Regierungskritischer Journalist Dündar ins Berliner Justizministerium eingeladen – Türkei verärgert
Die Einladung des regierungskritischen Journalisten Can Dündar als Festredner ins Bundesjustizministerium hat in Ankara für Verärgerung gesorgt.
Der deutsche Geschäftsträger in Ankara sei deshalb am Dienstag einbestellt worden, teilte das türkische Außenministerium am Donnerstag mit. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hatte den früheren Chefredakteur von „Cumhuriyet“ eingeladen, beim Neujahrsempfang seines Ministeriums am Mittwochabend die Festrede zu halten.
Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin hieß es am Donnerstag zu Medienberichten über die Einbestellung des deutschen Geschäftsträgers lediglich, Deutschland habe „einen stetigen und intensiven Austausch mit dem türkischen Außenministerium“.
Dündar ist in der Türkei wegen eines Artikels über geheime Waffenlieferungen des türkischen Geheimdiensts (MIT) an islamistische Terroristen – unter anderen dem Islamischen Staat – in Syrien angeklagt. Dündar wurde wegen der Enthüllungen im Mai 2015 gemeinsam mit dem Büroleiter von „Cumhuriyet“ in Ankara, Erdem Gül, zu einer Haftstrafe verurteilt, doch kam er bis zum Berufungsverfahren auf freien Fuß. Er suchte daraufhin Zuflucht in Deutschland, wo er sich seitdem aufhält.
Dündar und Gül werden Verbindungen zur Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen vorgeworfen. So sollen ihnen Gülen-Anhänger ein Video zugespielt haben, das die Durchsuchung des Konvois zeigt, der laut „Cumhuriyet“ Munition für radikale Islamisten in Syrien enthielt. Dass Dündar in Deutschland nicht nur Zuflucht erhielt, sondern auch als Vorkämpfer der Pressefreiheit gefeiert wird, sorgt in Ankara für Ärger.
Dündar startete am Dienstag ein neues Medienprojekt auf Türkisch und Deutsch, um kritischen Journalisten Gehör zu verschaffen. Das Onlinemagazin „Özgürüz“ will angesichts der zunehmenden Einschränkung der Pressefreiheit in der Türkei als Gegengewicht zu den Regierungsmedien wirken. In der Türkei sind derzeit mehr als hundert Journalisten inhaftiert, zudem wurden hunderte Medien seit dem Putschversuch vom 15. Juli geschlossen. (afp)
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