Tausende „Querdenker“ in Berlin: Teilnehmer demonstrieren für Frieden und Grundrechte

Mit Aufzug, Großkundgebung und mehrtägigem Camp versammelt sich die Bürgerbewegung Querdenken unter dem Motto „Einigkeit und Recht und Freiheit: Frieden, Freiheit, Aufarbeitung und Veränderung“ in Berlin. Epoch Times sprach mit Teilnehmern, Organisatoren und Gegenprotestlern, was sie veranlasste, nach Berlin zu kommen.
Titelbild
Querdenken-Kundgebung am 3. August 2024 in Berlin.Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times
Von 4. August 2024

Bei sonnigem Wetter trafen sich am 3. August nach Polizeiangaben rund 12.000 Menschen zur Querdenken-Demo aus ganz Deutschland in Berlin. Zunächst zogen sie mit zahlreichen Lautsprecherwagen und Transparenten durch das Stadtzentrum. Dabei stand das Thema Freiheit und Frieden im Vordergrund; in Gesprächen wurde mehrfach der Krieg in der Ukraine angesprochen.

Für Michael Ballweg, Hauptinitiator der Querdenken-Veranstaltungen, ist das Kernanliegen dasselbe wie im Jahr 2020: das Thema Grundrechte. Hinzu kämen die Themen Frieden, Aufarbeitung und Veränderung.

Michael Ballweg (rechts) auf der Querdenken-Kundgebung am 3. August 2024 in Berlin. Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times

Zu dem Querdenken-Camp haben sich laut Ballweg 40 Stände angemeldet, um dort ihre Veränderungsangebote vorzustellen. Dabei ging es beispielsweise um neue Geldsysteme, freie Schulen, neue Technologien oder Gesundheitskonzepte. „Das ist dieser Debattenraum, den wir bieten“, schildert Ballweg. Da sei immer Raum, Dinge auszusprechen, sich zu vereinen und die Dinge umzusetzen.

Querdenken sei immer eine gute „Vernetzungstankstelle“ zwischen Menschen gewesen, so Ballweg.

Zur Finanzierung erklärte er, dass die Veranstaltung vorfinanziert wurde und man jetzt auf Spenden hoffe. Vor Ort gab es eine große Bühne, Lautsprechertürme und mehrere große Videoleinwände.

Ludwig sieht Bedrohung der Grundrechte

Der Rechtsanwalt und „Querdenker“ Ralf Ludwig erinnerte daran, dass Menschen im Augst 2020 auf die Straße gegangen seien, um für Frieden, Freiheit, Menschenrechte zu demonstrieren. „Und das machen wir heute wieder.“ Er ergänzte: „Wir lassen uns einen übergriffigen Staat nicht gefallen.“

Er vermisst bis heute eine vollständige Aufarbeitung der Corona-Zeit. „Wir sehen jetzt an den geleakten RKI-Files, was tatsächlich passiert ist, dass nämlich die wissenschaftliche Auffassung zu dem, wie man mit einer solchen Gesundheitskrise umgehen müsste, ganz anders war als das, was politisch entschieden wurde.“

Teilnehmer der Querdenken-Bewegung demonstrieren am 3. August 2024 in Berlin. Foto: Axel Schmidt/Getty Images

Was passiere beispielsweise, wenn Bundesinnenministerin Nancy Faeser plötzlich der Auffassung sei, ein weiteres Medium sei ein Presseorgan, das gegen die Völkerverständigung verstoße? Die Bedrohung der Grundrechte ist seit 2020 aus Ludwigs Sicht nicht kleiner geworden.

„Sondern sie steigt eher noch an und dafür müssen wir Menschen auf die Straße gehen und […] für unsere eigene Macht selbst einstehen“, erklärte der Anwalt.

Querdenken erhebt Vorwürfe gegen Polizei und Bezirk

Gegenüber der Berliner Polizeibehörde, die für Versammlung zuständig war, aber auch dem Bezirksamt Mitte erhob Ludwig den Vorwurf, dass es im Vorfeld der Demonstration „wieder verschiedene Versuche der Versammlungsbehörde“ gegeben habe, die Demonstration zu verkleinern und zu behindern. Das beträfe etwa die Verkaufsstände für die Kundgebung.

„Viele haben sich beim Bezirksamt rechtzeitig angemeldet. Das Bezirksamt hat sich einfach nicht zurückgemeldet und sich tot gestellt“, schilderte Ludwig.

