Trauriger Rekord: Massive Zunahme von Gewalt bei Amateurfußballspielen

Im Amateurfußball geht es zunehmend aggressiver zu, das belegen die Daten. Spiegelt sich darin eine Verrohung der gesellschaftlichen Zustände wider, die auch in anderen Bereichen zu sehen ist? Oder gibt es einen Zusammenhang mit der anhaltend hohen Migration nach Deutschland? Eine Analyse.
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Eine rote Karte beim Fußballspiel.Foto: Mika Volkmann/Bongarts/Getty Images
Von 29. Mai 2023

Die Gewalt im deutschen Amateurfußball nimmt zu. Nach einer Mitteilung des Deutschen Fußball-Bunds sind in der Saison 2021/2022 schon 911 Fußballspiele aufgrund von Gewalt- oder Diskriminierungsvorfällen abgebrochen worden. Von den Schiedsrichtern wurden dabei 5.582 Vorfälle erfasst, davon 3.544 Gewalthandlungen und 2.389 Diskriminierungen. Dies stellt einen neuen Rekord seit Beginn der Datenerfassung des DFB dar.

„Der Anstieg der Spielabbrüche muss uns Sorgen machen, zumal ein Trend erkennbar wird“, so der Fan- und Gewaltforscher Prof. Dr. Gunter A. Pilz.

Konkret in Zahlen heißt das: Mit den 911 abgebrochenen Amateurfußballspielen stieg die Quote der Abbrüche um 50 Prozent im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit (von 0,05 auf 0,075 Prozent). Im Schnitt wurde jedes 1.339ste Spiel in der vergangenen Saison abgebrochen.

Schaut man sich den Gewaltreport für Berlin 2021/22 an, so wirken die Zahlen noch erschreckender. In der letzten Spielsaison wurden 1.936 Vorgänge gemeldet. Das bedeutet, bei insgesamt 30.479 erfassten Spielen kam es bei 2,8 Prozent aller Begegnungen zu mindestens einem Gewaltvorfall, der sportgerichtlich bearbeitet wurde. In rund der Hälfte dieser Fälle lagen physische oder psychische Gewalthandlungen als Tatbestand vor.

Verbale Gewaltvorfälle machten mit fast 26 Prozent dabei den größten Anteil aller sportgerichtlich bearbeiteten Tatbestände der Saison 2021/2022 aus. Es folgten Tätlichkeiten mit 25 Prozent und Unsportlichkeiten mit 20 Prozent.

Männer zu fast 99 Prozent für Gewaltvorfälle verantwortlich

Dabei zeigen die Zahlen, dass es dabei fast nur um Gewalt unter Männern und männlichen Jugendlichen geht. Gerade mal in 1,27 Prozent der Gewaltfälle geht es um weibliche Fußballspieler.

Die Höhe der Spielklasse, so zeigen die erfassten Daten, hat offenbar keinen Einfluss auf das Auftreten von Gewalthandlungen. „Der Pokalwettbewerb der Herren ist genauso gewaltbelastet wie der Ligaspielbetrieb der Herren (fast jedes zehnte Herren-Pokalspiel weist mindestens einen Gewaltvorfall auf)“, heißt es in dem Berliner Gewaltreport.

Dafür lässt sich aber ein anderes Muster „über alle Spielbetriebsbereiche und Altersklassen des männlichen Bereichs“ hinweg erkennen. So würden Gewaltvorfälle zeitlich vorwiegend Mitte der zweiten Halbzeit und in der Schlussphase der jeweiligen Partie auftreten, heißt es im Berliner Gewaltreport.

Und körperliche Gewalt tritt hauptsächlich unter den Spielern auf und seltener gegenüber Schiedsrichtern, zeigen die Zahlen aus der Hauptstadt. Bei den verbalen Gewaltvorfällen hingegen sind Schiedsrichter häufiger betroffen als jede andere Gruppe.

„Rudelbildung mit Faustschlägen und Tritten“

Ein besonders hervorstechendes Beispiel war in diesem Jahr die Partie am 19. März zwischen den beiden Achtligisten FC Hamburger Berg und dem SV Krupunder/Lohkamp. Kurz vor dem Schlusspfiff kam es zu einer „Rudelbildung mit Faustschlägen und Tritten“, berichtete der NDR. Die Polizei rückte mit zehn Mannschaftswagen an, um wieder für Ruhe zu sorgen.

Der afrikanischstämmige Keeper von FC Hamburger Berg, einem Verein, der sich stark in der Migrationsarbeit engagiert, erhielt wegen „mehrfacher Tätlichkeit“ daraufhin vorm Sportgericht eine vierjährige Sperre. Er soll laut einer Zeugin „im Vollsprint“ zum Schiedsrichter gelaufen sein und ihm mit der rechten Faust ins Gesicht geschlagen haben. Er bestreitet dies und erklärt, man habe ihn zuvor als „Neger“ beschimpft. Ein weiterer Spieler von FC Hamburger Berg, die einen hohen Anteil an Migranten aufweist, wurde für 24 Monate gesperrt.

