Strengere Zutrittskontrollen: Bundestag will Extremismus vorbeugen – AfD wittert Schikane

Der Bundestag hat am Montag, 10.3., seine Hausordnung sowie die Regeln für Zutritt und Verhalten im Bereich der Bundestagsliegenschaften verschärft. Diese Maßnahme soll die Sicherheit dort erhöhen. Aus der AfD regt sich Kritik. Dort sieht man hinter den Änderungen einen Versuch, die Rechte von Mitarbeitern und Gästen der auf 152 Abgeordnete angewachsenen Fraktion einzuschränken.
Arbeitsfähigkeit und Sicherheit für den Bundestag als Fokus der Hausordnung
Wie aus der dazugehörigen Pressemitteilung hervorgeht, hat Bundestagspräsidentin Bärbel Bas im Einvernehmen mit dem Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung die Hausordnung geändert. Zudem habe man die Änderung im Ältestenrat beraten. Die neuen Regeln sind am Montag in Kraft getreten.
Neben redaktionellen Änderungen und Anpassung an die bestehende Praxis steht vor allem ein Thema im Mittelpunkt der Bemühungen: der „Schutz des Parlaments vor extremistischen Einflüssen und Aktionen“. Mit Blick auf Mitarbeiter der Abgeordneten gilt nun, dass diese unter bestimmten Umständen keinen Zugang zu den Bundestagsliegenschaften erhalten.
Entscheidend sei dabei der Ausgang der Zuverlässigkeitsüberprüfung. Keinen Zutritt erhält, wer „ein Risiko für die Funktions- und Arbeitsfähigkeit des Deutschen Bundestages oder die Sicherheit seiner Mitglieder sowie aller im Deutschen Bundestag Anwesenden darstellt“.
Auch Wahlkreismitarbeiter vor Ort werden Überprüfung unterzogen
Zuverlässigkeitsüberprüfungen soll es zudem auch für Beschäftigte von Abgeordneten und Fraktionen geben, die üblicherweise ohnehin keinen Zugang zu Bundestagsliegenschaften haben. Voraussetzung ist, dass sie Zugriff auf das gemeinsame Informations- und Kommunikationssystem des Deutschen Bundestages erhalten sollen.
Unter diese Regelungen dürften unter anderem Wahlkreismitarbeiter fallen, die vor Ort in den Büros der Abgeordneten sitzen. Außerdem dürfen die Räumlichkeiten und Einrichtungen des Deutschen Bundestages nur noch für Veranstaltungen mit Dritten genutzt werden, wenn diese sich „innerhalb der Grenzen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ abspielen.
Der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion, Stephan Brandner, sieht in der neuen Hausordnung einen „direkten Angriff auf grundsätzliche Abgeordnetenrechte und die Arbeitsfähigkeit der größten Oppositionsfraktion“. Er sieht vor allem in der Einführung neuer und unbestimmter Rechtsbegriffe eine unzulässige Verlagerung der Eingriffsschwelle.
Brandner warnt vor „praktischem Berufsverbot“
Brandners Argwohn ist vor allem dadurch geweckt, dass statt einer „Gefahr“ für Funktionsfähigkeit und Sicherheit nur noch ein „Risiko“ für mögliche Zutrittsverweigerungen ausreichen soll. So werde die Eingriffsschwelle herabgesetzt, aber die Sanktionsintensität nicht adäquat angepasst, sondern sogar verschärft:
Wer künftig willkürlich als unzuverlässig erklärt wird, bekommt auch keinen Zugang zu den IT-Systemen des Bundestages und somit ein faktisches Berufsverbot.“
Brandner sieht in dem Vorgehen einen Eingriff in das Verfassungsprinzip des freien Mandats. Die Auswahl von Mitarbeitern sei zudem Ausdruck des Selbstorganisationsrechts der Fraktion als Teil des Verfassungsorgans des Bundestages.
