Straßenbau in Stade: Bis zu 140.000 Euro pro Anlieger gefordert – „Ich bin so fertig, dass ich nicht mehr schlafen kann“
Seit 48 Jahren wurde an der Schölischer Straße im niedersächsischen Stade nichts gemacht, wie der NDR berichtet. Bestenfalls im Frühjahr wurde hier ein wenig „geflickschustert“, berichten Anlieger dem Sender. Deutlich sind die Narben dieser Ausbesserungsarbeiten zu sehen.
Nun soll die Straße saniert werden, was vor allem für die Anwohner ein Grund zur Freude sein sollte. Komplett saniert und ausgebaut soll die 1,6 Kilometer lange Strecke werden, zwei Kreuzungen durch Kreisel ersetzt werden. Darüber hinaus gehören kombinierte Rad- und Gehwege, neue Schmutzwasser-Kanäle und Versorgungsleitungen sowie neue Straßenlaternen zum Gesamtpaket für 9,5 Millionen Euro Sanierungskosten.
Mit einem Brief kam dann der Schock für die 160 Anlieger. Bis zu 140.000 Euro sollen diese dem Projekt jeweils beisteuern. Dafür müssten aber viele von ihnen Kredite aufnehmen. So wie Dagmar Rathjens, eine Angestellte. In ihrem Alter aber würde sie gar keinen Kredit mehr bekommen, sagt sie dem NDR. Ihr Grundstück sei relativ groß und ein zweites Haus, das lediglich als Eintrag im Bebauungsplan existiere, schlage sich nun in der an die Stadt zu zahlenden Summe nieder. Der erste Abschlag in Höhe von 70 Prozent der Gesamtsumme (140.000 Euro) soll bereits kurz nach Baubeginn fällig werden.
„Ich bin so fertig, dass ich nicht mehr schlafen kann“
Die meisten Anlieger haben weniger große Grundstücke, dürften aber ebenfalls dazu gezwungen sein, Kredite aufzunehmen. So auch das Ehepaar Stolper, das von rund 1.700 Euro Rente im Monat lebt. Zwar ist deren Häuschen abbezahlt, dennoch sparen sie sich jede Investition vom Mund ab. „Ich bin so fertig, dass ich nachts nicht schlafen kann“, sagt Helga Stolper.
Bürgermeisterin Silvia Nieber gibt sich gelassen. „Keiner muss Angst um seine Existenz haben“, sagt sie. „Wir werden für jeden Einzelfall eine Lösung finden, niemand verliert sein Haus, niemand verliert seine Existenz“.
Inzwischen lassen sich die empörten Anlieger von einer Hamburger Anwältin vertreten, berichtet der Sender weiter. Die Anwältin vermisse ein Genehmigungsverfahren, heißt es. Dies müsse vor Ausschreibung der Baumaßnahme durchgeführt werden. Und so landet der Fall womöglich vor Gericht.
Sicher sollte die Schölischer Strasse saniert werden, sagt die Anwältin dem NDR, aber ob die Anwohner einen Kreisel, Fahrradwege auf jeder Fahrbahnseite und viele Extras wirklich bräuchten, „dazu wurden sie nie gefragt“. (dk)
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