Tumult in Witzenhausen: Zahlreiche Verletzte bei Blockade von Abschiebung eines Syrers +Video
In Witzenhausen bei Eschwege, in Nordhessen, rund 30 Kilometer östlich von Kassel, kam es in der Nacht zum Montag, 23. April, zu einer Straßenschlacht zwischen der Polizei und einem zusammengelaufenen Mob.
Gegen 1 Uhr nachts trafen zwei Streifenwagen vor der Wohnung eines 27-jährigen Syrers ein, der nach Bulgarien abgeschoben werden sollte. Der 27-Jährige war laut Polizei dort in die Europäische Union eingereist. Er wurde zum Wagen gebracht. Das rief zahlreiche hier wohnende Studenten auf den Plan, berichtet die „Welt“ nach einer Meldung von „Hitradio FFH“.
Nächtliche Auseinandersetzung
Angelockt durch den Lärm bildete sich rasch ein Mob auf der Ermschweder Straße, die Zahl der Blockierer wuchs auf etwa 60 Personen an.
Dabei traten andere Anwohner, die von dem polizeilichen Einsatz erfuhren, protestierend und aggressiv gegenüber den eingesetzten Polizisten auf.“
Weil die Abfahrt des Streifenwagens blockiert wurde, appellierte die Polizei an die Menschen, das Auto freizugeben. Dies blieb jedoch unbeachtet. Daraufhin forderten die Beamten Unterstützung an. Die Räumung der Straße begann gegen 2 Uhr.
Eintreffende Beamte wurden schließlich mit Steinen beworfen, eine Person kettete sich an den blockierten Funkwagen. Die Beamten mussten Reizgas und den Schlagstock einsetzen, um das gewaltsame Vorgehen zu unterbinden und die Blockade aufzulösen.“
(KHK Künstler, PP Nordhessen)
Gegen 3 Uhr konnte der Transport seine Fahrt aufnehmen. Laut Polizeimeldung wurden rund ein Dutzend Demonstranten und mehrere Polizeibeamte verletzt. Die meisten Verletzten auf beiden Seiten erlitten Augenreizungen aufgrund des eingesetzten Reizgases, ebenfalls von beiden Seiten. An dem Streifenwagen entstand Sachschaden durch Dellen und Kratzer in zunächst unbekannter Höhe.
Polizeihärte beklagt
Wie die „HNA“ nun berichtet, sollen sich „Leser und Anwohner“ bei der Redaktion gemeldet haben, die von friedlichen Protesten und von Gewalt von den Polizisten aus sprachen.
Die Demonstrierenden waren lautstark und haben mit ihren Sprechchören ‚Kein Mensch ist illegal‘ auf sich aufmerksam gemacht, aber nicht mit irgendeiner Form von Gewalt.“
(Teilnehmer der Spontandemo)
Eine Anwohnerin erklärte, dass sie beobachtet habe, dass „Polizisten ohne Vorwarnung Menschen ins Gesicht schlugen“, um diesen ihre „Trillerpfeifen wegzunehmen“, hieß es.
Von Abschiebung Bedrohter freigelassen
Am Montagmorgen gegen 10 Uhr erfuhr die „HNA“ durch Unterstützer des 27-jährigen Syrers, dass dieser inzwischen wieder auf freiem Fuß sei, was jedoch die Polizei nicht ohne Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft kommentieren wollte. Gegen Mittag bestätigte die Anwältin des Flüchtlings, Claire Deery, dass sie die Abschiebung des in Bulgarien bereits als Flüchtling anerkannten Syrers stoppen konnte.
Das Verwaltungsgericht Kassel hatte bereits vor einem Jahr geurteilt, dass der Syrer jedoch nicht nach Bulgarien abgeschoben werden dürfe, so die „HNA“ weiter, da in Bulgarien das Asylsystem „insbesondere hinsichtlich bereits anerkannter Flüchtlinge an systemischen Mängeln“ leide, hieß es im Gerichtsbeschluss, der dem Blatt vorliege. Offenbar hatte das BAMF diesen Beschluss nicht in die Akte des Syrers eingetragen.
Vermutlich hat jemand ein falsches Kreuzchen gesetzt.“
(Deery, Flüchtlings-Anwältin)
Deswegen wurde die Abschiebung im Auftrag des BAMF vom Regierungspräsidium Kassel im Auftrag gegeben. Die Anordnung wurde dann nach der Intervention der Anwältin zurückgezogen.
Syrer gut integriert
Wie der Zeitungsbericht weiter vermittelt, sei der 27-jährige Syrer gut integriert gewesen. Er sei 2015 in das Dorf Unterrieden, einen Stadtteil von Witzenhausen gekommen und später in eine WG nach Witzenhausen gezogen.
Schnell habe er Deutsch gelernt und in den heimischen Sportvereinen Sport getrieben. Zudem soll er im Januar 2018 in die Witzenhäuser Feuerwehr aufgenommen worden sein. Sein Wehrführer Claus Demandt beschrieb ihn als zuverlässig und bestrebt, sich einzubringen. Auch unternehme er viel privat mit den Feuerwehrleuten. Zur Motivation des Flüchtlings erklärte Demandt, dass diesem in Deutschland viel Gutes wiederfahren sei und er nun etwas zurückgeben wolle, hieß es auf „HNA“.
Am Montagmittag trafen sich dann rund 100 Abschiebungsgegner unter dem Banner von „Refugees Welcome“ zu einer Spontankundgebung auf dem Marktplatz der Kleinstadt, berichtet die „HNA“ in Folge des Geschehens.
Siehe auch:
Flugbegleiter in Abschiebeflügen: „Du fühlst dich als Mittäter“
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