Umfrage: Mehrheit lehnt US-Waffensysteme in Deutschland ab – große Skepsis vor allem im Osten

Eine Vereinbarung zwischen der US- und der Bundesregierung sorgt weiterhin für Schlagzeilen. Über den Umstand, dass zukünftig US-Waffen in Deutschland stationiert werden sollen, gibt es geteilte Meinungen.
Die US-Navy startet vom USS Barry (DDG 52) einen Tomahawk-Marschflugkörper am 29. März 2011 vom Mittelmeer aus. Foto: U.S. Navy/Handout via Getty Images
Die US-Navy startet vom USS Barry (DDG 52) einen Tomahawk-Marschflugkörper am 29. März 2011 vom Mittelmeer aus (Symbolbild).Foto: U.S. Navy/Handout via Getty Images
Von 3. August 2024

Ab dem Jahr 2026 planen die USA, Marschflugkörper und Mittelstreckenraketen in Deutschland zu stationieren. Die Entscheidung dazu fiel am Rande des NATO-Gipfels am 10. Juli in Washington in Abstimmung mit der Bundesregierung. Eine Forsa-Umfrage zeigt: Die Mehrheit der Deutschen lehnt diese Vereinbarung ab.

Dass Tomahawk-Marschflugkörper, SM-6-Mehrzweckraketen und neue Hyperschallwaffen aus den USA demnächst in Deutschland stationiert werden sollen, geht der Mehrheit der 1.002 vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut Forsa befragten Deutschen zu weit.

49 Prozent sprechen sich dagegen aus, 45 Prozent dafür. Im Vergleich der Meinungen aus Ost- und Westdeutschland wird deutlich, dass nur knapp ein Viertel der Ostdeutschen (23 Prozent) dafür und eine klare Mehrheit mit 74 Prozent dagegen ist, während in Westdeutschland sich 49 Prozent der Befragten zugunsten der Waffen positionieren und 45 Prozent dagegen.

Ein Blick in die Parteinähe der Befragten legt offen, dass 79 Prozent der AfD- und 85 Prozent der BSW-Anhänger die US-Waffen in Deutschland ablehnen. In den übrigen Parteien hingegen ist die Mehrheit der Befragten sowohl bei SPD (50 Prozent bei 45 Prozent Gegenstimmen), Grüne (64 Prozent), FDP (56 Prozent) und Union (62 Prozent) dafür.

Reichweite über 2.000 Kilometer

Die Waffensysteme, die zukünftig aufgrund der Vereinbarung zwischen Bundesregierung und den USA in Deutschland stationiert werden sollen, haben eine Reichweite von über 2.000 Kilometern – und damit bis nach Russland – und können bis auf etwa zehn Meter genau ihr Ziel treffen. Die Vereinigten Staaten sehen diesen Schritt als Beitrag zur europäischen Abschreckung und ein Zeichen dafür, dass die USA für die NATO einstehen.

Bisher sind keine Ankündigungen bekannt, dass auch in anderen europäischen Ländern ähnliche Waffensysteme stationiert werden sollen – möglicherweise auch aus dem Grund, dass eine Stationierung weiter östlich als zusätzliche Provokation Russlands betrachtet werden könnte.

Deutschland eignet sich für die Stationierung besonders gut, weil es eine zentrale Lage in Westeuropa hat“, hieß es seitens der Bundeswehr.

Zu weiteren Details, wo und wie viele Waffen in Deutschland stationiert werden sollen, ist noch nichts bekannt.

Mittelstreckenraketen in Deutschland

Letztmalig wurden Mittelstreckenraketen zu Zeiten des Kalten Krieges in Deutschland stationiert. Im Jahr 1979 reagierte die NATO auf die von sowjetischen SS20-Mittelstreckenraketen ausgehende Bedrohung mit dem sogenannten Doppelbeschluss. Dieser sah die Stationierung von nuklearen US-Mittelstreckenraketen des Typs Pershing II und Marschflugkörper in Europa vor. Gleichzeitig wurden Abrüstungsverhandlungen mit der damaligen Sowjetunion aufgenommen, die letztlich am 8. Dezember 1987 im sogenannten INF-Vertrag (Intermediate Range Nuclear Forces für nukleare Mittelstreckenwaffen) endeten. Bis heute gilt dieser Vertrag als historisches Rüstungskontrollabkommen.

Er sah die Abschaffung aller landgestützten ballistischen Raketen und Marschflugkörper mit kürzerer Reichweite von 500 bis 1.000 Kilometern sowie mit einer mittleren Reichweite von 1.000 bis 5.500 Kilometern vor. Die vertraglich benannten Systeme mussten binnen drei Jahren samt Abschussvorrichtungen und Infrastruktur von beiden Seiten vernichtet werden. Auf Schiffen und Flugzeugen basierte Systeme sowie landgestützte atomare Kurzstreckensysteme mit einer Reichweite unter 500 Kilometern blieben im INF-Vertrag jedoch unberührt.

Der Vertrag sah für beide Vertragspartner ein Inspektionsrecht vor, sodass Abbau und Verschrottung überwacht werden konnten. Der Vertrag war unbegrenzt gültig, sah jedoch in einer Passage vor:

„Jede Vertragspartei ist in Ausübung ihrer staatlichen Souveränität berechtigt, von diesem Vertrag zurückzutreten, wenn sie entscheidet, dass durch außergewöhnliche Ereignisse eine Gefährdung ihrer höchsten Interessen eingetreten ist.“

Am 2. August 2019, also vor fünf Jahren, lief der Vertrag aufgrund einer Kündigung seitens der US-Regierung aus. Grund war nach Angaben des Bundesministeriums für Verteidigung ein neues Rüstungsprogramm in Russland, das aus Sicht der Vereinigten Staaten gegen das Regelwerk verstieß.



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