Lkw-Maut über Jahre rechtswidrig berechnet: Hier könnte die nächste Milliarde fehlen

Laut einem Gerichtsurteil war die Lkw-Maut von Oktober 2015 bis Oktober 2020 nicht richtig abgerechnet worden. Das Erstattungsvolumen kann sich auf rund eine Milliarde Euro belaufen. Doch worin lag der Fehler?
Die Lkw-Maut wird zur Klima-Maut – Warum sie uns alle betrifft
Die Bundesregierung muss die Lkw-Maut teilweise an Speditionen zurückzahlen.Foto: iStock
Von 29. März 2024

Es ist eine weitere Niederlage für die Bundesregierung vor Gericht: Die staatliche Erhebung der Lkw-Maut im Zeitraum vom 1. Oktober 2015 bis zum 27. Oktober 2020 war rechtswidrig. Dies hat das Verwaltungsgericht Köln mit Urteil vom 20. März entschieden. Die Entscheidung bezieht sich auf Fälle, bei denen in die Berechnung der Mautsätze Kosten für die Verkehrspolizei eingestellt wurden.

Damit muss die Regierung – und somit indirekt alle Steuerzahler – nun die betreffenden Mautgebühren einschließlich der Zinsen zurückzahlen. Das geht aus einer Pressemitteilung der nordrhein-westfälischen Justizbehörde hervor.

Kosten der Verkehrspolizei mitberechnet

Zu dem Urteil kam es, weil eine Klägerin von der Bundesregierung die Rückerstattung der gezahlten Lkw-Maut in Höhe des Anteils der Verkehrspolizeikosten einforderte – plus Verzinsung. Die Forderung ihrer Spedition bezog sich allerdings nur auf den Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis zum 27. Oktober 2020. Der nach einem ablehnenden Bescheid erhobenen Klage gab das Gericht jetzt statt.

Nach Ansicht des Gerichtes hätte das zuständige Bundesamt für Logistik und Mobilität (BALM) die Kosten der Verkehrspolizei nicht in die Berechnung der Mautsätze einrechnen dürfen. Der Grund hierfür sind Vorgaben der EU-Wegekostenrichtlinie. Die entsprechenden Erwägungen des Europäischen Gerichtshofs und des Oberverwaltungsgerichts in Münster sind auf den Klagezeitraum vollständig übertragbar. Diese beiden Gerichte hatten dies für den Zeitraum 2010 bis 2011 bereits entschieden.

Der Mautsatz pro Kilometer mautpflichtiger Strecke, die ein Lkw nutzt, beinhaltet drei Mautteilsätze. Der erste Teilsatz umfasst die Infrastrukturkosten, also Kosten für Bau, Betrieb, Instandhaltung und Erweiterung der Straßen.

Ein weiterer Teilsatz sind die Luftverschmutzungskosten. Diese hängen von der Schadstoff- und der Emissionsklasse ab. Der dritte Mautsatzanteil bezieht sich auf die Lärmbelastungskosten. Diese werden als generelle Pauschale für jedes mautpflichtige Fahrzeug berechnet.

Die Miteinberechnung der Verkehrspolizeikosten durch das BALM war auch deshalb unangemessen, weil darin Kosten enthalten waren, die direkt keine Verbindung zur Lkw-Maut hatten. Nämlich solche, die für die Erledigung anderer Aufgaben der Polizei angefallen sind.

Anteile der Verkehrspolizeikosten

Das Gericht hat jeweils die Anteile der Kosten der Verkehrspolizei ermittelt. Im Zeitraum vom 1. Oktober 2015 bis zum 31. Dezember 2018 lag dieser Anteil bei 5,86 Prozent und im Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis zum 27. Oktober 2020 bei 4,44 Prozent.

Das Bundesamt muss der klagenden Spedition somit jetzt 20.200 Euro einschließlich Zinsen erstatten – zunächst, wie die zuständige Kanzlei Arnecke Sibeth Dabelstein errechnete. Denn beim Verwaltungsgericht Köln sind weitere Klagen eingegangen, in denen Speditionsunternehmen zudem noch die vollständige Rückerstattung gezahlter Mautgebühren für unterschiedliche Zeiträume fordern. Wann das Gericht über diese Klagen entscheidet, steht bisher nicht fest.

Wie die Nachrichtenwebsite „heise online“ berichtet, schätzt der Anwalt der Klägerin, Martin Pfnür, das potenzielle Erstattungsvolumen auf bis zu eine Milliarde Euro. Der Grund: Es gebe in Summe rund 38.000 Anträge auch von anderen Speditionen, die zu diesem Fall passen.

Allerdings stehe noch nicht fest, bei wie vielen Transportunternehmen eine Verjährung für die Erstattungsansprüche vorliegt. Letztlich stehe aber eins fest: Egal ob nur 20.200 Euro oder eine Milliarde Euro – es ist indirekt der Steuerzahler, der für die Rückzahlungen aufkommen muss.

Das Gericht hat jeweils die Anteile der Verkehrspolizeikosten ermittelt. Im Zeitraum vom 1. Oktober 2015 bis zum 31. Dezember 2018 lag dieser Anteil bei 5,86 Prozent und im Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis zum 27. Oktober 2020 bei 4,44 Prozent.



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