Von der gegnerischen Mannschaft, die laut ihrem Trainer zu 80 Prozent aus Migranten besteht, wurde ein Spieler für ein Jahr gesperrt, weil ihm „massive Übergriffe“ nach dem Abbruch des Spiels nachgewiesen wurden. Ein weiterer Spieler des Teams muss für zehn Partien aussetzen. „Er soll einen ‚Berg‘-Kicker mit einer Flüssigkeit aus einer Trinkflasche bespritzt und somit provoziert und die Situation mit angeheizt haben“, zitierte der NDR den Richter vom Sportgericht. Zudem gab es für beide Teams Punktabzug und Geldstrafen.

Vater attackiert Schiedsrichter

Dass die Gewaltvorfälle sich häufiger auf dem Fußballplatz ereignen als auf der Tribüne, bestätigt auch der DFB-Gewaltreport. Seltener würden Einflüsse von außen zu Spielabbrüchen führen, heißt es dort.

Dass dies aber auch der Fall sein kann, zeigte ein Kinderfußball-Hallenturnier Anfang März in Hildesheim. Laut Polizei soll der Vater eines jungen Spielers einen Schiedsrichter beleidigt, bedroht und umgestoßen haben. Zuvor soll der Trainer des Jungen nach einem Platzverweis den Unparteiischen beschimpft haben, teilte die Polizei mit. Der Trainer wurde dann der Halle verwiesen. Danach attackierte der Vater den Schiedsrichter. Schließlich flüchtete der Unparteiische heimlich aus der Sporthalle.

Doch nicht immer sind es die Schiedsrichter, die von Außenstehenden attackiert werden, in einem anderen Fall war es der Vater eines Spielers, der vom Platz verwiesen wurde, weil er einen Spieler der anderen Mannschaft nach dem Spiel angriff. Nach dem Schlusspfiff wartete der Mann dem Bericht zufolge an einer Ausgangstür des Platzes und schlug einem der jungen Spieler aus der gegnerischen Mannschaft gegen die Schläfe.

„Ich köpfe dich, ich f…. deine Mutter“

Über einen weiteren Vorfall beim Spiel FC Kalbach gegen Germania Enkheim (0:2) berichtet die Schiedsrichtervereinigung Frankfurt. Während nach dem Abpfiff sich eine Jubeltraube aus jungen Spielern der Siegermannschaft und mehreren Zuschauern sich am Spielrand bildet, stürmt ein älterer Mann auf den jungen Unparteiischen zu und bedroht ihn: „Ich köpfe dich. Ich f…. deine Mutter.“

Laut der Tübinger Kriminologin Dr. Thaya Vester, die den DFB berät, würden vermeintliche Fehlentscheidungen von Schiedsrichtern rund 30 Prozent und Konflikte zwischen den Spielern circa 25 Prozent bei den Vorfällen ausmachen. Sie nehmen damit die Spitzenpositionen ein. Bei der Hälfte aller Abbrüche sei der Schiedsrichter von Gewalt betroffen, in 15 von 100 Fällen weigerte sich hingegen eine Mannschaft weiterzuspielen, fasst sie zusammen.

Sie weist darauf hin, dass vielen nicht klar sei, wie man beispielsweise auf Diskriminierungen reagieren sollte. Es sei „nicht der richtige Weg, bei Diskriminierung sofort den Platz zu verlassen.“ Sie fordert, dass der Drei-Stufen-Plan auch im Amateurfußball gilt. Wobei sich dieser Vorschlag mehr gegen Provokationen aus den Fanlagern richtet: „Spielunterbrechung und Stadiondurchsage“ (Stufe 1), „Mannschaften gehen in die Kabine und erneute Stadiondurchsage“ (Stufe 2) sowie „Spielabbruch“ (Stufe 3).

„Veränderte Qualität der Gewalt“

Zusammenfassend sieht sie eine veränderte Qualität der Gewalt. Es gebe schlicht „mehr hocheskalierte Konflikte“, sagt die Kriminologin. Der Fan- und Gewaltforscher Prof. Dr. Gunter A. Pilz, der im Bereich Gewaltprävention den DFB berät, sieht zudem für die steigende Tendenz von Handgreiflichkeiten auf dem Fußballplatz und mit steigender Tendenz auch auf den Rängen das soziale Umfeld verantwortlich.

„In Krisenzeiten nimmt die Frustrationstoleranz der Gesellschaft ab. Viele Spieler entladen ihren privaten Frust auf dem Platz.“ Mit Blick auf die bundesweite Energiekrise und die weitverbreitete wirtschaftliche Ungewissheit sei ein Anstieg der Gewalt auf den Fußballplätzen laut Pilz sehr wahrscheinlich.

Zudem erklärt er: „Die Qualität der Gewalt hat zugenommen, das heißt, dass die Auseinandersetzungen immer heftiger und hemmungsloser werden. In der Fanszene ist zudem ein zunehmender Hooliganismus zu beobachten.“

Migration spielt Rolle bei Gewalteskalation

Eine ethnografische Analyse von Steven Gallrach im Rahmen seiner Bachelorarbeit zu den Sportgerichtsfällen des Berliner Fußball-Verbandes von 2014, also bereits vor dem Einsetzen der Massenmigration ab 2015, kam zu einer anderen Schlussfolgerung.