Unter anderem dagegen zog Querdenken per Eilantrag vor das Berliner Verwaltungsgericht. Das Gericht gab dem Veranstalter in mehreren Punkten recht.

Querdenken-Kundgebung am 3. August 2024 in Berlin. Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times

Politische Parteien mit Ständen vertreten

Auch verschiedene politische Parteien nahmen mit Ständen an der Kundgebung nahe der Siegessäule teil, darunter die Berliner und Brandenburger AfD und die Partei DieBasis, die aus Kritikern der Corona-Maßnahmen entstanden ist.

Der Berliner AfD-Landtagsabgeordnete Ronald Gläser bemängelte die nach wie vor fehlende vollständige Aufarbeitung der Corona-Krise. Daher setze sich die Partei für Untersuchungsausschüsse ein. Außerdem betonte er, dass die AfD mit dazu beigetragen habe, eine allgemeine COVID-Impfpflicht zu verhindern. „Das sind Gemeinsamkeiten, die wir mit allen Kritikern der [Corona-]Maßnahmen haben.“

Ein AfD-Stand während der Querdenken-Veranstaltung am 3. August 2024 in Berlin. Foto: Axel Schmidt/Getty Images

Für Sven Lingreen, Bundesvorsitzender der Partei DieBasis, ist das Hauptthema der Frieden. „Denn ohne Frieden ist alles nichts. Wir sind die einzige außerparlamentarische Partei, die absolut als Friedenspartei agiert und wirklich den Frieden fordert.“

Deswegen richte sich DieBasis auch gegen Waffenlieferungen in die Ukraine und andere Kriegsgebiete. Weltweit müssten Kriege beendet werden, ob nun Russland, Ukraine oder in Gaza und Israel. Dafür trete die Partei ein. „Überall muss das Töten und Morden aufhören“, so Lingreen.

Anhänger der Querdenken-Bewegung demonstrieren am 3. August 2024 in Berlin. Foto: Axel Schmidt/Getty Images

Brandenburger beklagt „engen Meinungskorridor“

Andreas aus Potsdam nahm an der Querdenken-Demo teil, weil er nach langer Zeit wieder „Gemeinschaftsgefühl schnuppern“ wollte. Er ist in der Jugendhilfe tätig.

Allein zu Hause in den „Schützengräben“ irgendwelche Kanäle zu konsumieren und lesen, sei nicht das Gleiche wie mitzulaufen und zu spüren, nicht allein zu sein, schilderte er.

Dennoch bemerkte der 45-Jährige einen großen Unterschied zur Corona-Zeit. Es fehle „diese Aufbruchsstimmung“. Er habe das Gefühl, dass damals mehr Menschen nicht mit der gesellschaftlichen Situation einverstanden waren. Das Gefühl von damals habe er bei der Demo gesucht. „Offensichtlich gibt es doch noch einige 1.000 Menschen, die mit mir da übereinstimmen.“

Der Mann aus Potsdam beklagte zudem, dass der Meinungskorridor eng geworden sei. Das sei nicht plötzlich geschehen, sondern das Produkt einer Entwicklung, die „wahrscheinlich“ schon vor Corona begonnen habe.

„Aber während Corona hat es sich am stärksten gezeigt, dass es sehr einfach ist, uns als Bevölkerung über Angst dazu zu bringen, dass wir glauben, das Richtige zu tun und Dinge erdulden, die wir sonst nicht freiwillig eingegangen wären.“

Daraus habe sich die Vorstellung gebildet, dass es offensichtlich ein Richtig und ein Falsch geben müsse. Das habe man als Gesellschaft in dieser Zeit gelernt. „Wenn du dich nicht richtig verhältst, dann liegst du offensichtlich falsch.“

Die Leute, die sich jetzt „falsch“ fühlen würden, seien zu der Veranstaltung gekommen, so der Brandenburger.

Weit angereiste Teilnehmer

Um an den Querdenken-Veranstaltungen in Berlin teilzunehmen, haben die Menschen teils weite Strecken zurückgelegt. So trafen wir Teilnehmer vom Bodensee, aus Österreich und der Schweiz.

Zu ihnen gehörte Martin Riegger, ein Schweizer Ingenieur und Lehrer. Für den 66-Jährigen ist es unglaublich wichtig, auf die Straße zu gehen. „Denn man unterschätzt immer den Stellenwert der öffentlichen Meinung.“ Sie sei auch für die Politik unglaublich wichtig. „Das darf man nie aus den Augen verlieren.“

In den Berichten würde das „immer heruntergespielt“ und die Teilnehmerzahl nach unten korrigiert. Die Politik jedoch achte darauf und spüre, ob da ein Unmut sei und ob die Anzahl der Menschen steige oder abnehme, die an solchen Demonstrationen teilnehmen.

