Strompreis: Bald günstiger oder „auf Jahrzehnte Teuer-Strom“?
Die Bundesregierung verspricht oft, dass der Strom in den kommenden Jahren deutlich günstiger werde. Etliche Windkraft- und Solaranlagen sollen dafür sorgen. Bis 2030 würden diese rund 80 Prozent des deutschen Strombedarfs abdecken. Doch wird der Strom dann wirklich günstiger für die Menschen im Land?
Laut einer Prognose aus dem Bundeswirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne), über die „Bild“ berichtete, bleibt der Strompreis auf dem hohen Niveau. Nach dem Hoch im vergangenen Herbst befindet sich der Strompreis für private Neukunden derzeit wieder bei gut 28 Cent pro Kilowattstunde (kWh).
Das Papier des Ministeriums gibt für das laufende Jahr 41,93 Cent pro kWh im Normaltarif an und bezieht sich dabei auf die Preise, die Bestandskunden in unterschiedlichen Tarifen bezahlen.
Gemäß jener Auflistung würden die Strompreise in den kommenden zwei Jahren auf 37 Cent pro kWh sinken. Ab 2026 würden diese wieder langsam steigen, um bis zum Jahr 2042 auf 40,27 Cent pro kWh zu klettern. Ähnlich würde die Prognose für den Strompreis für Wärmepumpen aussehen. Dieser bleibt im Bereich von 30 bis gut 33 Cent pro kWh. Damit wäre laut Prognose des Ministeriums in den kommenden zwei Jahrzehnten mit keiner deutlichen Reduzierung des Strompreises in Deutschland zu rechnen.
Teuer-Strom aufgrund von Strommangel?
CSU-Parlamentsgeschäftsführer Stefan Müller nahm zu der Prognose Stellung:
Deutschland bekommt von der Ampel auf Jahrzehnte Teuer-Strom. Die Abschaltung der Kernkraftwerke erweist sich als dauerhafter Fehler. Die grüne Energiepolitik macht die Deutschen immer ärmer. Habecks Heizungswahnsinn muss endlich gestoppt werden!“
Prof. Detlef Stolten, Energieexperte vom Forschungszentrum Jülich, sieht noch ein ganz anderes Problem: Strommangel. Denn der Strombedarf werde in den nächsten Jahren durch die Elektrifizierung unserer Heizsysteme, des Verkehrswesens und der Industrie deutlich zunehmen. Gehe der Ausbau der „erneuerbaren“¹ Energien im gleichen Tempo voran wie bisher, dürfte im Jahr 2030 in Deutschland eine Stromlücke von 104 Gigawatt klaffen, da die Kapazität aus Wind- und Solaranlagen lediglich rund zwei Drittel des Strombedarfs abdecken.
Infolgedessen wäre ein günstigerer Strompreis undenkbar. Strom wäre dann Mangelware und diese ist bekanntlich teuer. Schon jetzt hat Deutschland regelmäßig ein Stromdefizit von im Schnitt rund 5 Gigawatt, welches die Netzbetreiber durch Stromimporte aus dem Ausland ausgleichen müssen.
Ausgleichen will die Bundesregierung diese riesigen Stromdefizite durch einen schnelleren Ausbau der „erneuerbaren“¹ Energien. Bis zu zehn Gigawatt jährliche Neuinstallationen sind im Gespräch. Dieses Ausbauziel halten ambitionierte Branchenexperten für unrealistisch – nicht zuletzt aufgrund der in den letzten Monaten massiv gestiegenen Preise für große Windkraftanlagen.
2030: Strompreis von bis zu 80 Cent „realistisch“
Prof. Dr.-Ing. Jürgen Karl von der Friedrich-Alexander-Universität Nürnberg-Erlangen hält den schnell wachsenden Strombedarf für einen kritischen Faktor bei der Energiewende. Der Energieexperte, der den Lehrstuhl für Energieverfahrenstechnik innehat, glaubt laut „Agrarheute“, dass deswegen „Gaskraftwerke auch in Zukunft immer häufiger eingesetzt werden müssen“.
Große Stromversorger haben dies auch schon angekündigt und bauen neue Gaskraftwerke, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Bei steigenden Gaspreisen würde sich das Hochfahren der Gaskraftwerke wiederum preistreibend auf den Strompreis auswirken. Vor diesem Hintergrund hält Prof. Karl „einen Strompreis von 60 bis 80 Cent pro Kilowattstunde durchaus bis 2030 für realistisch“.
Zur aktuellen Stromsituation in Deutschland äußerte sich bei „Agrarheute“ auch Thomas Vahlenkamp von der Unternehmensberatung McKinsey. Er sagte: „Spitzenreiter war gestern – die Kombination aus sinkender gesicherter Kapazität und durch die Elektrifizierung steigender Spitzenlast kann zu Versorgungslücken führen. Selbst bei einem flächendeckenden Umstieg auf Erneuerbare sind weitere Maßnahmen nötig, um das System zu stabilisieren.“
Wie diese weiteren Maßnahmen aussehen, bleibt abzuwarten. Die Bundesnetzagentur hat in diesem Zusammenhang bereits von Stromrationierungen zu Spitzenzeiten gesprochen.
IEA-Chef kritisiert deutsche Energiestrategie
Deutliche Kritik an der deutschen Energiestrategie kam jüngst auch von Fatih Birol, Wirtschaftsexperte und Chef der Internationalen Energieagentur (IEA). Er hält es laut „Bild“ für keine gute Idee, dass Deutschland aus der Atomenergie ausgestiegen ist: „Ich habe schon immer gesagt, dass Europa seine Energiequellen diversifizieren und eigenständiger werden muss. Und deshalb wäre ich immer zögerlich, eigene Energiequellen zu schließen. Ich hätte die Kernkraftwerke in Deutschland nicht abgeschaltet.“
Stattdessen setzte die Bundesregierung auf Kohle als Brückentechnologie. Birol hoffe hierbei sehr, dass es bei einem kurzfristigen Bezug dieser Energiequelle bleibt. „Deutschland sollte nicht glauben, russisches Gas und die Kernkraft auf Dauer durch Kohle ersetzen zu können“, mahnte der IEA-Chef.
Die einzige Chance für Deutschland sieht Birol in einem erhöhten Tempo beim Ausbau der „erneuerbaren“¹ Energien. „Heute und morgen muss Deutschland alles in den Ausbau von Wind- und Sonnenenergie setzen – und übermorgen in Wasserstoff“, so Birols Fazit. Die von der Bundesregierung anvisierte Verdreifachung des Tempos ist allerdings in weiter Ferne.
[1] Der Begriff „erneuerbare Energien“ hat sich zwar gesellschaftlich etabliert, nach dem Energieerhaltungssatz ist Energie aber grundsätzlich nicht erneuerbar. Sie kann nur umgewandelt werden.
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