Tipps zu Kirchenasyl und „Kinder verschwinden lassen“? Rechte Empörungswelle gegen gefördertes „Handbook Germany“
Wo endet Orientierungshilfe für vulnerable Zielgruppen, und wo beginnt eine Unterminierung des Rechtsstaats? Diese Debatte ist in Deutschland nun um eine Serviceseite der „Neuen Deutschen Medienmacher*innen“ entbrannt, die mithilfe von Fördermitteln aus Bund und EU betrieben wird. Das Portal „Handbook Germany“ wendet sich an ausländische Staatsangehörige, die in Deutschland leben oder ihren Lebensmittelpunkt hierher verlegen wollen. Die Inhalte der Seite sind bislang auf Deutsch, Farsi, Englisch, Paschto, Türkisch, Französisch, Arabisch, Ukrainisch und Russisch zugänglich.
„Handbook Germany“ von früherem Ataman-Verein gestaltet und von der EU kofinanziert
Das „Handbook Germany“ deckt mittlerweile eigenen Angaben zufolge mehr als 150 Themenbereiche ab. Diese reichen vom Visum über Behördenzuständigkeiten oder Familienzusammenführung bis hin zur Integration in den Arbeitsmarkt. Auch Tipps zum Umgang mit Diskriminierung oder grundlegende Informationen zum Grundgesetz finden sich auf der Plattform. Mehrere Artikel enthalten auch direkte Links zu Gesetzestexten, mehrfach führt das Portal auch Links zu Beratungseinrichtungen auf. Neben dem eigentlichen Informationsportal umfasst die Plattform auch ein Community-Forum „together-in-germany.de“ sowie eine Suchmaschine „Lokale Informationen“.
Das „Handbook Germany“ stellt ein Projekt der „Neuen deutschen Medienmacher*innen“ dar. Zu den langjährigen Führungspersönlichkeiten des 2009 gegründeten Vereins, der die Sichtbarkeit von Einwanderern und deren Perspektiven in den Medien steigern will, gehörte unter anderem Ferda Ataman. Sie ist heute Antidiskriminierungsbeauftragte der Bundesregierung.
Kofinanziert wird das „Handbook Germany“ von der Europäischen Union. Als Förderer werden auch das Bundesministerium des Innern und für Heimat – mit der Beifügung „aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages“ – und die Bundesintegrationsbeauftragte Reem Alabali-Radovan genannt.
Kirchenasyl als möglicher Ausweg nach abgelehntem Asylantrag?
Einem Bericht von „Bild“ zufolge hat die Einrichtung, der Alabali-Radovan vorsteht, das Projekt „Handbook Germany“ im Jahr 2022 mit 777.000 Euro und 2023 mit rund 300.000 Euro gefördert. Neben dem Blatt haben auch noch weitere Portale und AfD-Bundessprecherin Alice Weidel an der Förderung Anstoß genommen. Dies hat vor allem mit Inhalten des „Handbook Germany“ im Themenkomplex „Asyl“ zu tun. So werden auf der Seite, die mit „Asylantrag abgelehnt“ betitelt wird, Möglichkeiten aufgezeigt, einer drohenden Abschiebung entgegenzuwirken.
Neben Informationen zu Klagen, Asylfolgeanträgen, Duldung, Härtefallanträgen oder Petitionen wird auch das Thema „Kirchenasyl“ angesprochen. Darin heißt es: „Wenn Sie große Angst vor einer Abschiebung haben, können Sie bei einer beliebigen Kirche um Asyl bitten. Die Kirche wird sich Ihre Geschichte anhören und dann gemeinsam mit Ihnen nach einer Lösung suchen. Vielleicht nimmt die Kirche Sie auf und schützt Sie so vor einer Abschiebung. Das nennt man Kirchenasyl.“
Das Portal erwähnt auch, dass Kirchenasyl unabhängig von der religiösen Zugehörigkeit gewährt werden kann. Allerdings weist das Handbuch auch darauf hin, dass dieses nicht immer vor der Abschiebung schützt. Zudem sei man während der Zeit komplett von der Kirche abhängig, dürfe deren Gelände nicht verlassen und erhalte keine staatlichen Leistungen mehr.
Höferlin (FDP): Förderung des „Handbook Germany“ ist „Schlag ins Gesicht der demokratischen Werte“
Anstoß wurde auch an einer Information auf der Themenseite über Abschiebungen genommen. Diese lautet: „Bitte beachten Sie: Eltern dürfen nur zusammen mit ihren Kindern abgeschoben werden. Wenn ein minderjähriges Kind zum Zeitpunkt der Abschiebung nicht auffindbar ist, darf die restliche Familie nicht ohne das Kind abgeschoben werden.“
Kritiker machten daraus eine Aufforderung, Kinder „verschwinden zu lassen“. Unter dem Eindruck des Anschlags von Solingen, dessen Tatverdächtiger aufgrund einer gescheiterten Abschiebung noch im Land war, liegen mit Blick auf das „Handbook Germany“ die Nerven blank. Dessen Förderung durch das Bundesinnenministerium widerspreche dessen Ankündigungen, Ausreisepflichtige konsequent außer Landes zu schaffen.
Das Portal insgesamt sei, so formuliert es beispielsweise Sachsens AfD-Chef Jörg Urban, eine Seite, die „Illegalen“ helfe, „rechtmäßige Abschiebungen zu verhindern“. Auch der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Manuel Höferlin, spricht von einem „Schlag ins Gesicht der demokratischen Werte“. Es könne „nicht sein, dass Projekte unterstützt werden, die Menschen zeigen, wie sie die Demokratie und den Rechtsstaat austricksen können“.
Fachanwalt: Informationen jedem Lehrbuch zu entnehmen
Unter dem Eindruck der öffentlichen Debatte hat nun Mosjkan Ehrari, Leiterin des Projekts „Zentrale digitale Anlaufstelle – Handbook Germany: Together“ (HBGT) Korrekturen auf der Seite veranlasst. Gegenüber „Correctiv“ stellte Ehrari klar, dass das Bundesinnenministerium jenen Bereich des Handbuchs fördere, der den regulären Aufenthalt und die Integration in Deutschland betreffe. Die asylbezogenen Inhalte würden nicht aus dem Haus von Ministerin Faeser gefördert. Aus diesem Grund ist dessen Logo auch mittlerweile nicht mehr unter jenen der Förderpartner am Ende der Seiten aufgeführt.
Was die Inhalte auf den Asylseiten selbst darstellt, werden diese weiterhin von der Bundesintegrationsbeauftragten gefördert. Aber auch, was diese anbelangt, rät Fachanwalt Stephan Hocks gegenüber „Correctiv“ dazu, die Kirche im Dorf zu lassen: „Das ist eine Seite mit Informationen zum Asylrecht, das würde man in jedem Lehrbuch finden. Der Unterschied ist nur, dass es als Rechtstipp für Betroffene formuliert ist.“
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