Strompreise steigen ab März – was Verbraucher jetzt wissen sollten
Strom wird in Deutschland wieder teurer. Mit teilweise kräftigen Steigerungen müssen Verbraucher ab März und April 2024 rechnen. Insgesamt sind es 106 Anbieter, die tiefer in die Taschen der Deutschen greifen. Das hat eine Auswertung des Vergleichsportals Verivox ergeben, dessen Ergebnisse unter anderem das Magazin „Focus“ veröffentlicht hat.
Bis zu 15 Prozent mehr Kosten
Für die Berechnung hat Verivox den Jahresverbrauch (4.000 Kilowattstunden) eines Drei-Personen-Haushalts zugrunde gelegt. Im Durchschnitt müssen die Stromkunden 137 Euro pro Jahr mehr bezahlen.
Von den insgesamt aufgeführten 164 Energieversorgern in Deutschland wollen „Focus“ zufolge 87 im März und weitere 19 im April die Preise erhöhen. Nur 19 Anbieter planten Preissenkungen, heißt es in der Verivox-Auswertung.
Kräftig ziehen die Preise bei der EnBW Energie Baden-Württemberg an. Dort erwartet Kunden ab April ein durchschnittlicher Anstieg von 15 Prozent. Der Durchschnittshaushalt zahlt im März noch 1.634 Euro pro Jahr, ab April sind es dann 1.877 Euro. Bei einem Verbrauch von 4.000 Kilowattstunden betragen die Mehrausgaben also 243 Euro jährlich bzw. rund 20 Euro pro Monat.
In Bayern müssen sich die Kunden der Stadtwerke Kelheim GmbH & Co. KG auf eine Preissteigerung von 9,8 Prozent einstellen. Es betrifft auch dort den Grundtarif ab März 2024.
Bund wollte 5,5 Milliarden Euro für Netzentgelte dazuzahlen
„Die Versorger mit Preiserhöhungen sind in aller Regel die Grundversorger, also die regionalen Anbieter. Die führen dann höhere Stromnetzgebühren, höhere Beschaffungskosten und höhere Umlagen als Gründe an“, zitiert der „Mitteldeutsche Rundfunk“ (MDR) Verivox-Sprecherin Verena Blöcher. „Es ist ja auch so, dass die überregionalen Versorger eine andere Beschaffungsstrategie haben. Denn die regionalen Versorger planen in aller Regel längerfristig. Das heißt, sie haben zum Teil während der Krise eingekauft und natürlich dann zu höheren Preisen.“
Hinzu komme, dass die Gebühren für Ausbau und Nutzung der Stromnetze – die sogenannten Netzentgelte – erhöht werden. Ursprünglich sollte es dafür einen Zuschuss von 5,5 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt geben. Doch fiel der wegen der Haushaltskrise komplett dem Rotstift zum Opfer. Dadurch hätten sich einige Netzentgelte mehr als verdoppelt.
Anstieg im Osten weniger drastisch
Die größten Preissprünge gibt es bei westdeutschen Versorgern, allen voran bei dem bereits erwähnten Unternehmen EnBW aus Baden-Württemberg.
Weniger drastisch sieht es in Mitteldeutschland aus, sagt die Verivox-Sprecherin: „Wir haben mal geschaut für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Da gibt es nur kleinere Anbieter, also wir haben da keine größeren Preissprünge gesehen. Es gibt ab und zu Unterschiede, gerade was die Netzentgelte betrifft, die sind häufig im Osten höher als im Westen, aber man kann nicht wirklich so einen Ost-West-Split sagen.“
Einige Anbieter haben wiederum Preissenkungen angekündigt. Durchschnittlich lägen die bei elf Prozent. Spitzenreiter sind laut „Business Insider“ die Stadtwerke im bayerischen Pappenheim. Ab März 2024 kostet der Tarif der Grundversorgung 39,4 Prozent weniger. Für Haushalte mit einem Jahresverbrauch von 4.000 Kilowattstunden bedeutet das eine Preissenkung von 984 Euro.
Die Grundtarifkunden der Stadtwerke Borken/Westfalen GmbH können sich ab März 2024 auf eine Senkung von 23,2 Prozent freuen. Das bedeutet 562 Euro Einsparung bei einem Jahresverbrauch von 4.000 Kilowattstunden. 519 Euro (21,7 Prozent) weniger beim selben Verbrauch spart ab März, wer einen Grundversorgungstarif der Stadtwerke Coesfeld GmbH (Nordrhein-Westfalen) abgeschlossen hat.
Verbraucher haben Sonderkündigungsrecht
Christina Wallraf, Energie-Expertin bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, rät wechselwilligen Verbrauchern zur Besonnenheit. „Erstmal würde ich sagen, bleibt es abzuwarten, ob man persönlich von einer Preiserhöhung überhaupt betroffen ist. Und im Endeffekt gibt es zum Glück neben steigenden Netzentgelten auch noch positive Effekte.“
So seien die Strombörsenpreise seit vergangenem Oktober weiter runtergegangen, sodass man erst einmal abwarten müsse. „Verbraucher, die eine Preiserhöhung erhalten, haben dann ja auch ein Sonderkündigungsrecht und sollten sich dann am Markt nach anderen Tarifen umschauen“, erläutert sie.
Das Sonderkündigungsrecht gelte bis zum Wirksamwerden des neuen Strompreises. Wer die Frist für das Sonderkündigungsrecht verpasst, muss in seinen Vertrag schauen, sagt Christina Wallraf: „Wenn das jetzt ein relativ alter Vertrag ist, der vor dem 1. März 2022 geschlossen wurde, dann besteht die Möglichkeit, dass sich dieser Vertrag jeweils um weitere zwölf Monate verlängert. Wenn das ein relativ neuer Vertrag ist, dann ist es so, dass sich nach Ablauf der Erstlaufzeit der Vertrag nur noch um jeweils einen Monat verlängern kann.“
Wer einen Grundversorgungstarif abgeschlossen hat, der könne jederzeit mit einer zweiwöchigen Frist kündigen. Grundversorgung ist die Stromlieferung, die als Erstes bereitgestellt wird, sobald man eine Wohnung oder ein Haus bezieht. Wer sich danach keinen alternativen Energieversorger gesucht habe, profitiere von dieser kurzen Frist.
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