Syriens „Familie Ritter“ in Stuttgart? Mindestens 110 Straftaten sollen auf das Familienkonto gehen

In nicht weniger als 110 Fällen strafrechtlich in Erscheinung getreten sein sollen ein Familienvater aus Aleppo und die meisten seiner insgesamt 13 Kinder. Mehrere davon haben Berichten zufolge auch schon Haftstrafen verbüßt. Ein anerkannter Flüchtlingsstatus und mehrere weitere Faktoren verhindern jedoch eine Abschiebung.
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Unter den Straftaten sollen auch Raubüberfälle sein. Symbolbild.Foto: iStock/M-Production
Von 10. September 2024

Eine 2016 aus Aleppo geflohene syrische Familie, die seither in Stuttgart lebt, ist in den Fokus des Medieninteresses geraten. Bereits 110 Straftaten sollen der Vater und die meisten seiner insgesamt 13 Kinder begangen haben. Neun Familienmitglieder weisen Medienberichten zufolge bereits eine Polizeiakte auf. Mehrere davon haben auch bereits Gefängniserfahrung.

Seit einigen Monaten sitzt der 17-jährige Sohn wegen des Verdachts der Beteiligung an einer Messerstecherei mit drei Schwerverletzten im November 2023 in Untersuchungshaft. Er soll zuvor bereits 34-mal innerhalb von nur zweieinhalb Jahren strafrechtlich in Erscheinung getreten sein. Sein Bruder (19) soll ebenfalls involviert gewesen sein und stehe bereits wegen versuchten Totschlags unter Anklage.

Altenpfleger in Stuttgart angedacht

Seit Kurzem soll auch der 21-jährige Bruder, der erst zwei Monate zuvor aus einer dreijährigen Jugendstrafhaft entlassen worden war, erneut wegen des Verdachts zweier Raubdelikte in Untersuchungshaft sitzen. Von zwei jungen Mädchen und zu einem späteren Zeitpunkt auch von einer älteren Frau soll er durch die Bedrohung mit einem Cuttermesser die Herausgabe der Handys gefordert haben.

Die „Bild“ begleitete in den vergangenen Monaten die Familie regelmäßig mit ihrer Berichterstattung – ähnlich wie ein TV-Magazin dies seit 1993 mit der bekannten „Familie Ritter“ aus Köthen vorexerziert hatte. Dabei wurde unter anderem über Pläne eines der Söhne berichtet, eine Ausbildung in der Altenpflege zu beginnen. Dieser soll Reue bezüglich seines bisherigen Lebensstiles gezeigt und Umkehrwillen signalisiert haben.

Nun fordert das Blatt die Abschiebung der Familie. Dass ein solcher Schritt in Zeiten der von der Ampel verkündeten „Migrationswende“ kein Tabu mehr sein solle, hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser schon im August des Vorjahres angekündigt.

Faeser kündigte im Vorjahr Vorgehen gegen Familien mit Kriminalitätsbezug an

Die Ministerin hatte damals von Angehörigen von Familienverbänden gesprochen, die mit organisierter Kriminalität in Verbindung gebracht werden. Diese solle man leichter abschieben können – selbst solche, die selbst nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten seien.

Eine ähnliche Regelung gebe es auch für die Angehörigen von Terroristen. Angehörige von Großfamilien, die mit organisierter Kriminalität in Verbindung gebracht würden, wären demnach sogenannten Gefährdern gleichgestellt. Im konkreten Fall der Familie aus Aleppo wäre zwar kein Bezug zur organisierten Kriminalität erkennbar. Dennoch sollen nur die Mutter und eine 19-jährige Tochter noch unbescholten sein.

Nach Kritik am Vorstoß Faesers und Vorwürfen der „Sippenhaftung“ relativierte ein Sprecher des Ministeriums diesen. Eine bloße Familienzugehörigkeit könne auf keinen Fall für eine Abschiebung ausreichen. Eine solche müsse weiterhin „einen klaren Bezug zu kriminellen Aktivitäten“ voraussetzen. Eine Ausweisung solle möglich sein, wenn „Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass jemand Teil einer kriminellen Vereinigung war oder ist“. Die Familienzugehörigkeit allein stelle jedoch noch keine kriminelle Aktivität dar.

Als Gegner von Assad vor Abschiebung geschützt?

Im Fall der Familie stehen jedoch neben dem Vorhandensein von Familienangehörigen ohne strafgerichtliche Verurteilungen auch noch weitere Aspekte einer Abschiebung entgegen. Strittig könnte sein, ob deren Angehörigen nach einer Rückführung nach Syrien Folter, Tod oder unmenschliche Behandlung drohen.

Der Vater lässt erkennen, dass die Angehörigen seiner Familie aus politischen Gründen aus Aleppo geflohen seien. Sie sollen Gegner von Machthaber Baschar al-Assad sein, der die nordsyrische Stadt mit russischer Hilfe im Dezember 2016 zurückerobert hatte. Er gab im Kontext der Messerstecherei vom November 2023 an, dass eine seiner Töchter deshalb in Stuttgart von drei Männern geschlagen worden sei. Daraufhin erst hätten seine Söhne interveniert – und nicht zugestochen. Die Polizei stellt den Vorfall anders dar.

Nach Aleppo wäre eine Abschiebung deshalb wahrscheinlich nicht möglich. Zudem gibt es auch für eine Abschiebung anderer syrischer Staatsangehöriger ein entscheidendes Hindernis: Die Regierung Assad ist von Deutschland nicht mehr anerkannt, es gibt daher keine diplomatische Zusammenarbeit und kein Rücknahmeabkommen.

Ordnungsbürgermeister von Stuttgart sieht kaum Spielräume für Abschiebung

Denkbar wäre allenfalls eine Verbringung in eine jener Regionen, die nicht unter der Kontrolle Assads stehen. Im konkreten Fall wäre an die Provinz Idlib zu denken, die von protürkischen Rebellen verwaltet wird. Allerdings gibt es auch diesbezüglich kein Abkommen.

Der SWR weist jedoch darauf hin, dass ein Gerichtsurteil des Oberverwaltungsgerichts in Münster jüngst die Klage eines Syrers auf subsidiären Schutz abgewiesen habe. Der Asylsuchende sei dem Gericht zufolge in Syrien zurzeit keiner pauschalen Gefahr durch einen Bürgerkrieg mehr ausgesetzt. Stuttgarts Ordnungsbürgermeister Clemens Maier (Freie Wähler) erklärt, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) prüfe aufgrund von Meldungen über Straffälligkeit bei Geflüchteten, ob die Flüchtlingseigenschaft infrage stehe. Die Hürden für eine Abschiebung seien jedoch „sehr, sehr hoch“.

Der Vater der syrischen Familie wirft unterdessen dem Jugendamt vor, die Schwierigkeiten, die einige seiner Kinder hätten, erst herbeigeführt zu haben. Alle Söhne, die später Gefängniserfahrung gemacht hätten, seien in Heimen untergebracht gewesen. Dort habe man ihnen den Besitz von Handys untersagt, aber das Rauchen von Marihuana ermöglicht.

Allerdings spricht die Polizeiakte nicht für ein harmonisches Elternhaus. Der Vater allein weist Berichten zufolge zwölf Verurteilungen auf – wegen Gewaltdelikten und Bedrohungen. Einige davon hätten sich gegen eine der Töchter gerichtet, die eine von ihm nicht gebilligt Beziehung geführt habe.



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