Trotz Preissenkungen: Warum Strom- und Gaspreise für Verbraucher steigen werden
Viele Energieversorger haben für das kommende Jahr Preissenkungen angekündigt. Wie das Vergleichsportal „Verivox“ im November mitteilte, geben etwa die Hälfte der örtlichen Versorger an, die gesunkenen Großhandelspreise an ihre Kunden weitergeben zu wollen. Der Preisrückgang bei den angekündigten Strompreissenkungen beträgt durchschnittlich 13 Prozent, bei Gas rund 15 Prozent, hat das Vergleichsportal analysiert.
Ein durchschnittlicher Drei-Personen-Haushalt, der im Jahr 4000 Kilowattstunden (kWh) Strom verbraucht, spart so 283 Euro im Jahr. Gleichzeitig wurden aber auch 83 Preiserhöhungen um etwa sechs Prozent angekündigt.
Wie Verivox weiter schreibt, sinkt der durchschnittliche Strompreis, obwohl die Bundesregierung gerade erst im Zuge des Haushaltskompromisses 2024 den Wegfall der Energiepreisbremse ab Januar angekündigt hat. Lag der Durchschnitt im Dezember bei 35,1 Cent pro kWh, prognostiziert Verivox für Januar einen Durchschnitt von 34,1 Cent. Da die Neukundentarife für 2024 bisher nicht bekannt sind, sind diese Angaben nur eine Schätzung.
Netznutzungsentgelt steigt – damit auch die Preise
Eine gute Nachricht sind diese Aussichten für Kunden allerdings trotzdem nicht. Der Grund: Ab 1. Januar steigen die sogenannten Netznutzungsentgelte. Ursprünglich wollte die Ampelkoalition den Anstieg für die Verbraucher mit einem Zuschuss von 5,5 Milliarden Euro mildern. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts fällt dieser Zuschuss nun weg. Das hat Auswirkungen auf die Strompreise – sie werden im Laufe des kommenden Jahres mit Sicherheit steigen.
Auch beim Gas haben zahlreiche Grundversorger ab Januar Preissenkungen angekündigt. Wie Verivox mitteilt, zählte das Portal bisher 500 Preissenkungen um durchschnittlich 15 Prozent. Für ein Einfamilienhaus mit einem Jahresverbrauch von 20.000 kWh bedeutet das eine Einsparung um etwa 524 Euro.
Im kommenden Jahr könnte Gas für Verbraucher trotzdem teurer werden. Schon ab 1. Januar 2024 erhöht sich der CO₂-Preis von aktuell 30 Euro auf 45 Euro. Ende Februar läuft dann auch noch der reduzierte Mehrwertsteuersatz auf Gas von sieben Prozent aus. Der Staat legt dann wieder 19 Prozent Steuern auf den Gaspreis. Wie das Verbraucherportal „Check24“ ausgerechnet hat, erhöhen sich die Gaskosten dann für einen Musterhaushalt um 224 Euro im Jahr.
Rückgang der Strom- und Gaspreise in diesem Jahr
Insgesamt sind die Preise allerdings 2023 zurückgegangen. Mit Beginn des Ukrainekrieges und dem Lieferstopp für russisches Gas waren die Preise für Strom und Gas damals auf Rekordniveau gestiegen. Neukunden mussten zwischenzeitlich 70 Cent pro kWh zahlen, bei Gas waren es 40 Cent.
Seit Jahresbeginn 2023 sind die Preise wieder deutlich zurückgegangen. Die Energiereferentin der Verbraucherzentrale NRW, Christina Wallraff, sagt gegenüber der dpa, dass das Jahr so gut lief, da es einen warmen Winter gegeben hatte. „Im Vergleich zu 2022 war das Jahr erfreulicherweise deutlich ruhiger, auch für die Verbraucherinnen und Verbraucher.“ Allerdings seien sehr viele Beschwerden wegen nicht richtig umgesetzter Energiepreisbremsen eingegangen.
Doch nicht nur das relativ milde Winterwetter hat zu einer Preissenkung geführt. Laut Verivox-Geschäftsführer Daniel Puschmann seien die Preise auch deshalb gesunken, weil der Wettbewerb unter den Anbietern wieder zugenommen hätte. „Es ist nicht nur das Preisniveau, was die Energiekrise befeuert hat, sondern auch das fehlende Angebot der Tarife“, sagt Puschmann. Die akute Krise sei nun vorbei.
