Thüringen und Sachsen: Wahlkampf spitzt sich zu – Veranstaltung mit Höcke abgesagt

Der Wahlkampf in Thüringen und Sachsen erreicht seinen Höhepunkt: AfD-Landeschef Björn Höcke musste seinen geplanten Auftritt in Jena nach massiven Protesten absagen. In Sachsen haben Sahra Wagenknecht und Friedrich Merz ihre Positionen dargelegt.
Björn Höcke ist der Vorsitzende der AfD in Thüringen (Archivbild).
In Jena demonstrierten nach ersten Schätzungen der Polizei rund 2.000 Menschen gegen eine Veranstaltung der AfD mit ihrem Spitzenkandidatin Björn Höcke. (Archivbild)Foto: Hannes P. Albert/dpa
Von 21. August 2024

Der Wahlkampf zu den bevorstehenden Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen geht in seine Endphase. CDU, BSW und AfD hatten für Dienstag, 20. August, zu größeren Veranstaltungen aufgerufen. Zu einem Eklat ist es dabei in Jena-Lobeda gekommen, wo AfD-Landeschef Björn Höcke an einem Bürgerdialog im Stadtteilzentrum „LISA“ teilnehmen wollte.

Mehrere Gruppen hatten Gegendemonstrationen zu dem Auftritt angemeldet. Dazu waren etwa 2.000 Personen erschienen. Einem Polizeibericht zufolge kam es dabei im Umfeld des Veranstaltungslokals zu Sitzblockaden. In diesem Kontext sei es auch zu strafbaren Handlungen gekommen.

Wahlkampf der AfD in Thüringen von Eklat in Jena überschattet

„Zur Absicherung der Veranstaltung sowie der Versammlungen und zur Wahrung der Grundrechte aller Beteiligten“ führte die Landespolizeiinspektion Jena einen Polizeieinsatz durch, hieß es weiter in dem Bericht. Dabei sei es darum gegangen, die Sicherheit aller Teilnehmer der Wahlkampfveranstaltung zu gewährleisten sowie die Versammlungs- und Meinungsfreiheit zu schützen.

Aufgrund der „unübersichtlichen Lage vor Ort“ wurde jedoch die Teilnahme Höckes an der Veranstaltung im Stadtteilzentrum abgesagt. Dies sei Medienberichten zufolge in Absprache mit dem AfD-Politiker und dessen Personenschützern selbst erfolgt. Polizeiangaben zufolge seien zwölf Strafanzeigen und eine Ordnungswidrigkeit aufgenommen worden.

AfD-Sprecher Stefan Möller sprach in den sozialen Medien von „Zuständen wie in der Weimarer Republik“. Er erklärte, von den Gegendemonstranten sei ein hohes Maß an Gewaltbereitschaft ausgegangen. Sein Thüringer Vorstandskollege warf dem Innenministerium diesen gegenüber fehlende Durchsetzungskraft und mangelnden Willen vor.

CDU-Lokalmatador vollzieht 180-Grad-Wende

Anders stellt Juso-Chef Philipp Türmer die Situation dar. Ihm zufolge hätten Höcke und seine Eskorte versucht, „durch eine angemeldete Versammlung durchzubrechen“. Die thüringische Polizei habe, statt diese zu schützen, versucht, „den Faschisten Höcke hier durchzuschleusen“. Die Beamten sollen Schlagstöcke und Pfefferspray zum Einsatz gebracht haben.

Die Grünen-Stadträtin Kathleen Lützkendorf äußert auf X Genugtuung, dass es gelungen sei, die Veranstaltung mit dem AfD-Landeschef zu verhindern.

Bei CDU-Lokalpolitiker Bastian Stein änderte sich die Tonlage abrupt nach Ende der Demonstration. Zuvor hatte der Ortsbürgermeister von Wenigenjena noch von „geschmeidigen 2.000 Gegendemonstranden“ [sic!] auf den Straßen von Jena gesprochen, die von ihrem Recht auf Meinungsfreiheit Gebrauch machten. Nach Ende der Veranstaltung sprach er hingegen von überwiegend Ortsfremden, die kontraproduktiv gehandelt hätten, indem sie den Platz der Kundgebung unordentlich verlassen hätten.

