Süddeutsche Ministerpräsidenten: „Corona bleibt“ – einschränkende Maßnahmen bis zur Impfung

„Leichtsinn wäre ein schlechter Ratgeber in dieser Situation“, betonte CSU-Chef Markus Söder und setzt weiterhin auf Sicherheit. Eine Impfung hingegen könnte Abhilfe schaffen.
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Bayerns Ministerpräsident Markus Söder.Foto: MARKUS SCHREIBER/POOL/AFP via Getty Images
Epoch Times24. April 2020

Vor schnellen Corona-Lockerungen haben die Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg und Bayern, Winfried Kretschmann und Markus Söder, bei einem gemeinsamen Treffen am 24. April gewarnt. Zum Schutz der Allgemeinheit vor Ansteckungen seien jegliche Lockerungen nur mit strengen Sicherheitsauflagen möglich.

Er halte den „anschwellenden Chor der Öffnung“ für wenig durchdacht, sagte Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann in Ulm. Söder betonte, dass sich die beiden Bundesländer in Süddeutschland mit Kanzlerin Angela Merkel bei dem Thema in einer „Gemeinschaft der Umsichtigen“ sehen.

Corona bleibt

„Wir glauben fest daran, dass Corona bleibt; und weil Corona bleibt, gibt es keinen Grund, einfach jetzt leichtsinnig zu werden. Leichtsinn wäre ein schlechter Ratgeber in dieser Situation“, betonte der CSU-Chef und gab damit der Bundeskanzlerin recht. Diese hatte in ihrer Regierungserklärung am Donnerstagmorgen das Vorgehen einiger Ministerpräsidenten als „zu forsch“ kritisiert.

Söder warnte vor der Gefahr „immenser Schäden“ bei einer vorschnellen Lockerung der Beschränkungen in der Coronakrise. In diesem Fall bestände das Risiko einer unkontrollierten Ausbreitung der Pandemie. Mit Blick auf die „dramatischen Zustände“ in den USA sei es „ein schwerer Fehler, den nun bestehenden ‚Vorsprung‘ zu verspielen“.

Bayern und Baden-Württemberg wiesen Kritik an den unterschiedlichen Maßnahmen mehrerer Bundesländer in der Coronakrise zurück. „Nicht jede Maßnahme muss die gleiche sein, aber die Maßstäbe müssen die gleichen sein“, sagte Söder.

Mit Blick auf Österreich nahm er Bezug auf die dortige Situation. Das Nachbarland werde die Gastronomie frühestens Mitte Mai öffnen, und zwar unter strengen Auflagen. „Wenn man überlegt, dass wir in der Regel zwei Wochen hinter Österreich sind, dann kann man die Zeitachse relativ klar bemessen: Das wäre Ende Mai oder Anfang Juni, je nachdem, wie die Zahlen sind“, betonte der bayerische Ministerpräsident.

Einig waren sich Söder und Kretschmann in dem Punkt, dass das Leben in der Pandemie so lange Einschränkungen unterliegen müsse, bis es einen Impfstoff gebe. Söder betonte dabei, dass er „perspektivisch einer Impfpflicht“ sehr offen gegenüberstehe.

Herdenimmunität durch Infektion oder Impfung

Zu der von Söder mit einer Impfung angestrebten Herdenimmunität äußerte sich Lars Schaade, Vize-Direktor des Robert Koch-Instituts in einer Pressekonferenz am 24. April.

Er sagte: „Ob man immun ist, weil man die Infektion durchgemacht hat oder weil man eine Impfung bekommen hat, das spielt eigentlich keine Rolle“. Die Herdenimmunität, die erreicht werden müsse, um eine Virusverbreitung einzugrenzen, hänge von der Reproduktionszahl ab. Das wären 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung. „Wenn die geimpft sind, kann man davon ausgehen, dass eine Herdenimmunität eintritt.“ Das wäre das „Mindestziel“, das erreicht werden sollte.

Schaade ergänzt: „Ob man das durch eine Impfpflicht erreicht oder durch eine Empfehlung, das ist eine Frage, die ich zur Zeit nicht beantworten kann.“ Das sei auch eine „politische Frage“. Der RKI-Vize gehe derzeit davon aus, dass es bei Vorhandensein eines „sicheren und wirksamen“ Impfstoffes keine Akzeptanzprobleme geben werde. Mit einer Empfehlung könne dann der Schwellenwert schnell erreicht werden. „Sollte das nicht der Fall sein, kann man natürlich immer noch über eine Impfpflicht nachdenken.“

Aktuelle Zahlen des RKI

Nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts (RKI) hätten in Deutschland rund 106.800 Menschen die Infektion überstanden, berichtete Schaade weiter. Das RKI schätzt die Reproduktionszahl weiterhin auf 0,9. Das bedeutet, dass im Durchschnitt fast jeder mit Sars-CoV-2 Infizierte einen weiteren Menschen ansteckt und die Zahl der Neuerkrankungen leicht zurückgeht. Wichtig sei nun, dass dieser Wert auch auf diesem Niveau bleibe, betonte Schaade.

In Deutschland sind bis Freitagvormittag 150.383 Corona-Infektionen registriert worden. Das waren 2.337 mehr als am Vortag. 5.321 mit dem Erreger SARS-CoV-2 Infizierte sind nach RKI-Angaben bislang bundesweit gestorben. Zu berücksichtigen ist, dass das Ausbruchsgeschehen regional unterschiedlich stark ist. So gibt es in Bayern 305 COVID-19-Fälle auf 100.000 Einwohner, in Baden-Württemberg 269, hingegen in Mecklenburg-Vorpommern lediglich 41 (Stand 24.4., 0:00 Uhr).

[Anmerkung der Red.: Nicht jeder, der infiziert ist, erkrankt am Virus. 80 Prozent aller Corona-Infektionen verlaufen mild. Nach Auskunft des Robert Koch-Instituts werden alle Todesfälle von Patienten, bei denen eine Corona-Infektion nachgewiesen wurde, als Corona-Tote gewertet. Vorerkrankungen werden nicht berücksichtigt. Bei der Influenza ist das anders.] (dpa/afp/reuters/sua)



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