Todesfall Markus B. in Köthen: Familie von Urteil enttäuscht – Jugendstrafen für junge Afghanen

Acht Monate ist es her, dass der Tod von Markus B. die Kleinstadt Köthen in Aufruhr versetzte. Der 22-Jährige starb auf einem Spielplatz, nachdem er versucht hatte, in einen Streit schlichtend einzugreifen. Todesursache: Herzversagen. Ein Fall, dem am Ende ein merkwürdiger Geschmack anhaften bleiben wird.
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Während der Urteilsverkündung kam es zu Tumulten im Saal. Die Familie des Toten reagierte aggressiv auf die Verkündung des Strafmaßes für die beiden Angeklagten.Foto: Hendrik Schmidt/dpa

Während der Urteilsverkündung am Landgericht Dessau-Roßlau kam es zu Tumulten im Saal. Die Familie des verstorbenen Markus B. konnte das Strafmaß nicht fassen, reagierte teils wütend und aufgebracht. Als die Richterin über die schwierige Beweisaufnahme und unterschiedliche Zeugenaussagen sprach, sprang ein Bruder des Toten auf und schrie, dass er doch gesehen habe, wie auf seinen Bruder eingetreten worden sei. Dann warf er vor Wut einen der schweren Tische um. Justizbeamte griffen ein und die beiden Afghanen wurden kurzzeitig aus dem Raum geführt.

Die Mutter und eine Schwester des Opfers verfolgten den Prozessbeginn als Nebenkläger, weitere drei Geschwister traten ebenfalls als Nebenkläger auf.

Köthen: Teilnehmer einer Kundgebung für den 22-Jährigen. Foto: Ralf Hirschberger/dpa

Die Vorsitzende Richterin Uda Schmidt erklärte in der Urteilsbegründung, dass der Tod des 22-jährigen Opfers kein bloßer Unfall gewesen sei, sondern durch die Körperverletzung der Angeklagten fahrlässig verursacht worden war. Auch die Staatsanwaltschaft war gegen Ende des Prozesses nur noch von gefährlicher Körperverletzung ausgegangen.

Man ging davon aus, dass die Schläger nicht wissen konnten, dass ihr Opfer schwer herzkrank war und ihr Handeln schwerwiegende Folgen nach sich ziehen könnte. Jedoch sagte die Richterin laut „RTL“ auch, dass das Verhalten der Angeklagten von fehlender Achtung vor dem menschlichen Leben zeuge.

Das Gericht verhängte letztendlich wegen Körperverletzung mit Todesfolge gegen den 17-jährigen angeklagten Afghanen eine Strafe von einem Jahr und fünf Monaten und gegen seinen 19-jährigen Landsmann von einem Jahr und acht Monaten. Bei diesem wurden weitere Taten, eine Körperverletzung und der Diebstahl einer Flasche Rum, zu einer Gesamtstrafe zusammengezogen. Zudem muss er auf Entzug gehen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Für die Familie des Opfers ist das ein Schlag ins Gesicht: Das Strafmaß sei viel zu gering. Mit Gerechtigkeit habe das nichts zu tun.

Köthener Bürger trauern um Markus B. (22). Foto: Carsten Koall / Getty Images

Der nicht abgeschobene Täter

Dabei hätte der 18-jährige Afghane gar nicht mehr im Land sein dürfen. Die zuständige Behörde habe bereits im April 2018 bei der Staatsanwaltschaft die Zustimmung zur Abschiebung beantragt, dies sei aber aufgrund laufender Ermittlungsverfahren unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung zunächst abgelehnt worden, sagte Sachsen-Anhalts Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU) nur Tage nach dem Tod des 22-jährigen Deutschen in Köthen in der Nacht des 8. September 2018.

Dann wurde die Abschiebegenehmigung für den Afghanen doch noch erteilt, zwei Tage vor dem tödlichen Vorfall in Köthen. Doch abgeschoben wurde er nicht, ein verhängnisvoller Fehler, wie sich herausstellen sollte.

Bereits am Sonntag nach dem Vorfall versammelten sich rund 2.500 Bürger auf den Straßen von Köthen und zogen in einem Trauermarsch durch die Stadt. Darunter waren nach Angaben von Landesinnenminister Holger Stahlknecht (CDU) auch „400 bis 500 Personen der rechten Szene“ aus Sachsen-Anhalt und anderen Bundesländern. Aufgrund der Sorge vor weiteren Protesten wie in Chemnitz, wurden die Trauermärsche von Köthen von schwerer Polizeibewachung eskortiert.

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Tod auf dem Spielplatz

Wie die DPA zu dem Prozess meldet, sei der „schwer herzkranke Mann“ in jener Samstagnacht des 8. September „bei einem handgreiflichen Streit auf einem Spielplatz gestorben“. Die Obduktion der Leiche hatte später Tod durch Herzinfarkt ergeben. Verletzungen von schweren Schlägen oder Tritten wurden nicht vorgefunden.

Laut Anklage soll einer der Angeklagten dem 22-Jährigen zunächst einen Schlag ins Gesicht versetzt haben, sodass er zu Boden fiel. Der andere Angeklagte soll ihm dann mindestens einmal mit dem Fuß gegen den Oberkörper oder Kopf getreten haben. Wiederbelebungsversuche noch am Tatort blieben erfolglos.

Vor Gericht bedauerten die beiden Angeklagten, die als unbegleitete Minderjährige nach Deutschland gekommen waren, den tragischen Ausgang des Geschehens. „Es tut mir unglaublich leid“, versicherte der 17-Jährige vor Gericht.

Nach Medienangaben hatte Markus B. (22) an jenem Samstagabend im Hof mit Freunden und Geschwistern gefeiert, während auf dem Spielplatz in der Nähe sich drei Afghanen und ein deutsches Mädchen stritten. Es ging darum, von wem nun das Mädchen schwanger sei.

Offenbar schlugen nicht nur die Afghanen mit Bierflaschen und Holzlatten aufeinander ein, sondern auch das Mädchen wurde geschlagen. Als der Streit immer heftiger wurde, verließ der 22-jährige Markus B., der bei der Lebenshilfe arbeitete, das Fest und versuchte zu schlichten. Dabei wurde er selbst zum Opfer. Sowohl die Afghanen, als auch Markus B. hatten an diesem Abend reichlich Alkohol getrunken.

Der ältere Angeklagte soll ihn niedergeschlagen und der jüngere dann den am Boden liegenden gegen den Kopf getreten haben, so der „MDR“. Laut „RTL“ schlug der 19-Jährige Markus B. krafvoll gegen den Brustkorb, worauf er ohne sich noch abfangen zu können niederfiel. Dann habe der 17-Jährige „stampfend, aber nicht kraftvoll“ auf das Gesicht des 22-Jährigen getreten.

Der „MDR“ berichtete noch, dass Markus B. nach Annahme des Rechtsmediziners schon vor dem Aufschlagen auf dem Boden, er erlitt dabei eine Platzwunde am Kopf, einen Herzstillstand erlitten haben könnte, dafür spreche einiges. Seine blutige Lippe habe er wohl von einem Schlag bekommen, heißt es weiter, oder eben von dem Tritt ins Gesicht, wie „RTL“ es schilderte. Wenig später sei das Opfer in der Klinik verstorben.

Von den Geschehnissen gab es nach Zeugenangaben unterschiedliche Versionen hinsichtlich Art der Schläge und Tritte und ihrer Intensität, so der „MDR“, der zu dem Fazit kam: „Was ganz genau an dem Abend geschah, konnten die Zeugen nicht wirklich aufklären.“

Eine Augenzeugin und Ersthelferin vor Ort hatte eine erschütternde Audioaussage von dem Erlebten gemacht. Später soll sie bei der Polizei im Verhör gewisse Dinge relativiert haben. Was genau und unter welchen Umständen wurde nicht mitgeteilt.



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