Wagenknecht: „Krieg oder Frieden“ ist zentrales Thema im Wahlkampf

Im sächsischen Zwickau widersprach BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht vor mehreren Hundert Zuhörern dem an ihre Partei gerichteten Vorwurf, den Landtagswahlkampf mit Bundesthemen zu führen. Das Thema „Krieg oder Frieden“ sei kein Thema, das „weit weg“ sei, sondern Menschen äußerten ihr gegenüber tagtäglich die Angst, in einen weiteren Krieg hineingezogen zu werden. Wagenknecht sagte:

Es geht tatsächlich darum, die Landtagswahlen zu einer Abstimmung zu machen über die deutsche Außenpolitik und zu der Frage: Wie positionieren wir uns zu den Kriegen dieser Welt?“

Es sei keine Solidarität mit der Ukraine, weitere Waffen zu liefern und somit mehr Menschenleben auszulöschen. Solidarische Politik wäre es, stattdessen alle Möglichkeiten zu nutzen, um den Krieg auf diplomatischem Wege zu beenden.

Sowohl in Thüringen als auch in Sachsen tritt das BSW mit erfahrenen früheren Politikerinnen der Linkspartei an der Spitze an. In Thüringen konnte das erst im Januar gegründete Bündnis die frühere Oberbürgermeisterin von Gera, Katja Wolf, für die Spitzenkandidatur gewinnen. Sachsens BSW wird von der früheren Landtagsabgeordneten Sabine Zimmermann angeführt.

Merz: Zusammenarbeit mit AfD hieße „Seele verkaufen“

In Löbau gastierte der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz bei seinen Parteifreunden in der Oberlausitz. Im Rahmen einer Wanderung zum „Gusseisernen Turm“ mit etwa 200 Parteifreunden war auch bei ihm die Bundespolitik das Hauptthema. Merz kündigte an, bereits im Herbst die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur für die Union zu suchen.

Sollte es der Union gelingen, einen Regierungswechsel im Bund zu erzwingen, sagte Merz zu, dafür zu sorgen, dass „es für die Menschen sichtbar und spürbar besser wird, gleich in den ersten drei Monaten“. Merz wolle, dass Deutschland und Europa „eine Rolle spielen in der Welt“. Derzeit sei es eine „Welt der Trumps und der Putins und der Xi Jinpings – also derer, die zurzeit ein völlig anderes Verständnis haben über Frieden, Freiheit, offene Gesellschaften, Liberalität und Demokratie“.

Einer Zusammenarbeit mit der AfD erteilte Merz erneut eine Absage:

„Wir würden unsere Seele verkaufen, wenn wir mit diesen Leuten in irgendeiner Form politisch zusammenarbeiten.“

Kretschmer könnte in Sachsen mehrere Optionen offen haben

In aktuellen Umfragen liegt die AfD in Thüringen mit 30 Prozent auf Platz eins, allerdings fehlt ihr ein potenzieller Koalitionspartner. Gegenüber dem Herbst des Vorjahres hat die Partei deutlich an Zustimmung eingebüßt – was nicht zuletzt am Aufstieg des BSW liegt, dem Forsa im Freistaat aus dem Stand 18 Prozent zutraut. Im Landtag wären außerdem noch die CDU (21 Prozent), die Linkspartei (13 Prozent) und die SPD (sieben Prozent) vertreten.

In Sachsen könnte die CDU möglicherweise mit hauchdünner Mehrheit die derzeitige Koalition mit SPD und Grünen fortsetzen. Allerdings hatte sich Ministerpräsident Michael Kretschmer gegen eine weitere grüne Regierungsbeteiligung ausgesprochen. Die CDU, die laut Forsa mit 33 Prozent der Stimmen vor der AfD (30 Prozent) liegt, könnte auch mit dem BSW regieren, das bei 13 Prozent gehandelt wird.



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