Trump-Sieg erschüttert Eckpfeiler der deutschen Außenpolitik – Ein Putin-Bewunderer und TTIP-Gegner im Weißen Haus

Die Beziehungen der USA zur Nato und zur EU werden sich mit Donald Trump deutlich verändern. Trump zeigt nicht nur offen seine Bewunderung für Russlands Präsidenten Wladimir Putin und stellt die Führungsrolle der USA in der Nato in Frage. Er will auch das Freihandelsabkommen TTIP stoppen.
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Viele konnten es nicht glauben: Donald Trump wurde zum nächsten US-Präsidenten gewähltFoto: Carl Court/Getty Images
Epoch Times9. November 2016

Die Stimmung auf der größten US-Wahlparty in Berlin sank tiefer und tiefer während sich die Landkarte der Vereinigten Staaten mit dem Rot von Präsidentschaftskandidat Donald Trump einfärbte. Die Denkfabrik Aspen Institute hatte geladen.

Bislang konnte sich das transatlantische Establishment auf Kontinuität in den Beziehungen zwischen Deutschland und den USA verlassen – ob nun ein Republikaner oder ein Demokrat die Präsidentschaftswahl gewinnt. Doch mit Trump zieht ein großer Unbekannter ins Weiße Haus ein.

Die Beziehungen der USA zur Nato und zur EU werden sich damit deutlich verändern. Trump zeigt nicht nur offen seine Bewunderung für Russlands Präsidenten Wladimir Putin und stellt die Führungsrolle der USA in der Nato in Frage. Er will auch das Freihandelsabkommen TTIP stoppen.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hingegen sagte, die Führungsrolle der USA sei „unverändert wichtig“ und kündigte an, Trump „bald“ zu treffen. Der steht der Militärallianz überaus skeptisch gegenüber, nachdem US-Regierungen schon seit Jahren mehr finanzielles und militärisches Engagement von den europäischen Bündnispartnern fordern.

„Das war schon ein schwerer Schock“

Die Erkenntnis, dass eine jahrzehntelange Konstante der deutschen Außenpolitik in Frage gestellt wird, drückte am Mittwochmorgen auch den Bundespolitikern aufs Gemüt. „Das war schon ein schwerer Schock“, sagte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erklärte: „Ich will nichts schön reden. Nichts wird einfacher, vieles wird schwieriger.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bemühte sich mittags um einen Spagat. Einerseits bot sie Trump „enge“ Zusammenarbeit an, andererseits knüpfte sie die Offerte an klare Bedingung: Und die lauteten Achtung von Demokratie, Freiheit, Recht und der Würde aller Menschen – unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung oder politischer Einstellung. In seiner Siegerrede sagte Trump er werde der „Präsident aller Amerikaner“ sein.

„Mit Donald Trump ist ein US-Präsident gewählt worden, der mit offenem Rassismus, mit Frauenverachtung und mit wahnwitzigen außenpolitischen Positionen Stimmung und Hass geschürt hat“, erklärten die Grünen-Fraktionsvorsitzenden Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter.

Auf der Veranstaltung des Aspen Institute beschwor der US-Botschafter in Deutschland, John Emerson, die Bedeutung der transatlantischen Beziehungen. „Deutschland und die USA sind unverzichtbare Partner geworden“, sagte er. „Das ändert sich nicht, egal ob Hillary Clinton oder Donald Trump Präsident ist.“

„Europa muss sich selbst versorgen“

In den vergangenen Monaten hatte Trump allerdings Zweifel gesät, ob er der Nato und der militärischen Partnerschaft zwischen Europa und den Vereinigten Staaten den gleichen Stellenwert beimisst wie seine Vorgänger.

Noch stochern deutsche Politiker im Nebel – auch wenn es um mögliche Namen für Spitzenpositionen in Trumps Kabinett geht. „Ich denke, wir müssen darauf hoffen, dass er sich mit einem erfahrenen außenpolitischen Team umgibt, das im Rahmen der traditionellen Ausrichtung der amerikanischen Politik agieren wird“, sagte der SPD-Außenpolitikexperte Niels Annen. Das sei nicht ausgeschlossen. „Aber wir müssen uns auch mit der Möglichkeit befassen, dass das, was er gesagt hat, tatsächlich seine Meinung ist.“

Auf jeden Fall werden auf Deutschland neue sicherheitspolitische Aufgaben zukommen – das ist Konsens in Berlin. „Europa muss sich darauf einstellen, dass es besser selber vorsorgt“, sagte von der Leyen. Dazu gehöre auch ein höheres Verteidigungsbudget.

Bei globalen Herausforderungen dürfte die Kooperation zwischen Berlin und Washington schwierig werden. Die Zusammenarbeit im Kampf gegen den Klimawandel „kann man die nächsten vier Jahre vergessen“, fürchtete Grünen-Chef Cem Özdemir. Und die Zukunft des TTIP-Abkommens zwischen der EU und den USA hängt mehr denn je am seidenen Faden – Trump präsentierte sich als großer Freihandelskritiker.

SPD-Chef Sigmar Gabriel nannte den kommenden US-Präsidenten einen „Vorreiter einer neuen autoritären und chauvinistischen Internationalen“. Özdemir warnte, dass das Ergebnis in den USA „Wasser auf die Mühlen“ von Populisten in allen EU-Staaten sei. „Die Einschläge kommen näher.“ (afp/so)



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