Teil-Impfpflicht – Scholz nimmt Länder in die Verantwortung

Beim Corona-Krisenmanagement kocht Ärger um die längst besiegelte Impfpflicht für sensible Einrichtungen weiter hoch - nun schaltet sich Kanzler Olaf Scholz ein. Immer mehr Alltagsauflagen werden gelockert.
Bundeskanzler Olaf Scholz geht davon aus, dass die Länder, dass Gesetze eingehalten werden.
Bundeskanzler Olaf Scholz geht davon aus, dass die Länder, dass Gesetze eingehalten werden.Foto: Michele Tantussi/Getty Images Europe/dpa
Epoch Times9. Februar 2022

Im Streit um die beschlossene Corona-Impfpflicht fürs Personal in Pflegeheimen und Kliniken nimmt Kanzler Olaf Scholz (SPD) die Länder in die Verantwortung.

„Wir gehen davon aus, dass Gesetze eingehalten werden“, sagte er nach Angaben des stellvertretenden Regierungssprechers Wolfgang Büchner in Berlin. Dies sei „einer der Vorzüge des deutschen Rechtssystems“. Spitzenpolitiker von SPD und FDP attackierten scharf die Union, die ein Aussetzen der ab Mitte März greifenden Pflicht wegen befürchteter praktischer Probleme verlangt. Auch Gewerkschaften meldeten Bedenken an. Vor der nächsten Bund-Länder-Runde werden in immer mehr Regionen Auflagen gelockert.

Impfpflicht als zusätzlichen Schutz für gefährdete Gruppen

Die Bundesregierung betonte, die Länder hätten explizit gebeten, die Impfpflicht als zusätzlichen Schutz in Einrichtungen für gefährdete Gruppen einzuführen. Für die Umsetzung seien sie zuständig, sagte Büchner. Der Bund sei gesprächsbereit, um eine „einheitliche und pragmatische Vorgehensweise“ sicherzustellen.

Zunächst hatte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) angekündigt, alle Spielräume zu nutzen, um die Umsetzung „vorläufig“ auszusetzen. CDU-Chef Friedrich Merz bekräftigte, der Bund lasse Einrichtungen und Betroffene mit den Folgen der Impfpflicht „völlig allein“. Daher habe die CDU eine Aussetzung vorgeschlagen, bis Fragen dazu geklärt seien.

Das schon im Dezember – auch mit Zustimmung der Union – von Bundestag und Bundesrat beschlossene Gesetz sieht vor, dass Beschäftigte in Pflegeheimen und Kliniken bis 15. März Nachweise als Geimpfte oder Genesene vorlegen müssen – oder ein Attest, nicht geimpft werden zu können. Arbeitgeber müssen die Gesundheitsämter informieren, wenn das nicht geschieht. Diese können die Beschäftigung dort dann untersagen.

DGB hat Bedenken gegen Teil-Impfpflicht

Das Bundesgesundheitsministerium erläuterte, den Gesundheitsämtern werde ausdrücklich ein gewisser Ermessensspielraum gelassen. Dabei gehe es um individuelle Klärungen je nach Lage in der Einrichtung etwa zu Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auch an anderen Stellen. Dies könne der Bund nicht pauschal klären. Das Sozialministerium erläuterte, dass arbeitsrechtliche Fragen, die sich an mögliche Verbote zum Betreten von Einrichtungen anschließen, meist individuelles Recht im Einzelfall darstellten. So könne etwa zu prüfen sein, ob Beschäftigte schuldhaft gehandelt haben.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) machte Bedenken gegen die Teil-Impfpflicht deutlich. Es könne nicht sein, dass Einrichtungen und Arbeitgeber quasi „Erfüllungsgehilfe des Gesetzgebers“ würden und damit betriebliche Konflikte und arbeitsrechtliche Konsequenzen zu Lasten der Beschäftigten entstünden, sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann. Er sprach sich für 3G-Regeln aus – also Zugang für Geimpfte, Genesene und Getestete. Auch damit sei davon auszugehen, dass die Sicherheit für die Patienten und für die Beschäftigten gewährleistet werde.

Klingbeil wirft Union „Wirrwarrkurs“ vor

SPD-Chef Lars Klingbeil warf der Union einen „Wirrwarrkurs“ vor. „Merz und Söder treten eher auf wie die pubertierenden Jungs auf dem Schulhof, die jede Rauferei suchen“, sagte er im TV-Sender „Bild“. FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf die vorherige Zustimmung der Union: „Es ist ungeheuerlich, wie CDU und CSU durch die Pandemie irren.“ Merz betonte, man spreche seit Dezember genau die Punkte an, „die jetzt von der Bundesregierung bis heute nicht beantwortet worden sind“.

Vor erneuten Corona-Beratungen von Scholz und den Ministerpräsidenten kommender Woche zeichnen sich immer mehr Lockerungen bei Auflagen ab. Wie andere Länder will Rheinland-Pfalz auf Zugang nur für Geimpfte und Genesene (2G) im Handel verzichten. Regierungschefin Malu Dreyer (SPD) will sich für einen einheitlichen Beschluss einsetzen. „Klar ist, dass 2G im Handel auf jeden Fall fallen wird.“ Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Hendrik Wüst (CDU) aus Nordrhein-Westfalen, sagte der dpa, es solle gemeinsam ein schrittweiser Plan für mehr Perspektiven beraten werden, „der die Öffnungen verantwortungsvoll mit einem Basisschutz absichert“. Das heiße: „Maske tragen und Abstand halten, da, wo es nötig ist.“

Das Bundesgesundheitsministerium bekräftigte, dass es „noch zu früh zum Lockern“ sei. Die Welle mit der Corona-Variante Omikron sei noch nicht am Scheitelpunkt angekommen, sagte ein Sprecher. Eine aktuelle Überlastung der Krankenhäuser sei nicht zu sehen – allerdings nur, wenn die Maßnahmen beibehalten würden. AfD-Fraktionschefin Alice Weidel warf den Ländern eine „Verzögerungstaktik“ mit scheibchenweisen Aufhebungen vor. „Ob 2G oder 3G, mit oder ohne Test – sämtliche Corona-Regeln, Maßnahmen und Freiheitseinschränkungen müssen unverzüglich, vollständig und flächendeckend aufgehoben und den Bürgern die Eigenverantwortung für den Gesundheitsschutz zurückgegeben werden.“ (dpa/red)



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