Stuttgarter Erklärung: 12-Punkte-Plan zur Flüchtlingspolitik

Ein 12-Punkte-Plan soll den Gemeinden und Städten helfen, die Probleme mit dem Zustrom an Migranten und Asylbewerbern bewältigen zu können. Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer zeigt sich begeistert.
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Flüchtlinge auf dem Gelände einer Aufnahmeeinrichtung in Baden-Württemberg.Foto: Uwe Anspach/dpa
Von 9. März 2023

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Die kommunalen Landesverbände in Baden-Württemberg haben am Dienstag, 7. März, unter dem Titel „Stuttgarter Erklärung für eine realitätsbezogene Flüchtlingspolitik“ einen 12-Punkte-Plan zur Bewältigung der legalen Migration und der seit 2015 andauernden hohen illegalen Migration nach Deutschland verfasst.

Begründet wird der Plan damit, dass man „In Zeiten eines ohnehin akuten Wohnraummangels, Tausender fehlender Kitaplätze und eines ausgelasteten Bildungssystems“ als Bundesland mehr Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen habe als ganz Frankreich.

„Gemeinsam mit einem hohen Engagement der Bevölkerung ist vor Ort eine Unterbringung, Versorgung und beginnende Integration noch gelungen.“ Man sehe es allerdings als seine Pflicht, der übergeordneten Politik eine realistische Einschätzung der Lage zu geben, heißt es in dem Papier.

Ohne Bleibeperspektive keine Verteilung auf die Bundesländer

Hier sind die wichtigsten Inhalte des Planes zusammengefasst.

1. Europaweit gleichmäßige Verteilung: Deutschland hat im Jahr 2022 überdurchschnittlich viele Menschen aufgenommen. Eine gleichmäßige Verteilung in der EU muss sichergestellt werden.

2. Harmonisierung der Integrations- und Sozialleistungen innerhalb der EU: Die anderen EU-Länder müssen vergleichbare Integrations- und Sozialleistungen, gemessen an den jeweils nationalen Lebens- und Sozialstandards den Flüchtlingen gewähren. Sonst wird weiter eine ungleichmäßige Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der EU aufrechtgehalten.

3. Nationale Ankunftszentren zur erkennungsdienstlichen Behandlung und Registrierung: An den deutschen Grenzen fehlt eine wirksame Sicherheitsüberprüfung. Denkbar wäre, dass der Bund nationale Ankunftszentren errichtet, in denen eine lückenlose erkennungsdienstliche Behandlung, eine Registrierung sowie eine Gesundheitsuntersuchung stattfinden sollten. Das würde die Städte und Gemeinden entlasten.

4. BAMF-Antragsstrecken zur schnellen Klärung von Aufenthaltschancen (24-Stunden-Verfahren): Innerhalb nationaler Aufnahmezentren sollte durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge über ein schnelles Prüfverfahren geklärt werden, ob für die Asylsuchenden überhaupt eine Bleibeperspektive besteht.

5. Rückführung der Personen ohne Bleibeperspektive direkt aus den nationalen Ankunftszentren: Eine Rückführung der nicht bleibeberechtigten Menschen sollte direkt aus den Ankunftszentren erfolgen. Dies würde die Rückführung vereinfachen.

6. Ausweitung der bilateralen Rückführungsabkommen mit Herkunftsländern: Mithilfe von Entwicklungsgeldern für Herkunftsstaaten illegaler Migranten könnte die Rückführungsquote erhöht werden. Dadurch gibt es möglicherweise eine Ausweitung bestehender oder zusätzlicher bilateraler Abkommen zu Abschiebungen.

7. Weiterverteilung der Bleibeberechtigten auf die Bundesländer: Eine Weiterverteilung auf die Bundesländer sollte nur für Personen erfolgen, für die eine Bleibeperspektive festgestellt wurde.

8. Verbindliche Integrationsmaßnahmen für erwerbsfähige, aber nicht erwerbstätige Flüchtlinge: Erwerbsfähige Flüchtlinge sollten einer Erwerbstätigkeit nachgehen oder gemeinnützige Arbeiten verrichten. Sollte dies nicht aus eigenem Antrieb geschehen, werden die Flüchtlinge im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht grundsätzlich dazu verpflichtet, einer Tätigkeit im öffentlichen Interesse nachzugehen. Dies sollte mit einem Sprachkurs verbunden werden.

9. Vollständige Kostenerstattung für kommunale Aufwendungen: Auf kommunaler Ebene kommt es zu erheblichen finanziellen und personellen Mehrbelastungen für Unterbringung und Aufnahme, Kita, Schule und allgemeine Integrationsleistung. Es braucht daher eine klare politische Zusage, dass den Gemeinden die entstehenden Kosten vollständig erstattet werden.

10. Mehr Wohnraum, mehr Kitas, mehr Integration: Es muss dringend einen beschleunigten Ausbau an Wohnraum, Kitaplätzen und Schulräumen sowie flächendeckenden Integrationsstrukturen geben. In all diesen Feldern besteht aktuell ein Mangel an Kapazitäten, der sich auch nachteilig auf die einheimische Bevölkerung auswirkt.

11. Durch Standardabbau und Entbürokratisierung Personalnot begegnen: Den Landkreisen, Städten und Gemeinden fehlt es am erforderlichen Personal, um den Flüchtlingsstrom zu bewältigen. In allen Bereichen – von den Ausländerbehörden über die Jugendämter bis zur Verwaltung von Immobilien gebe es einen massiven Fach- und Arbeitskräftemangel. Dies ist ein entscheidender Unterschied zu der Situation 2015/2016. Daher sollten Standards abgesenkt und bürokratische Verfahren konsequent vereinfacht werden.

12. Arbeitsmigration bedarfsgerecht weiterentwickeln: Neben einer unvermeidlichen Priorisierung der öffentlichen Aufgaben und einer konsequenten Digitalisierung ist auch eine gezielte Zuwanderung qualifizierter Menschen nach Deutschland dringend erforderlich, um dem Fach- und Arbeitskräftemangel zu begegnen.

Tübingens Oberbürgermeister begeistert vom 12-Punkte-Plan

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer kommentiert in den sozialen Netzwerken den 12-Punkte-Plan mit den Worten: „Hervorragendes Papier der kommunalen Spitzenverbände in Baden-Württemberg.“

Die irreguläre Migration überfordere uns zunehmend. Daher müsse es endlich gelingen, diejenigen von der Nutzung dieser begrenzten Ressourcen fernzuhalten, die gar keinen Anspruch darauf hätten, so Palmer.

In den Augen des Stadtoberhauptes sei das sogar ein Mehr an Humanität, weil man mehr Menschen helfen könne, „die unsere Hilfe wirklich brauchen“.

Insgesamt wurden im Jahr 2022 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 244.132 Asylanträge gestellt, was eine Steigerung von 27,9 Prozent zum Vorjahr bedeutet.

Bis zum Jahresende 2022 sind in Deutschland außerdem 1.045.185 Flüchtlinge aus der Ukraine, überwiegend Frauen und Kinder, im Ausländerzentralregister erfasst.

In Europa wurden im vergangenen Jahr 966.000 Asylanträge registriert. Zudem sind ca. 4 Millionen Menschen aus der Ukraine in der EU als Kriegsflüchtlinge registriert.



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