Umbenennung der Mohrenstraße – Berliner Gericht gibt grünes Licht
Anton-Wilhelm-Amo war ein afrikanischstämmiger Gelehrter im 18. Jahrhundert. Heute trägt die frühere Mohrenstraße Berlins diesen Namen. Darüber wurde lange gestritten. Im Fokus des gerichtlichen Verfahrens stand dabei nicht der inhaltliche Streit um den Begriff „Mohr“ und möglichen Rassismus – statt historischen und politischen Gründen ging es rein um Fragen des Verwaltungsrechts.
Grüne, SPD und Linke im Bezirk Mitte forcierten bereits vor Jahren die Umbenennung. Aus ihrer Sicht sei der Name rassistisch und kolonialistisch. Die damalige Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD), deren Ministerium an der Mohrenstraße liegt, hatte im Jahr 2020 den Plan als „sichtbares Zeichen gegen Rassismus und Diskriminierung“ begrüßt.
Die Klage wurde abgewiesen
Da die Be- und Umbenennung von Straßen vorrangig im öffentlichen Interesse erfolge, stehe dem Bezirksamt bei Entscheidungen dieser Art ein weites Ermessen zu, betonte das Gericht. Eine Straßenumbenennung könne gerichtlich nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob die Behörde in willkürlicher Weise gehandelt habe.
Bei dem Streit um den Begriff „Mohr“ und möglichen Rassismus gebe es eine „Menge Für und Wider“, aber – und das ist der entscheidende Punkt – „keine willkürliche und fehlerhafte Umbenennung“, so Richter Peters.
Der Historiker und Journalist Götz Aly hatte gegen die Umbenennung geklagt. Das Gericht stufte seine Klage als Musterklage ein. Einschließlich ihm hatten sieben Anwohner der Mohrenstraße gegen die vom Bezirk Mitte geplante Umbenennung geklagt.
Laut Gericht wurde die Klage abgewiesen, da es vertretbar sei, den sprachlichen Wandel in weiten Kreisen der Gesellschaft, der Ausdruck einer „Änderung des Zeitgefühls“ sei, zu berücksichtigen. Die Bezeichnung „Mohr“ für Menschen mit dunkler Haut werde heutzutage jedenfalls teilweise als anstößig empfunden. Bei seiner Entscheidung habe das Bezirksamt damit das Willkürverbot nicht verletzt, so das Gericht.
Der Historiker Aly vertrat hingegen vor Gericht die Ansicht, dass die Namensgebung für die Straße vor 300 Jahren keineswegs rassistisch, sondern wertschätzend gemeint sei. Damals seien bestimmte Gruppen durch Straßennamen nicht diskriminiert, sondern hervorgehoben worden. Daher gebe es die Schützenstraße, die Judenstraße, den Gendarmenmarkt, den Kadettenweg und den Hugenottenplatz. Straßennamen seien „Schriftdenkmale, die es uns Heutigen ermöglichen, die Vergangenheit unserer Stadt zu lesen und besser zu verstehen“.
Initiativen wie der Afrika-Rat Berlin-Brandenburg und Decolonize Berlin, die im Hintergrund die Umbenennung Berliner Straßen vorantreiben, forderten nach dem Urteil, „dass die Straßenschilder – fast drei Jahre nach dem Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung – endlich ausgetauscht werden“ sollen. Straßenumbenennungen, Gedenktafeln und Interventionen seien „notwendige Instrumente, um eine Auseinandersetzung mit kolonialen Kontinuitäten im öffentlichen Raum anzustoßen“.
U-Bahnhof „Mohrenstraße“ soll ebenfalls umbenannt werden
Doch nicht nur die Umbenennung der Mohrenstraße wurde initiiert. Nach Demonstrationen und Aktionen im Zuge der Debatte um sogenannten „strukturellen Rassismus“ gab die Berliner Verkehrsgesellschaft, die das U-Bahnnetz und den Bus- und Straßenbahnverkehr (BVG) in der Hauptstadt betreibt, nach einem Vorstandsbeschluss am 9. Juni 2020 bekannt, auch den U-Bahnhof „Mohrenstraße“ umbenennen zu wollen.
Später zog sie ihren ersten Vorschlag nach öffentlicher Kritik wieder zurück. Eine Neubenennung fand also nicht statt. Auf eine der jüngsten Anfragen von drei Grünen-Abgeordnete des Berliner Abgeordnetenhauses teilte die BVG teilt, dass die Entscheidung bezüglich der Umbenennung der U-Bahnstation nicht revidiert wurde.
Der Senat unterstützt hingegen die Umbenennung der Mohrenstraße und des gleichnamigen U-Bahnhofs auch nach der Wahlwiederholung ausdrücklich.
Nun heißt es, dass zunächst zusammen mit der BVG bis zur vollzogenen Namensänderung der anliegenden Straße eine Umbenennung des U-Bahnhofs ausgesetzt würde. Denn grundsätzlich läge der Zweck eines Bahnhofsnamens in der möglichst präzisen Fahrgastlenkung und Fahrgastinformation. Eine Umbenennung ohne räumlichen Bezug würde zu Verwirrungen führen.
Eine Vielzahl von Namensalternativen wäre bereits geprüft worden, doch keine der Alternativen konnte im Sinne der Anforderungen an Merkbarkeit und Unverwechselbarkeit überzeugen.
Daher wurde entschieden, dass der U-Bahnhof auch in Zukunft die Bezeichnung der namensgebenden Straße erhalten soll. Nach Abschluss der gerichtlichen Prozesse gegen eine Umbenennung visiert man den Fahrplanwechsel im Dezember als Zeitpunkt für die Umbenennung an.
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