Die Bundesregierung hatte die Preise allerdings in diesem Jahr auch durch die Energiepreisbremse subventioniert. Für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs zahlen Stromkunden im Moment höchstens 40 Prozent pro kWh, bei Gas sind es zwölf Cent. Ursprünglich sollte diese Subvention noch bis März 2024 gelten. Durch die Haushaltsverhandlungen hat sich die Bundesregierung darauf verständigt, die Bremse nun zum Jahresende auslaufen zu lassen.
Was hat die Energiepreisbremse gebracht?
Allerdings war die Ersparnis für die Verbraucher gar nicht so groß, wie man annehmen könnte. Laut Verivox zahlt ein Drei-Personen-Haushalt für Strom in diesem Jahr durchschnittlich mit der Preisbremse 1.572 Euro. Ohne Subvention wären es 1.609 Euro gewesen. Die Entlastung beträgt somit lediglich 37 Euro. 2022 musste der gleiche Haushalt noch durchschnittlich 1.721 Euro für Strom bezahlen.
Deutlich durchschlagender ist der Effekt allerdings, wenn man nur die Grundversorgung betrachtet. Für den gleichen Verbrauch fallen hier mit der Preisbremse Stromkosten von 1.790 Euro an. Ohne Preisbremse wären das 1.941 Euro. In diesem Fall trägt der Staat 151 Euro.
Für einige Verbraucher in Grundversorgung dürften die Stromkosten daher zum Jahresbeginn steigen. Auch nach den Preissenkungen liegen noch etwa 42 Prozent solcher Tarife über dem staatlichen Preisdeckel. Dieser entfällt mit Jahresende. Nach Angaben der Bundesnetzagentur sind 24 Prozent aller Haushalte in Deutschland in der Grundversorgung.
Beim Gas hat der Staat die Preise ebenfalls gesenkt. Für ein Einfamilienhaus zahlten die Verbraucher in diesem Jahr durchschnittlich 2.424 Euro. Ohne die Preisbremse wären 2.613 Euro fällig gewesen. Das entspricht einer Entlastung von 189 Euro. Im Jahr 2022 lagen die durchschnittlichen Gaskosten noch bei 3.205 Euro.
Allerdings unterstützte der Staat die Verbraucher tatsächlich im Bereich die Standardtarife des örtlichen Versorgers. Dort bezahlt der Verbraucher mit der Preisbremse 2.671 Euro statt 3.148 Euro ohne die staatliche Stütze. Das macht 477 Euro aus, die in diesem Fall vom Staat getragen werden.
Zum Jahreswechsel könnten daher auf zahlreiche Haushalte steigende Strompreise zukommen. Wie Verivox berichtet, fallen bei 62 Prozent der Grundversorgungstarife Arbeitspreise über dem aktuellen Preisdeckel an. In der Grundversorgung sind laut Bundesnetzagentur 18 Prozent aller Haushalte.
Verbraucher sollten Anbieterwechsel prüfen
Die Verbraucherzentralen raten Strom- und Gaskunden, einen Anbieterwechsel zu prüfen. „Verbraucherinnen und Verbraucher sollten auf jeden Fall bei einem Tarifportal nachschauen, wie hoch die Wechselersparnis sein könnte“, sagte Energieexpertin Christina Wallraf gegenüber der dpa.
Die Haushalte sollten nachsehen, wie viel sie im Moment zahlen müssen, welche Kündigungsfrist sie haben und wie lange der Vertrag noch läuft? Wer mit seinem aktuellen Anbieter zufrieden sei, könne sich auch dort nach anderen Tarifen erkundigen und gegebenenfalls in einen günstigeren Tarif wechseln.
Bei Neuverträgen rät die Verbraucherzentrale zu einer Laufzeit von zwölf Monaten. „Das ist ein guter Mittelwert zwischen Planungssicherheit und Flexibilität“, so Wallraf. Bei Bonustarifen sollten Verbraucher schauen, unter welchen Bedingungen der Bonus ausgezahlt werde. Achten sollten Verbraucherinnen und Verbraucher auch darauf, nicht an einen unseriösen Anbieter zu geraten. Haushalte könnten etwa mit einer Internetrecherche herausfinden, ob es in der Vergangenheit Probleme mit einem Anbieter gegeben hat.
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