Studie: Staat hat 7 Billionen Euro Schulden – Sozialabgaben und Steuern könnten um 10 Prozent steigen
Künftig sei mit einer großen Belastung der künftigen Generationen durch die sozialen Sicherungssysteme zu rechnen – selbst wenn die wirtschaftliche Entwicklung gut sei, lautet das Ergebnis der Studie „Ehrbarer Staat? Die Generationenbilanz“ der Stiftung Marktwirtschaft und des Forschungszentrums Generationenverträge der Universität Freiburg.
Deutlicher Anstieg der Staatsschulden
Nach Berechnungen des Instituts seien Deutschlands Staatsschulden erheblich angestiegen. So sollen die „sichtbaren“ und die „unsichtbaren“ Staatsschulden zusammen 225,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) oder nominal 7,6 Billionen Euro betragen.
Den Löwenanteil machen dabei die nicht sichtbaren Schulden mit 5,6 Billionen Euro aus (164,8 Prozent des BIP). Hierbei handelt es sich um die zu erwartenden Sozialversicherungsansprüche gegenüber dem Staat, wenn der heutige „Status quo“ weiter geführt würde.
Im Vorjahr betrugen die Gesamtschulden noch 4,8 Billionen Euro. In nur einem Jahr kam es also zu einer Steigerung von 80 Prozentpunkten. Der Anstieg sei auf eine Verdoppelung der unsichtbaren Schulden zurückzuführen. Gründe seien neben „Leistungsausweitungen in der gesetzlichen Rentenversicherung“ vor allem „deutlich pessimistischere Steuerschätzungen (…) aufgrund der stagnierenden wirtschaftlichen Entwicklung“.
Großzügige Wahlgeschenke vor allem an die ältere Generation
In der „guten Zeit“ der letzten 10 Jahre mit „stetigem Wachstum, geringer Arbeitslosigkeit und (…) sprudelnden Steuereinnahmen“ habe die Regierung einen großen Fehler gemacht. Nämlich: „zentrale mittel- und langfristige wirtschaftspolitische Herausforderungen ignoriert.“
Die Regierung habe „vor dem Hintergrund scheinbar endlos sprudelnder Staatseinnahmen großzügig Wahlgeschenke vor allem an die ältere Generation verteilt.“ Als besonders „fatal“ betrachten die Gutachter die Zusagen zur „sogenannten doppelte Haltelinie“ neben Reformen der Pflegeversicherung, Mütterrente II und Reformvorschlägen zur „Grundrente ohne echte Bedürftigkeitsprüfung“.
Gedanken über die finanzielle Auswirkungen auf soziale Sicherungssysteme habe man sich dabei jedenfalls nicht gemacht, obwohl dies dringend nötig gewesen wäre. Dann schon bald gehe die „Baby-Boomer Generation“ in Rente. Dann seien die gesetzlichen Sicherungssystem ohnehin in der finanziellen Bredouille.
Verantwortungsvolle Politik eines ehrbaren Staates sieht anders aus
Unverständlich sei es, wie die Bundesregierung auf diese Art eine florierende Volkswirtschaft erreichen oder erhalten wolle, zumal neben diesen Schulden noch überbordende Bürokratie im Steuerrecht und stärkere Kontrolle im Arbeitsmarkt hinzu kämen.
Die Gewinner der aktuellen Politik sind vor allem die älteren Generationen – die Zeche zahlen, wie so häufig, die Jungen. Anstatt die noch vorhandenen fiskalischen Spielräume (…) zu nutzen, wird ein Geschenk nach dem anderen verteilt – verantwortungsvolle Politik eines ehrbaren Staates sieht anders aus“, heißt es im Gutachten.
Der Staat benötige zur Tilgung der künftig fälligen 7,6 Billionen Euro mehr Einnahmen aus Steuer- und Sozialabgaben. Ganze 9,9 Prozent des Einkommens müssten Bürger also künftig an den Staat zusätzlich abführen. Die Alternative wäre: Der Staat bietet geringere staatliche Leistungen im Umfang von 8,4 Prozent an. Das bedeutet: Weniger Rente, weniger Kranken- oder Pflegeleistungen.
Pflegeversicherung: Beiträge würden Zahler erheblich überfordern
Die demographische Entwicklung mache sich vor allem bei der Pflegeversicherung bemerkbar. Sollten die Leistungszusagen wie bisher fortgeführt werden, sei mit erheblich steigenden Beitragssätzen zu rechnen – von aktuell 3,05 Prozent auf mehr als 8 Prozent im Jahr 2060.
Die projizierte Beitragssatzentwicklung würde die Beitragszahler in erheblichem Maße überfordern, heißt es im Gutachten.
Einzige Möglichkeit, steigende Steuer-oder Sozialabgaben zu vermeiden, sei, künftig in Eigenverantwortung vorzusorgen. Dabei raten die Gutachter, eine Karenzzeit beim Übergang einzuführen.
Politiker machen aber das Gegenteil: So gebe es Überlegungen, die Pflegeversicherung in eine „Vollversicherung mit begrenztem Eigenanteil umzuwandeln“. Das würde die Finanzierungslogik ins Kontroverse führen, den Eigenanteil absenken und zu „erheblichen Moral-Hazard-Probleme“ führen. Moral-Hazard meint, dass man Pflegebedürftigen unterstellt, Pflegeleistungen in maximaler Menge zu konsumieren oder zumindest immer das Teuerste zu nehmen. Die Kosten wären unabschätzbar.
Aufforderung: Kostspielige Klientelpolitik aufgeben
Mit „ungeschminkten“ Ergebnissen ermahnen die Gutachter die Bundesregierung, an zukünftige Generationen zu denken.
Die „kostspielige Klientelpolitik zugunsten einzelner – meist älterer – Wählergruppen aufgeben“ (…) sich ernsthaft mit der drohenden Finanzierungslücke befassen und die demographischen Herausforderungen angehen, so lautet die Aufforderung der Gutachter.
(bm)
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