Plagiatsjäger erhebt schwere Vorwürfe gegen Thüringens CDU-Chef Voigt

Kurz vor den Landtagswahlen will der Kommunikationswissenschaftler Stefan Jäger Dutzende Belege gefunden haben. Die Technische Universität Chemnitz hat nun ein Plagiatsverfahren eingeleitet. Die CDU weist die Vorwürfe zurück.
Sie sollen eine Berufsausbildung haben und in Thüringen leben: So stellt sich Mario Voigt Kandidaten für ein Kabinett vor.
Mario Voigt will in Thüringen der nächste Ministerpräsident werden.Foto: Michael Kappeler/dpa
Von 20. August 2024

Der thüringische CDU-Spitzenkandidat für die Landtagswahlen am 1. September 2024, Prof. Dr. Mario Voigt, sieht sich massiven Plagiatsvorwürfen ausgesetzt. So soll der 47-Jährige beim Verfassen seiner Doktorarbeit an der Technischen Universität Chemnitz abgeschrieben haben.

46 Plagiate gefunden

Das behauptet zumindest der Kommunikationswissenschaftler Stefan Jäger. Der Österreicher hat in der Dissertation 46 Plagiate gefunden und die TU darüber informiert. Die prüft den Sachverhalt nun und hat ein Plagiatsverfahren auf den Weg gebracht, schreibt die „Welt“. Epoch Times bat den CDU-Politiker um eine Stellungnahme zu den Vorwürfen, doch bis Redaktionsschluss lag keine Antwort vor.

In seinem Schreiben an die TU Chemnitz führt der als Plagiatsjäger bekannte Kommunikationswissenschaftler an, dass „in der Wissenschaft nur jene Quellen als primäre Quellen zitiert werden, die man im Original aufgesucht und rezipiert hat“. Nur nicht erhältliche Quellen dürften sekundär mit „zitiert nach:“ belegt werden.

Gegen diese wissenschaftliche Regel habe Voigt an „zahlreichen Stellen seiner Dissertation verstoßen“. So habe der CDU-Spitzenkandidat und Professor für Digitale Transformation und Politik an der privaten Quadriga Hochschule Berlin auf acht Seiten bei Wikipedia abgeschrieben. Selbst für sein Dankeswort habe er eine Textschablone benötigt, empört sich Jäger, der sein Gutachten auf seiner Seite verlinkt hat.

CDU sieht Verleumdungskampagne

Die Union sieht indes eine Kampagne gegen Voigt im Vorfeld der Landtagswahlen. Ihr Spitzenkandidat habe seine Promotion nach bestem Wissen und Gewissen erstellt, betonte Generalsekretär Christian Herrgott gegenüber der „Deutschen Presse-Agentur“ (dpa).

Er verwies auch darauf, dass eine frühere Prüfung der Doktorarbeit keine Hinweise auf Verstöße gegen die Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis in der Dissertation gefunden habe. „Es erstaunt uns keineswegs, dass wenige Tage vor der wichtigsten Wahl in der Geschichte des Freistaats Thüringen derartige bereits in der Vergangenheit entkräftete Vorwürfe gegen Mario Voigt lanciert werden. Es geht ganz offensichtlich darum, ihn zu verleumden“, so Herrgott.

Der Generalsekretär kritisierte die Überprüfung der Dissertation. „Wenn es um Sachaufklärung gegangen wäre, hätte man ausschließlich die zuständige TU Chemnitz ‚alarmiert‘ und nicht die Medien“, meinte er. Es gehe auch nicht darum, Wissenschaft zu verbessern, „denn andernfalls hätte Mario Voigt zunächst die Gelegenheit zur Prüfung und zur Stellungnahme bekommen“.

Arbeit bereits überprüft

Zudem sei die Arbeit in diesem Jahr bereits vom Plagiatsprüfer Jochen Zenthöfer untersucht worden, schreibt „Apollo News“. Seiner Ansicht nach geben es „keine Hinweise auf Verstöße gegen die Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis in seiner Dissertation“, zitiert der CDU-Generalsekretär Herrgott den Prüfer. Dieser bestätigte die Aussage gegenüber „Apollo News“, räumte allerdings ein, drei Sätze aus Wikipedia in der Arbeit entdeckt zu haben. Diese seien problematisch und müssten überprüft werden. Seiner Einschätzung nach lägen die Fälle jedoch unterhalb der Erheblichkeitsschwelle. Aus seiner Sicht bestehe kein „Plagiatsvorsatz“.

„Apollo News“ legte am Montag, 19. August, nach und teilte mit, dass Voigt offenbar auch bei anderen von ihm veröffentlichen Publikationen abgekupfert hat. So habe er einen ganzen Absatz aus einem Artikel des Magazins „Spiegel“ kopiert beziehungsweise eine halbe Seite aus einem Buch und beides nur marginal verändert.

Für seine Forschungsarbeit arbeitete Voigt auch zeitweise in den USA. Seine Doktorarbeit hatte Voigt bei dem Chemnitzer Politikwissenschaftler Eckhard Jesse geschrieben, der laut dpa für sein Bild des Hufeisens für Links- und Rechtsextremismus bekannt wurde. Er promovierte 2008 mit Thema „Der amerikanische Präsidentschaftswahlkampf. George W. Bush gegen John F. Kerry“.

Voigt forderte „verwirkbare Social-Media-Lizenzen“

Im April 2024 hatte Voigt für Aufsehen gesorgt, als er im Kampf gegen Desinformation nicht nur eine Klarnamenpflicht im Internet einführen wollte, sondern zudem auch noch „verwirkbare Social-Media-Lizenzen für jeden Nutzer“. So wolle er sicherstellen, dass „eben auch Gefährder im Netz nichts verloren haben“, berichtete „Tichys Einblick“ seinerzeit.

Im Zusammenhang mit den Plagiatsvorwürfen schreibt der Journalist Norbert Häring auf seiner Internetseite, dass es den „Skandal noch ein Stück größer“ mache, wenn ein Spitzenpolitiker, der „so offen zu staatlicher Meinungskontrolle aufruft“, um angeblich irreführender Aussagen zu unterbinden, „selbst ein sehr lockeres Verhältnis zur Wahrheit hat“.

Voigt war im April schnell wieder zurückgerudert und hatte seine Aussage auf seinem X-Account (ehemals Twitter) korrigiert. Dort betonte er, dass der Begriff „verwirkbare Lizenzen“ falsch gewählt sei. „Es sollte keinesfalls der Eindruck entstehen, dass Usern der Zugang zu Social Media zugeteilt werden soll. Was gemeint war: Es wird gesperrt, wer gegen Recht und Gesetz verstößt. Das Netz darf kein rechtsfreier Raum sein“, stellte er klar.

In Thüringen wird am 1. September 2024 ein neuer Landtag gewählt. Voigt will als Ministerpräsident in die Staatskanzlei einziehen. Eine INSA-Umfrage vom 13. August wies folgende Zahlen aus:

  • AfD: 30 Prozent
  • CDU: 21 Prozent
  • BSW: 19 Prozent
  • Linke: 15 Prozent
  • SPD: 7 Prozent
  • Sonstige: 5 Prozent
  • Grüne: 3 Prozent

Mit Material der dpa



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