu wenig weitgehend kritisiert und forderte vor allem, Asylbewerber, die aus einem anderen EU-Staat einzureisen versuchten, sofort an der Grenze zurückzuweisen.

Geltendes EU-Recht schreibt vor, dass in jedem Fall ein Verfahren durchgeführt werden muss, sobald Einreisende Asyl beantragen, und Betroffene gegebenenfalls in den zuständigen Ersteinreisestaat zurückgeschoben werden. Auch der spätere Solingen-Attentäter hätte auf dieser Grundlage nach Bulgarien abgeschoben werden sollen. Die Aufenthaltsbeendigung scheiterte jedoch daran, dass er an seiner Wohnanschrift nicht anzutreffen war.

Erste vollständige Statistik wird es erst 2025 geben

Lindholz fordert mittlerweile auch, die Verwendung einer Waffe oder eines Messers zu einem eigenen Paragrafen im Strafgesetzbuch hochzustufen – und dabei den Strafrahmen auf ein bis 15 Jahre Freiheitsentzug zu erhöhen. Derzeit ist die „Verwendung einer Waffe oder eines gefährlichen Werkzeugs“ in Paragraf 224 Absatz 1 StGB als Tatbildmerkmal der gefährlichen Körperverletzung verankert. Die Strafdrohung beträgt sechs Monate bis zehn Jahre, im minderschweren Fall bis zu fünf Jahre.

Eine gesonderte Erfassung von Delikten, bei denen ein Messer als Tatwerkzeug zum Einsatz kommt, gibt es in Deutschland erst seit 2020. Dabei gab es jedoch immer noch Klärungsbedarf hinsichtlich einer bundesweit einheitlichen Darstellung und der Plausibilitätsprüfung. Erst seit 1.1.2024 kommt eine abgestimmte Erfassungsweise zur Anwendung. Deshalb wird es eine erste vollständige Statistik zur sogenannten Messer-Kriminalität erst 2025 für das ausgehende Jahr geben.

Der Polizeilichen Kriminalstatistik für 2024 zufolge hatte es im Vorjahr insgesamt 8.951 Fälle von gefährlicher und schwerer Körperverletzung unter Einsatz von Messern gegeben. Gegenüber 2022 sei das ein Plus von 9,7 Prozent gewesen. Dabei ist die absolute Zahl der Messerangriffe gestiegen. Allerdings war dies bei der relativen nicht der Fall: Bezüglich des Einsatzes von Messern bei Körperverletzungsdelikten gab es ein Plus von 0,2 Prozent.

Bei Raubdelikten gab es einen Rückgang von 0,1 Prozent. Sowohl bei den registrierten Körperverletzungsdelikten als auch bei Raubdelikten war nach dem Ende der Corona-Beschränkungen ein deutlicher Anstieg von 6,8 beziehungsweise 17,4 Prozent zu verzeichnen.

Phänomen der Messer-Kriminalität umfasst mehrere Tatsituationen

Die Zunahme an Messer-Delikten war 2023 in allen Bundesländern zu verzeichnen. In knapp 90 Prozent der Fälle sind die Tatverdächtigen männlich und überwiegend Erwachsene über 21 Jahre. Wie der „Mediendienst Integration“ erläutert, bewegt sich der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger zwischen 35 Prozent in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern und circa 55 Prozent in Baden-Württemberg. Nicht alle Bundesländer erfassen die Staatsangehörigkeit von Tatverdächtigen in diesem Phänomenbereich.

Die sogenannte Messer-Kriminalität umfasst verschiedene Szenarien. Dazu zählen Fälle, in denen ein Messer mit der Absicht mitgeführt wird, ein Delikt zu begehen, sowie Situationen, in denen das Messer erst in einer Konfliktsituation zum Einsatz kommt. Auch der Einsatz von Messern in psychischen Ausnahmesituationen fällt unter diesen Begriff.

Als Faktoren, die zum Einsatz von Messern zu kriminellen Zwecken beitragen, gelten unter anderem Armut, geringe Bildung, kriminelle Freundeskreise, eigenes Gewalterleben und gewaltverherrlichende Männlichkeitsnormen. Diese sind Studien zufolge bei Personen mit sogenanntem Migrationshintergrund häufiger relevant als bei Personen ohne einen solchen. Kriminologin Gina Wollinger weist zudem darauf hin, dass in Konfliktsituation mit einem nichtdeutschen Staatsangehörigen die Anzeigeneigung höher sei, und diese auch häufiger von der Polizei kontrolliert würden.



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