Stuttgart-Pendler zum Diesel-Fahrverbot – Wie komme ich jetzt zur Arbeit?

Mit dem neuen Jahr kommt in Stuttgart auch das Fahrverbot für ältere Diesel-Fahrzeuge. Der Mitarbeiter eines Autohauses erzählt, welche Nachteile das für ihn persönlich mit sich bringt und welche Alternative für ihn am ehesten in Betracht kommt.
Epoch Times31. Dezember 2018

Mit dem neuen Jahr kommt in Stuttgart auch das Fahrverbot für ältere Diesel-Fahrzeuge. Was Oliver Ehrhardt zu spüren bekommen wird – denn der Mitarbeiter eines Autohauses am Rande der baden-württembergischen Landeshauptstadt legt die etwas mehr als zwanzig Kilometer zu seinem Arbeitsplatz bisher in seinem Euro-4-Dieselfahrzeug zurück.

Das wird so ab dem 1. Januar nicht mehr möglich sein. „Das bedeutet für mich, dass man jetzt einfach überlegen muss, wie komme ich zur Arbeitsstelle? Also ich kann einen Teil mit dem Auto zurücklegen, muss aber einen Teil dann auch, die restlichen zwei Kilometer mit der Stadtbahn fahren“, so der 48-jährige Bürokaufmann.

Das bedeute für ihn selbst wohl zum einen früheres Aufstehen, zum anderen ziehe diese Art Park-and-ride-Konzept weitere Konsequenzen nach sich, gibt Ehrhardt zu bedenken. „In der Firma habe ich einen Tiefgaragenstellplatz. Nachher muss ich im Wohngebiet parken und nehme da anderen den Parkplatz weg.“

Das Bundesverwaltungsgericht hatte mit Stuttgart und Düsseldorf als Musterfällen im Februar entschieden, dass Fahrverbote für Selbstzünder grundsätzlich möglich sind, aber verhältnismäßig sein müssen. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) prüft weitere Klagen gegen Kommunen wegen Überschreitungen der Konzentration von Stickstoffdioxid aus Dieselmotoren.

Bislang klagt die DUH in über 30 Städten auf Einhaltung der Luftgrenzwerte. Wegen der Klagen ist bereits in Hamburg ein punktuelles Fahrverbot für ältere Diesel-Kfz erlassen worden. In der schwäbischen Autobauer-Metropole wird die Maßnahme zur Schadstoffeindämmung nun implementiert. Sollen Verstöße anfangs noch mit Verwarnungen geahndet werden, wird ab Februar ein Bußgeld von 80 Euro fällig. Den Einwohnern innerhalb der Stadtgrenzen hat der Gesetzgeber noch eine Karenzzeit bis April eingeräumt.

Für Oliver Ehrhardt kommt nach eigenem Bekunden eine Nachrüstung eher in Betracht als ein neues Automobil, da gebe es aber derzeit noch einen großen Haken.

„Umrüstung würde sich schon lohnen, wenn überhaupt vom Hersteller mal etwas angeboten wird. Aber es wird nichts angeboten, das ist das Problem. Momentan hänge ich da einfach ganz in der Luft und das kurz vor dem neuen Jahr, wo das Dieselfahrverbot greift.“ Die deutschen Autobauer sperren sich trotz des Drängens von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer gegen die Hardware-Nachrüstung älterer Diesel-Autos.

Scheuers Ministerium legte am Freitag die technischen Vorschriften für die Nachrüstung fest, mit der Fahrverbote von Fahrzeugen mit „Euro-4″- und Euro-5“-Dieselmotoren vermieden werden sollen. „Jetzt ist die Nachrüstindustrie am Zug, wirksame Systeme zu entwickeln, mit denen alle Grenzwerte und Vorschriften eingehalten werden“, sagte der CSU-Politiker.

Die Autoindustrie will aber keine Gewährleistung für umgerüstete Diesel übernehmen. „Wir können keine Garantie für ein Fahrzeug übernehmen, in das nachträglich Abgasreinigungssysteme Dritter eingebaut wurden“, sagte der Präsident des Verbandes der Deutschen Automobilindustrie (VDA), Bernhard Mattes, der Zeitung „Die Welt“. Verbraucherschützer forderten von den Autobauern ein Ende ihrer Blockadehaltung.

Peter Erben, Sprecher der Bürgerinitiative Neckartor, sieht einen maßgeblichen Teil der Verantwortung der nun wirklich für Fahrzeuge der Euronorm 4 geltenden Verbote bei der Automobilindustrie. Diese habe es versäumt, für den städtischen Raum angemessen reine Autos zu produzieren. Doch auch das konkrete Vorgehen bei der Messung und Eingrenzung von Schadstoffbelastungen in Stuttgart bewertet Erben kritisch.

„Man hat Maßnahmen konzentriert rund um die Messstation gebaut, anstatt das eben in der ganzen Stadt zu machen, weil unter der schlechten Luft eben auch Menschen in der ganzen Stadt leiden. Aber sie haben es konzentriert rund um die Messstation gemacht mit der Begründung, dass man natürlich auch sehen muss, wie Maßnahmen wirken, und die haben in der Tat an der Messstation dazu geführt, dass die Werte runter sind.“

Autohaus-Mitarbeiter Oliver Ehrhardt rechnet damit, dass das Diesel-Fahrverbot auch berufliche Folgen in seinem Umfeld zeitigen könnte. So gebe es Signale, dass wegen der „Sperrzone“ und der damit verbundenen, schlechteren Erreichbarkeit des in einem Randbezirk gelegenen Unternehmens künftig womöglich eine deutliche Anzahl von Kunden ausbleibe.

„Und das wird sicherlich den einen oder anderen Arbeitsplatz von den Mitarbeitern her kosten“, befürchtet Ehrhardt. Für sauberere Luft im urbanen Gebiet habe er Verständnis, so der Pendler. „Ich kann das verstehen, wenn man im Kessel wohnt und da wo wirklich viel Verkehr ist, aber in so einem Randgebiet kann ich es nicht nachvollziehen.“ Und damit erscheine die Maßnahme auch in seinem Fall nicht angemessen oder plausibel.

„So wie das jetzt mich betrifft, kann ich es momentan jetzt nicht ganz nachvollziehen, weil ich momentan ziemlich genau von dem Verbotsschild bis in die Firma 2,2 Kilometer fahre.“

(reuters)



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