Man versuche auch, den Teilnehmern Gewalttätigkeiten oder Tendenzen jeglicher Art zu unterstellen. Dem müsse man entgegenwirken, indem man daran teilnehme und friedlich demonstriere. „Das halte ich für ein ganz wichtiges Zeichen“, so der Schweizer.

In der Schweiz habe man zudem beobachtet, dass in Deutschland die Justiz nicht in dem Maße frei und unabhängig ist, wie man es sich wünsche und vorstelle. Damit spielte der Lehrer auf die gerichtliche Auseinandersetzung zwischen den Organisatoren der Querdenken-Demo und der Berliner Polizeibehörde zur Gestaltung der Versammlungen an. Er sprach von einem gewissermaßen schikanösen Verhalten in Bezug darauf, was genehmigt werde und wie stark man sich Dinge erstreiten müsse. Das sei aus dem Blickwinkel der Schweiz schon sehr auffällig.

Querdenken-Kundgebung am 3. August 2024 in Berlin. Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times

Aus Pflichtgefühl gekommen

Ein Mann aus der Prignitz, eine Region im Nordwesten Brandenburgs, erzählte gegenüber Epoch Times, dass er sich „verpflichtet“ gefühlt habe, zu kommen.

„Ich habe das Gefühl, dass unser Land in Richtung Krieg treibt und es viel zu wenig in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, dass tatsächlich so eine Kriegsgefahr besteht.“ In den Medien käme das nicht vor, so der Brandenburger.

Er wolle auf der Straße stehen und ein Zeichen setzen, dass es auch andere Menschen gebe als die, die sich für Krieg in der Ukraine einsetzen würden.

„Wenn man sich anhört, was unser Verteidigungsminister erzählt, dass wir kriegstüchtig werden sollen, dann habe ich das Gefühl, dass man unser Land auf einen Krieg vorbereitet und auch weiter eskalieren möchte.“ Man sei nicht für Friedensverhandlungen bereit und werde nicht aktiv, um Frieden herzustellen.

Querdenken-Kundgebung am 3. August 2024 in Berlin. Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times

Mehrere Gegenproteste entlang der Aufzugstrecke

Am Rande der Strecke gab es sechs kleinere Gegenproteste von verschiedenen Initiativen wie den „Omas gegen Rechts“.

Hier erklärte eine Frau Mitte siebzig, dass sie gekommen sei, weil sie für viele Rechte wie Frieden, Gerechtigkeit und Menschenrechte sei – und gegen Rechts.

„Ich lasse das nicht von Pseudorechten und Menschen mit faschistischen Tendenzen vereinnahmen. Sie [die Teilnehmer] sind wahrscheinlich innerlich sehr verwirrt.“ Es wirke auf sie total „verschwurbelt“, was sie alles erzählen. „Frieden und Freiheit und was da alles kommt, ich habe nie etwas dagegen, es ist nur im falschen Kontext.“

Am Rande des Aufzuges stand Reinhold aus Warendorf. Er erklärt gegenüber Epoch Times, dass die Wahrheit heute nicht mehr [wirklich] die Wahrheit sei. Angefangen habe das mit Corona. Der 65-Jährige vertritt die Botschaft Jesus, darin liege die Wahrheit. Der Glaube und die Liebe seien gut, das könne die Menschen wieder zusammenbringen.

Polizei: Friedliche Versammlung mit 12.000 Teilnehmern

12.000 Teilnehmer sollen es in der Spitze am 3. August gewesen sein, die an der Versammlung teilnahmen, erklärte die Berliner Polizei gegenüber Epoch Times.

„Insgesamt eine friedliche Stimmung“, so Polizeisprecherin Beate Ostertag. Es habe nur vereinzelt freiheitsbeschränkende Maßnahmen im Zusammenhang mit Verstößen gegen das Vereinsgesetz gegeben. „Weil das Compact-Magazin, was ja verboten ist, von einzelnen Personen als Propagandamedium eingesetzt und gezeigt wurde.“

Mit 500 Berliner Polizisten habe man die insgesamt elf in Verbindung mit der Querdenken-Demo stehenden Versammlungen betreut.

Anhänger der Querdenken-Bewegung bei ihrem Marsch am 3. August 2024 in Berlin. Foto: Axel Schmidt/Getty Images



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