Tempolimit 120 noch in diesem Jahr? Verbände-Bündnis mit hohen Forderungen vor Autogipfel
Vor dem Autogipfel bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montagabend hat ein Verbände-Bündnis ein Tempolimit auf Deutschlands Straßen noch in diesem Jahr gefordert – auf Autobahnen, in Innenstädten und auf Landstraßen. Damit könnten Millionen von Tonnen CO2 eingespart und Menschenleben gerettet werden, erklärte das Bündnis. Deutschlands oberster Verbraucherschützer Klaus Müller forderte die Politik auf, nicht nur den Wunschzettel der Autoindustrie entgegenzunehmen, sondern auch Bedingungen zu stellen.
Bundesregierung und Bundestag müssten „jetzt handeln“, forderten die Deutsche Umwelthilfe (DUH), der ökologische Verkehrsclub VCD, Greenpeace, Changing Cities und die Verkehrsunfall-Opferhilfe Deutschland am Freitag in Berlin. Weitere Studien und Arbeitsgruppen seien „weder notwendig noch zielführend“.
Deutsche Umwelthilfe: 5 Millionen Tonnen CO2 einsparen
Mit einem Tempolimit von 120 Kilometern pro Stunde auf Autobahnen und auf Landstraßen könnten jährlich bis zu fünf Millionen Tonnen CO2 eingespart werden, schätzt die DUH. „30 Jahre Diskussion über die Sinnhaftigkeit eines Tempolimits sind genug. Wir brauchen ein Ende des Schaufahrens gegen den Klimaschutz“, sagte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. Deutschland sei das einzige Industrieland, das die Geschwindigkeit auf Autobahnen nicht begrenzt. Dies sei ein weiterer Beleg für den klimaschädlichen Kurs der Bundesregierung.
Der verkehrspolitische Sprecher des VCD, Gerd Lottsiepen, betonte, ein Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen könne über 100 Menschenleben pro Jahr retten und mehr als 5000 Verletzte verhindern. Zudem bräuchten auch die Autos der Zukunft eine Höchstgeschwindigkeit. „Die Batterien von Elektroautos entleeren sich bei hohen Geschwindigkeiten extrem schnell. Die Sensorik für autonomes Fahren ist bei hohen Geschwindigkeitsunterschieden auf Autobahnen überfordert.“ Die Blockadehaltung der Regierung zum Tempolimit behindere die Entwicklungsabteilungen der Autohersteller und der IT-Unternehmen.
Tempo 30 in der Stadt gefordert
Eine Geschwindigkeitsreduktion in der Stadt auf 30 km/h in der Regel verringere die Unfallzahlen, reduziere Lärm, könne die Luftqualität verbessern und sorge für mehr Lebensqualität, führte Ragnhild Sörensen von der Organisation Changing Cities aus. In den Städten und Dörfern sei eine nicht angepasste Geschwindigkeit eine der Hauptursachen für Unfälle. „Die autogerechte Stadt hat sich inzwischen zu Tode gesiegt und die Zivilgesellschaft fordert eine sofortige Neuausrichtung der Mobilität.“
Beim Autogipfel am Montagabend treffen sich Vorstandschefs und Betriebsratschefs von Autoherstellern mit Merkel und Ministern der Bundesregierung. Es geht laut Vizeregierungssprecherin Martina Fietz darum, wie sich die Autoindustrie in Zukunft aufstellen möchte, und welche Rahmenbedingungen die Politik dafür liefern könne.
Der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller, kritisierte am Freitag, die Politik habe zu lange den Eindruck vermittelt, dass vor allem die Interessen der Autoindustrie zählen, nicht die der Verbraucher. Die Industrie könne nur in eine erfolgreiche Zukunft starten, wenn sie neues Vertrauen schaffe – etwa in die Zuverlässigkeit der Angaben zu Spritverbrauch, Schadstoffemissionen, Zukunftsfähigkeit und Verbraucherfreundlichkeit. (afp)
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