Neun Monate im Gefängnis
Stuttgart: Staatsanwaltschaft will Nein zu Ballweg-Prozess nicht akzeptieren
Das Landgericht Stuttgart will auf eine Anklage gegen den Querdenken-Gründer Michael Ballweg wegen Geldwäsche und versuchten Betrugs verzichten, weil es keinen hinreichendem Tatverdacht sieht. Das will die Staatsanwaltschaft nicht akzeptieren. Nun muss das OLG entscheiden.

Archivbild: Querdenken-Initiator Michael Ballweg bei einer Demonstration in Neustadt an der Weinstraße.
Foto: privat
Neun Monate lang hatte Michael Ballweg in Untersuchungshaft im Hochsicherheitsgefängnis Stuttgart-Stammheim gesessen – und das womöglich zu Unrecht. Denn ob der Unternehmer und Gründer der Querdenken-Bewegung sich überhaupt etwas zu Schulden hat kommen lassen, steht noch gar nicht fest.
Das Landgericht Stuttgart geht offenbar davon aus, dass zumindest die Tatvorwürfe der Geldwäsche und des versuchten Betrugs vor Gericht wahrscheinlich nicht standhalten können. Deshalb wolle es Ballweg nur wegen vermeintlicher Steuerdelikte den Prozess machen, nicht aber wegen des Tatverdachts der Geldwäsche und des Betrugsversuchs. Das berichten verschiedene Medien.
Staatsanwaltschaft legt Beschwerde ein
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart wolle diese Blamage aber nicht akzeptieren und hat bereits Beschwerde beim Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart gegen die LG-Entscheidung eingelegt: Ballweg müsse auch wegen Geldwäsche und Betrugsversuchs zur Verantwortung gezogen werden.
Wie die „Tagesschau“ berichtet, hätten die monatelangen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ergeben, dass Ballweg etwa eine halbe Million Euro aus Querdenken-Spenden „in die eigene Tasche gesteckt“ haben soll, ohne den Spendern davon etwas mitzuteilen. Einen Teil des solcherart „illegal erworbenen Geldes“ soll Ballweg zudem in bar abgehoben haben, „um die Herkunft des Geldes zu verschleiern“.
Oberlandesgericht am Zug
Nach Angaben des SWR muss nun das OLG Stuttgart entscheiden, „ob eine Verurteilung Ballwegs nach jetzigem Stand eher wahrscheinlich oder eher unwahrscheinlich“ sei. Sollte es zur Einschätzung gelangen, dass Ballweg doch eher schuldig sein könnte, „müsste eine andere Kammer des Landgerichts doch wegen aller Delikte die Hauptverhandlung eröffnen“.
Das Rechtsanwaltsteam Ballwegs um Reinhard Löffler, Dr. Alexander Christ und Ralf Ludwig hatte jegliche Anschuldigungen, die seinem Mandanten von Seiten der Staatsanwaltschaft vorgeworfen worden waren, stets zurückgewiesen. Falls das OLG nun gegen den Standpunkt der Staatsanwaltschaft entscheiden und die Anklage tatsächlich verwerfen sollte, dann sei dies „die größte Blamage der Staatsanwaltschaft seit Jahren“, zitiert der „Nordkurier“ Anwalt Löffler. Der Anklage wegen Steuerhinterziehung sehe er ohnehin „äußerst gelassen entgegen“, da diese „nicht das Hauptziel der Staatsanwaltschaft gewesen“ sei.
„Politisches Verfahren“?
Michael Ballweg war am 4. April 2023 aus der Untersuchungshaft entlassen worden, nachdem das OLG Stuttgart seinen eigenen Haftbefehl vom 14. November 2022 außer Vollzug gesetzt hatte. Ballweg hatte seit seiner Inhaftierung am 29. Juni 2022 auf eine Anklageerhebung oder seine Freilassung gewartet. Insbesondere sein Rechtsanwalt Ralf Ludwig hatte immer wieder betont, dass es sich um ein „politisches Verfahren“ handele: Er vermute, man wolle einen Regierungskritiker kaltstellen, der in der Lage sei, Menschen zu großen Demonstrationen zu mobilisieren.
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