Fahnen und Autokorso: Syrer in Deutschland feiern Sturz von Assad
Nach dem Sturz des Assad-Regimes in Syrien sind am Sonntag zahlreiche Menschen in Deutschland auf die Straße gegangen, um den Machtwechsel zu feiern.
In Berlin kam es unter anderem in Neukölln und Kreuzberg zu spontanen Versammlungen. Bereits am Samstagabend war ein Autokorso mit jubelnden Menschen durch Berlin-Neukölln gefahren. Kundgebungen innerhalb der Exil-Gemeinde gab es zudem in mehreren weiteren Städten.
RAW: Many in the Syrian diaspora are celebrating what appears to be the end of the Assad government’s reign in Syria. In Berlin’s Neukölln district, people came out chanting „Freedom Forever“ as the streets filled with the sound of honking cars: pic.twitter.com/SfkIdGI3Ok
— DW News (@dwnews) December 8, 2024
Nach Polizeiangaben feierte am Sonntag rund 5.000 Menschen den Sturz von Baschar al-Assad. Sie versammelten sich zu einer Demonstration in Kreuzberg. Die Versammlung verlief nach Polizeiangaben bis auf wiederholtes Zünden von Pyrotechnik zunächst friedlich.
Weitere Feiern in NRW, Koblenz, Bayern
Auch in Nordrhein-Westfalen gingen in mehreren Städten tausende Menschen auf die Straße. In Essen versammelten sich nach Polizeiangaben rund 11.000 Menschen, um den Umsturz in Syrien zu feiern. In Hamm kamen nach Aussage eines Polizeisprechers rund 600 Menschen zu einer Kundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz zusammen. Viele schwenkten demnach syrische Fahnen. Die Versammlung blieb friedlich
In Koblenz in Rheinland-Pfalz trafen sich mehrere hundert Syrerinnen und Syrer zu einem Autokorso. Nach Polizeiangaben nahmen an dem Korso durch die Koblenzer Innenstadt mehr als 300 Fahrzeuge teil.
Auch in Bayern feierten Menschen mancherorts auf der Straße. In Aschaffenburg zogen kamen nach Angaben des Polizeipräsidiums Unterfranken rund 850 durch die Innenstadt. In Schweinfurt versammelten sich rund 500 Personen.
Warnung vor Übermut
Politiker warnen unterdessen allerdings vor zu viel Euphorie. So warnte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Nils Schmid, vor zu hohen Erwartungen nach dem Umsturz in Syrien: „Baschar al-Assad ist der Schlächter seines eigenen Volkes. Es ist gut, dass er nichts mehr zu melden hat. Entgegen manchen Fehlannahmen war er nie in der Lage, Stabilität in das vom Bürgerkrieg zerrüttete Land zu bringen.“
Unter ihm sei der Staat „zu einer Räuber- und Mörderbande“ verkommen; selbst der vermeintliche Stabilitätsanker der Armee sei zerfallen, sagte Schmid der „Welt“.
Dort gab er zu bedenken: „Vor übertriebenen Hoffnungen auf Frieden und Demokratie ist zu warnen; es droht vielmehr eine lang andauernde Phase der Ungewissheit und weiterer militärischer Auseinandersetzungen um Gebiete und Hoheitsgewalt.“
Oberstes Ziel der internationalen Gemeinschaft müsse nun die „Wiederherstellung eines Mindestmaßes an Staatlichkeit in Syrien“ sein. Dafür seien Gespräche mit allen Beteiligten inklusive Hajat Tahrir al-Scham notwendig, die von den Vereinten Nationen geführten politischen Gespräche seien der „geeignete Rahmen“ dafür.
Nur so könne der Wiederaufbau des Landes gelingen. Schmid: „Unabdingbar dafür ist ein innersyrischer Versöhnungsprozess, erste zivilgesellschaftliche Initiativen dazu gibt es. Die Freilassung aller politischen Gefangenen und die Aufklärung des Schicksals von vielen Tausend Verschwundenen sind dafür wichtige Voraussetzungen.“
CDU: Thom warnt vor neuer Flüchtlingswelle
Der Unionsinnenexperte Alexander Throm warnt derweil vor einer neuen Flüchtlingswelle.
„Deshalb sind gerade jetzt Zurückweisungen an der Grenze besonders dringend“, sagte der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Der CDU-Politiker sieht zudem die Möglichkeit, dass syrische Flüchtlinge nun in ihre Heimat zurückkehren könnten.
Es müsse geprüft werden, „ab wann auch wieder freiwilliges Rückkehren verstärkt möglich ist und ob der Schutzgrund für viele Syrer nicht entfällt“, sagte Throm. „Selbstverständlich muss es Ziel bleiben, auch dann wieder nach Syrien oder in einzelne Regionen abzuschieben.“
AfD: Keuter rechnet mit politischer Instabilität
Der stellvertretende AfD-Fraktionschef Stefan Keuter rechnet mit großer politischer Instabilität infolge der jüngsten Entwicklungen.
„Der Umsturz in Syrien wird die Region weiter destabilisieren und Verwerfungen auslösen, deren Dimension noch nicht absehbar ist“, sagte er der „Welt“.
Hajat Tahrir al-Scham sei ein im Kern islamistisches Bündnis, dem sich auch dschihadistische und terroristische Gruppen angeschlossen hätten. „Vor allem für die zahlreichen in Syrien noch lebendigen christlichen Gemeinschaften dürften jetzt sehr schwere Zeiten anbrechen.“
Mit Blick auf Deutschlands Rolle sagte Keuter, „verantwortungsvolle Politik“ müsse „mit jedem Machthaber das Gespräch suchen, auch mit den neuen Machthabern in Syrien. Eine Verweigerungshaltung wie gegenüber Afghanistan, wo noch immer keine deutsche diplomatische Vertretung wiedereröffnet wurde, schadet deutschen Interessen.“ (dts/red)
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