Laut der Arbeit lag es in den meisten Fällen, in denen Fußballspiele in Berlin eskalierten, daran, dass Spieler mit Migrationshintergrund gewalttätig wurden. In 80 Prozent der Fälle waren demnach Spieler mit einem südländischen Migrationshintergrund beteiligt, 50 Prozent spielten in rein türkischen Mannschaften.

Der Autor verweist zudem auf eine Untersuchung des Soziologen Pilz. Dieser erklärte damals, dass fast zwei Drittel (61,7 Prozent) aller Spielabbrüche von Spielern mit überwiegend türkischem und kurdischem Migrationshintergrund verursacht wurden.

Pilz: Häufig Konflikte zwischen türkeistämmigen Spielern

Konflikte entstünden häufig zwischen türkeistämmigen Spielern, die die Entscheidungen eines deutschen, vorwiegend lebensälteren Schiedsrichters als diskriminierend empfänden. Schnell würde ihm Fremdenfeindlichkeit unterstellt. In seinen Entscheidungen gegen sie sähen sie eine Ungleichbehandlung. Die Verteidigung der Ehre stehe in diesen Kulturkreisen an erster Stelle.

Pilz sieht zudem, dass Migranten gesellschaftliche Desintegrationserfahrungen über Erfolge im Fußball zu kompensieren versuchen. Dabei geht es in diesem Fall um die fehlende Integration in den gemischten Berliner Sportvereinen.

Laut Gallrach gibt es in Berlin eine Vielzahl von rein ethnischen Vereinen. Sie seien genau deshalb gegründet worden, weil Mitglieder sich bei bereits bestehenden Vereinen nicht ausreichend integriert fühlten. Das birgt jedoch das Risiko, dass sich diese Mitglieder abschotten würden.

Pilz fand heraus, dass 80 Prozent der Jugendlichen in einem gemischten Verein das Fußballspielen begannen. Im Erwachsenenalter jedoch 80 Prozent von ihnen in eigenethnischen Mannschaften landeten.

Politik sieht Parallelen zu Silvesterkrawallen

Die Politik sieht dabei bereits Parallelen zu den Silvesterkrawallen. So erklärte die AfD-Niedersachsen kürzlich, dass sie in den gestiegenen Gewaltvorfällen im Amateurfußball Übereinstimmungen zu den Vorfällen in der letzten Silvesternacht sehe, wo es bundesweit zu massiven gewalttätigen Übergriffen auf Rettungs- und Polizeikräfte kam.

Bundesinnenministerin Faeser (SPD) räumte nach den Krawallen ein, dass es sich bei den Silvesterkrawallen um „ein großes Problem mit bestimmten jungen Männern mit Migrationshintergrund, die unseren Staat verachten, Gewalttaten begehen und mit Bildungs- und Integrationsprogrammen kaum erreicht werden“ handelte.

Epoch Times fragte beim Berliner Fußball-Verband an, ob Unterschiede zwischen den einzelnen Stadtbezirken bei den Gewaltvorfällen zu sehen sind, daraufhin erklärte man, dass dies im Rahmen des Berliner-Fußball-Gewaltreports bei der Auswertung nicht berücksichtigt werde. In Berlin weisen die Stadtbezirke eine unterschiedlich hohe Belastung durch Migration auf.

Auf die Frage, inwiefern das Thema Migration bei den Gewaltvorfällen und Spielabbrüchen eine Rolle spiele, erklärte der Verband, dass der Fußball in der Hauptstadt „ein Brennglas der Gesellschaft“ sei. Konflikte, die sich in der Gesellschaft auch in anderen Bereichen zeigten, würden in vergleichbarer Häufigkeit auch im Fußball auftreten. „Die Gründe für Gewaltvorfälle und Spielabbrüche sind aber vielfältiger und lassen sich nicht pauschalisieren.“

Ehrenamtliche Schiedsrichter ziehen sich teilweise zurück

Bund und Länder investieren seit Jahren in Anti-Rassismus-Projekte wie zum Beispiel „Sport mit Courage“. Auch das Bundesministerium des Innern fördert ein Projekt namens „Fußball Verein(t) Gegen Rassismus“. Es soll einen möglichst gewalt- und diskriminierungsfreien Fußball fördern. Doch anscheinend gehen diese Projekte am Schutz der Schiedsrichter und einzelner Spieler vorbei, wie die Zahlen zeigen.

Und die zunehmende Gewalt hinterlässt Spuren: Zunehmend wird es schwieriger, ehrenamtlich tätige Schiedsrichter zu finden, die sich dem rauer gewordenen Klima auf den Fußballplätzen stellen. Vulgäre Beleidigungen, Gewalt- und Todesdrohungen, aber auch ausgeübte Sachbeschädigung am eigenen Auto bis zu tatsächlich ausgeübter Gewalt durch körperliche Angriffe führen dazu, dass sie sich zurückziehen.



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