Thüringer Landtag setzt Corona-Untersuchungsausschuss ein – AfD schließt sich an

Der Thüringer Landtag hat die Einsetzung eines Corona-Untersuchungsausschusses beschlossen. Ein Antrag von BSW und Teilen der CDU fand am 31. Januar Zustimmung. Ziel des Gremiums ist die Aufarbeitung von Fehlern und die Überprüfung der rechtlichen Grundlage der Maßnahmen. Auch das Vorgehen der Landesregierung in der Pandemie steht auf dem Prüfstand.
Thüringens Landtag trifft sich zu seiner ersten, wahrscheinlich turbulenten Sitzung (Archivbild).
Thüringens Landtag wird einen Corona-Untersuchungsausschuss bekommen.Foto: Martin Schutt/dpa
Von 2. Februar 2025

Im Landtag von Thüringen wird es einen Corona-Untersuchungsausschuss geben. Am Freitag, 31. Januar, hat das Landesparlament des Freistaats einem entsprechenden Antrag von BSW und Teilen der CDU stattgegeben. Die AfD, die ursprünglich einen eigenen Antrag auf Einsetzung eines U-Ausschusses gestellt hatte, nahm diesen wieder von der Tagesordnung.

CDU und BSW hatten bereits Anfang Oktober 2024 die Einsetzung eines solchen Ausschusses bekannt gegeben. Dass es zu einem solchen kommen solle, war eine Koalitionsbedingung der Wagenknecht-Partei. Zwei Wochen später hatte die AfD-Fraktion angekündigt, einen eigenen Antrag dazu stellen zu wollen, der den der anderen Parteien ergänzen solle. Die Linkspartei hatte eine „tribünenartige“ Aufarbeitung durch einen Untersuchungsausschuss abgelehnt und stattdessen für eine Enquete-Kommission plädiert.

Corona-Maßnahmen im Bewusstsein der Bürger geblieben

BSW-Fraktionschefin Katja Wolf hatte im Vorfeld der Einrichtung des Gremiums erklärt, der Staat habe sich in der Corona-Zeit „natürlich gesellschaftlich an vielen versündigt“. Man wolle sich dennoch „nicht als Richter aufspielen“, sondern aus vermeidbaren Fehlern lernen. Diese will man identifizieren und aus den gewonnenen Erkenntnissen Handlungsempfehlungen ableiten.

Auch das Agieren der Landesregierung soll noch einmal geprüft werden, speziell auf die ausreichende gesetzliche Basis der verhängten Maßnahmen. Schwerpunkte sollen dabei die Umsetzung der durch Bundesgesetz vorgeschriebenen einrichtungsbezogenen Impfpflicht und die temporäre Schließung von Schulen und Kindergärten sein. Vor allem die AfD-Fraktion hatte im Vorfeld darauf gedrängt, deren wissenschaftliche Grundlage zu erfragen.

Zu den am stärksten umstrittenen Maßnahmen in Thüringen während der Corona-Jahre galten beispielsweise die nächtlichen Ausgangssperren für Ungeimpfte im Jahr 2022. Das Thüringer Verfassungsgericht hatte diesen massiven Eingriff in die Bewegungsfreiheit später als verfassungswidrig eingestuft.

Thüringen war nicht unter den Hardliner-Ländern

Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hatte auch eine pauschale Schließung von Fitnessstudios im Herbst 2020 sowie einige Bußgeldvorschriften in der dazugehörigen Verordnung beanstandet. Den überwiegenden Teil der Maßnahmen hatten die Richter jedoch als im Wesentlichen noch verhältnismäßig eingestuft.

In Summe war Thüringen nicht unter den Ländern mit den restriktivsten Corona-Regeln. Es gab beispielsweise keine 15-Kilometer-Regelung, wie sie etwa der Verwaltungsgerichtshof in Bayern später als rechtswidrig einstufte. Anders als etwa in Niedersachsen kannte der Freistaat auch keine Betretungsverbote für Skipisten und Loipen.

Immerhin hatte Thüringen seit Februar 2022 nur noch bundesweite Mindestvorgaben umgesetzt und keine weiteren eigenen Corona-Maßnahmen mehr gesetzt. Auch die Maskenpflicht im ÖPNV sowie die Isolationspflicht fielen im Freistaat früher als in vielen anderen Ländern. Andererseits sorgten einige Veranlassungen wie die Schließung der Weihnachtsmärkte 2021 für heftige Reaktionen.

Ramelow hielt „Geste der Demut“ und selbstkritische Corona-Aufarbeitung für geboten

Der damals zuständige Ministerpräsident Bodo Ramelow hatte als einer der Ersten am 6. Juni 2020 allgemeingültige Corona-Maßnahmen ausgesetzt. Stattdessen konnten die Landkreise regional über Abstände, Masken oder Kontakt entscheiden. Kritik daran kam vom damaligen SPD-Gesundheitssprecher Karl Lauterbach und von Florian Herrmann, dem Leiter der Bayerischen Staatskanzlei.

Am 8. Dezember 2023 äußerte Ramelow im Landtag, es sei eine „Geste der Demut“ aufgrund staatlicher Entscheidungen während der Corona-Pandemie angebracht. Er mahnte damals eine „selbstkritische Überprüfung aller Handlungsträger“ sowie „eine systematische Aufarbeitung aller Maßnahmen“ an. Allerdings erklärte er auch: „Ich schäme mich für keine der Entscheidungen, auch wenn sie falsch waren.“

Der parlamentarische Geschäftsführer der BSW-Fraktion, Stefan Wogawa, erklärte anlässlich der Einsetzung des Corona-Untersuchungsausschusses:

„Es wurden aus ganz unterschiedlichen Gründen Fehler gemacht, nach denen wir suchen müssen.“

Es gehe dabei um „Frieden in unserer Gesellschaft“ und um Gerechtigkeit, nicht um einen Pranger. Der AfD warf er vor, nach „Handschellen und Gefängnis“ zu rufen. Dies sei kontraproduktiv und die Partei solle sich mäßigen.

Zwischen „Unrecht aufklären“ und „Hexenjagd“

Die AfD-Fraktion forderte einen Corona-Untersuchungsausschuss, um „Unrecht aufzuklären“. Zudem wolle man „die damaligen Entscheidungsträger zur Verantwortung ziehen und Kritiker der Corona-Einschränkungspolitik rehabilitieren“. Die Abgeordnete Wiebke Muhsal sollte nach dem Willen der Fraktion den Vorsitz im Ausschuss übernehmen.

Muhsal äußerte jedoch im Vorfeld der Entscheidung auch, dass zwei Untersuchungsausschüsse nicht nur fachlich unsinnig wären, sondern auch Ressourcen verschwenden würden. Deshalb hat sich am Ende auch die AfD dem BSW-Vorschlag angeschlossen, diese zusammenzufassen.

MdL Stefan Schard von der CDU äußerte gegenüber dem mdr, es seien viele Lebensbereiche von der damaligen Situation betroffen gewesen. Es sei jedoch „nicht geboten, alles besserwisserisch aus dem Rückspiegel zu verurteilen“. Es habe damals immerhin keine Erfahrungen und keinen Masterplan gegeben. Es gelte nun nicht, eine „Hexenjagd“ zu veranstalten, sondern Lehren für künftige Pandemien zu ziehen.

 



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion