Teure Energie: Preise steigen und Unsicherheit durch EU-Richtlinie – Katar stoppt LNG-Lieferungen

Europas ehrgeizige Klimaziele geraten zunehmend in Konflikt mit der Sicherung der Energieversorgung. Die neue EU-Nachhaltigkeitsrichtlinie stößt bei LNG-Lieferanten wie Katar auf Widerstand und könnte die Gasversorgung der EU gefährden. Steigende Preise und reduzierte Importe drohen.
Das LNG-Terminal in Wilhelmshaven ist zum Jahreswechsel 2022/23 in Betrieb genommen worden. (Archivbild)
Das LNG-Terminal in Wilhelmshaven ist zum Jahreswechsel 2022/23 in Betrieb genommen worden. (Archivbild)Foto: Sina Schuldt/dpa
Von 28. Dezember 2024

Der Ukrainekrieg 2022 markierte für die EU den Beginn eines Bruchs mit Russland als langjährigem Lieferanten von Pipeline-Gas. Zur Kompensation des Lieferausfalls wurden Verträge mit mehreren Staaten zur Lieferung von verflüssigtem Erdgas (LNG) angestrebt.

Die Importe sind jedoch deutlich teurer, was bereits jetzt spürbare Auswirkungen auf die Energiepreise für Verbraucher und Unternehmen zeigt. Bisher galt in Brüssel und den meisten Hauptstädten als gesichert, dass mengenmäßig eine ausreichende Versorgung gewährleistet werden kann. Nun droht jedoch ein weiterer erheblicher Zielkonflikt: die Balance zwischen einer bezahlbaren Energieversorgung und den ehrgeizigen Nachhaltigkeitszielen der EU.

CSDDD-Richtlinie würde auch bedeutende Lieferanten von LNG treffen

Im Juli des Jahres ist – unter diesem Namen wenig bekannt – die sogenannte EU-Richtlinie über die Nachhaltigkeitssorgfaltspflicht von Unternehmen (CSDDD) in Kraft getreten. Geläufiger war dafür die Bezeichnung „Lieferkettenrichtlinie“. Als solche hatte sie auch aus Deutschland erhebliche Kritik hervorgerufen, weil unter anderem FDP und Wirtschaftsverbände sie als bürokratisch und potenziell schädlich für die Exportwirtschaft wahrnahmen.

Die Richtlinie sieht vor, dass bei Nichteinhaltung von CO₂-Vorgaben sowie Menschen- und Arbeitsrechtsstandards innerhalb der Lieferkette Geldbußen verhängt werden können. Die konkrete Höhe der Strafen müssen die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Richtlinie, die bis 2026 erfolgen soll, selbst festlegen. Allerdings darf das Höchstmaß der Geldbußen nicht unter fünf Prozent des weltweiten Jahresumsatzes des betroffenen Unternehmens liegen.

Die Richtlinie soll spätestens nach fünf Jahren, für alle Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und einem jährlichen Nettoumsatz von über 450 Millionen Euro gelten. Einige größere Unternehmen sind bereits ab 2027 betroffen. Für ausländische Unternehmen ist hingegen keine Mindestanzahl an Beschäftigten erforderlich. Dadurch würde auch ein LNG-Lieferant wie Qatar Energy, der in der deutschen Gasversorgung künftig eine zentrale Rolle spielen soll, unter die Regelung fallen.

Katar sollte ab 2026 jährlich zwei Millionen Tonnen liefern

In Doha ist man auf das Gesetzesvorhaben mittlerweile aufmerksam geworden – und reichlich irritiert. Katars Energieminister Saad Sherida al-Kaabi, der gleichzeitig auch CEO von Qatar Energy ist, erklärte gegenüber der „Financial Times“, er sei unter den gegebenen Bedingungen nicht zur Lieferung bereit.

Gegenüber der Publikation sagte er: „Wenn ich fünf Prozent meiner Einkünfte verliere, indem ich Europa beliefere, dann werde ich Europa nicht beliefern. Ich bluffe nicht.“

Die Gesetzgebung der Staatengemeinschaft mache es für Unternehmen wie seinem unmöglich, dort zu arbeiten. Nach Beginn des Ukrainekrieges 2022 hatten unter anderem Deutschland, Frankreich, Italien und die Niederlande langfristige Lieferverträge mit Katar abgeschlossen.

Der zwischen al-Kaabi und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck im Jahr 2022 abgeschlossene Deal würde eine Lieferung von jährlich zwei Millionen Tonnen LNG ab 2026 vorsehen. Die Lieferungen könnten bereits 2025 starten. Insgesamt hatte Deutschland im Jahr 2023 etwa 6,9 Millionen Tonnen LNG importiert.

Derzeit trägt LNG erst zu sieben Prozent zur deutschen Gasversorgung bei. Es ist davon auszugehen, dass der Bedarf deutlich steigen wird, in den kommenden Jahren ist die Errichtung mehrerer weiterer Terminals geplant. EU-weit entfallen derzeit etwa 13 Prozent aller LNG-Importe auf Qatar Energy.

LNG für den Spotmarkt könnte nach Asien gehen

In den Golfemiraten rufen die europäischen Bemühungen zum Klimaschutz um jeden Preis Kopfschütteln hervor. Energieexperte Mamdouh Salameh äußerte gegenüber der in Abu Dhabi erscheinenden Publikation „The National“:

„Die EU ist wild entschlossen, ihrer Wirtschaft zu schaden, weil sie militant an den Klimazielen festhält. Das wird ein echter Schlag für die Energieversorgung der EU sein – vor allem, weil die Lieferungen aus den USA 2025 aufgrund der steigenden Inlandsnachfrage und der sinkenden Gasproduktion rückläufig sein werden.“

Ruchdi Maalouf, Mitglied eines unabhängigen internationalen Schiedsgerichts und früherer LNG-Manager, erklärt gegenüber derselben Publikation, Katar werde Verschiffungen in die EU nicht verbieten.

Allerdings, so Maalouf: „Katar kann die Entscheidung treffen, Lieferungen für den Spotmarkt nach Asien statt nach Europa zu leiten, was ebenfalls Auswirkungen auf die dortigen Gaspreise hätte.“

Insgesamt müsste die EU dann mit noch höheren Gaspreisen rechnen. Gleichzeitig hindere die Entwicklung die Europäer an der Diversifizierung ihrer Bezugsquellen.

Auch die USA könnten ihre Lieferpraxis überdenken

Die Annahme, die USA wären bereit, mehr LNG an die EU zu liefern, um Ausfälle infolge der Nachhaltigkeitssorgfalts-Richtlinie zu kompensieren, erscheint jedoch als wenig lebensnah. Bereits in der Ära Biden hatte es dort Tendenzen gegeben, LNG-Exporte einzuschränken, um die Energiepreise im eigenen Land niedrig zu halten.

Im Fall von Donald Trump ist es umso weniger zu erwarten, dass die USA auf allzu kapriziöse Ansprüche der Europäer in der Wahl ihrer Lieferpartner Rücksicht nehmen werden. Immerhin drohen auch US-Unternehmen nach der Richtlinie Nachteile – etwa aufgrund der CO₂-Vorgaben oder, weil Teile des Fracking-Equipments aus Übersee stammen.

Es ist auch nicht damit zu rechnen, dass zusätzliche Lieferungen aus den USA mit einem Mengenrabatt verbunden wären. Bereits jetzt beträgt der Preis für LNG aus den Vereinigten Staaten das Doppelte bis Dreifache von russischem Pipelinegas. Donald Trump hatte zuletzt auch mehr Öl- und Gaskäufe vonseiten der Europäer gefordert. Allerdings geschah dies im Kontext der Forderung, das Handelsbilanzdefizit der EU gegenüber den USA einzuschränken. Dieses war von 13 Milliarden Euro im August 2023 auf 15,3 Milliarden im Vergleichsmonat 2024 gestiegen.

Aller antirussischen Rhetorik zum Trotz hat die EU dem Datenanalysedienst Kpler zufolge bis Mitte Dezember 2024 sogar 16,5 Millionen Tonnen LNG aus Russland bezogen. Gegenüber 2023 war das sogar ein Plus von mehr als 1,3 Millionen Tonnen.



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