Mehr als 100 JA-Mitglieder in der AfD beschäftigt
Bereits im Vorjahr hatte Bundestagspräsidentin Bas einen Vorstoß für strengere Zutrittsregeln im Bundestag lanciert. Dieser sollte sich gegen „Extremisten gleich welcher Couleur“ richten, die aktiv und gezielt auf die Beseitigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung hinarbeiten“. Gleichzeitig hatte Bas vor „schlecht vorbereiteten Schnellschüssen“ gewarnt.
Zuvor hatte es Medienberichte gegeben, wonach die Fraktion der AfD im Bundestag mehr als 100 Mitarbeiter beschäftige, die der Verfassungsschutz dem rechtsextremistischen Milieu zurechne. Der Inlandsgeheimdienst hatte dabei insbesondere die als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestufte Jugendorganisation „Junge Alternative“ (JA) im Blick, in Einzelfällen auch die „Identitäre Bewegung“.
Die JA hat allerdings bei ihrem Bundeskongress Anfang Februar ihre Selbstauflösung zum 31.3.2025 beschlossen. Zudem stellt die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Organisation für sich allein noch keine Grundlage für ein Absprechen der Zuverlässigkeit im Sinne des parlamentarischen Hausrechts dar.
Entscheidend ist Zuverlässigkeit mit Blick auf die konkrete Tätigkeit
Wie Matthias Honer schon im Vorjahr auf dem „Verfassungsblog“ schrieb, sind tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche Gesinnung allein zwar ein Indiz für eine Neigung zu parlamentsbeeinträchtigenden Verhaltensweisen. Allerdings müsse das Kriterium für die Zuverlässigkeit im Lichte des parlamentarischen Hausrechts ausgelegt werden. Sie müsse auf die konkrete Rechtsstellung – etwa als Mitarbeiter oder Besucher – bezogen werden. Für Gewerberecht oder Waffenrecht können wiederum andere Kriterien gelten.
Zuverlässigkeit könne dann angenommen werden, wenn eine positive Prognose bezüglich der individuellen Bereitschaft und Fähigkeit gegeben werden könne, die damit verbundenen Pflichten zu befolgen. Es müsse stets eine Verhältnismäßigkeitsabwägung getroffen werden zwischen dem Schutz des Parlaments und den Rechten der Abgeordneten. Eine willkürliche Verweigerung des Zutritts wäre nicht statthaft.
In der Vergangenheit hatte es im Umfeld der AfD-Fraktion einige Vorfälle gegeben, die Geschäftigkeit aufseiten der Bundestagsverwaltung bezüglich der Hausordnung ausgelöst hatten. So habe eine ehemalige AfD-Abgeordnete später ins Visier der Generalbundesanwaltschaft geratene „Reichsbürger“ durch das Regierungsviertel geführt.
RAF-Altkader Christian Klar wurde Zutritt zum Bundestag verweigert
In weiteren Fällen hatten Ermittlungsbehörden Anhaltspunkte für eine mögliche Einschleusung von Agenten fremder Mächte in Abgeordnetenbüros gesehen. Ein weiterer Vorfall war die Konfrontation des damaligen Bundeswirtschaftsministers Peter Altmaier (CDU) durch rechte Influencer im Bundestagsgebäude. Diese hatten zuvor AfD-Abgeordnete im Kontext der Debatte um das Infektionsschutzgesetz in die Parlamentsräumlichkeiten eingeladen.
Im Jahr 2016 verweigerte die Bundestagsverwaltung dem früheren RAF-Kader Christian Klar die Ausstellung eines Parlamentsausweises. Der 1982 wegen neunfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilte und 2008 auf Bewährung entlassene Klar hatte sich eine Existenz als Webdesigner aufgebaut. Der frühere Linksabgeordnete Dieter Dehm beauftragte ihn mit der freiberuflichen Betreuung seiner Webseite. Der Bundestag verweigerte ihm den Zutritt, da er zu keiner Zeit Schuldeinsicht oder Reue mit Blick auf den Terrorismus der „Rote Armee Fraktion“ erkennen ließ.
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