Straffällige Ausländer erhielten trotz Verurteilung Bleiberecht

In Deutschland können auch verurteilte Asylbewerber, die im Gefängnis sitzen, auf ein Bleiberecht hoffen. Das geht aus einer Regierungsantwort auf eine parlamentarische Anfrage hervor.
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JVA Düsseldorf.Foto: Marcel Kusch/dpa/dpa
Von 30. August 2024

Der Messeranschlag von Solingen mit drei Toten hat die Debatte über Asyl und Abschiebungen neu entfacht. Der mutmaßliche Täter, ein 26-jähriger Syrer, hätte nach den sogenannten Dublin-Regeln eigentlich im vergangenen Jahr in das EU-Land Bulgarien abgeschoben werden sollen.

Nun wird bekannt, dass selbst verurteilte Asylbewerber, die in Deutschland im Gefängnis sitzen, auf ein Bleiberecht hoffen können. Laut einer Regierungsantwort erhielten seit 2023 mindestens 33 Personen, die in Haft saßen und aus dem Gefängnis einen Asylantrag stellten, ein Bleiberecht in Deutschland. Dies berichtet „NiUS“ und beruft sich dabei auf eine parlamentarische Anfrage des AfD-Bundestagsabgeordneten René Springer.

Demnach gewährte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Jahr 2023 27 Personen eine „Asylanerkennung“, einen „Flüchtlingsschutz“ oder einen „subsidiären Schutz“, heißt es dort weiter. Zudem erhielten in diesem Jahr bis Juli sechs weitere ausländische Häftlinge ein Bleiberecht in Deutschland.

Einsatzkräfte der Polizei stehen bei einer Durchsuchungsaktion auf einem Gang in einer Flüchtlingsunterkunft in Hamburg-Langenhorn. Foto: Bodo Marks/dpa

AfD-Politiker Springer erklärt gegenüber „NiUS“: „Kriminelle Ausländer gehörten ohne Wenn und Aber abgeschoben. Dies müsse ein wesentlicher Bestandteil einer 180-Grad-Wende in der Asyl- und Migrationspolitik sein.“

Laut der Regierungsantwort stellten 2023 insgesamt 1.030 Gefängnisinsassen einen Asylantrag. Algerien (156), Türkei (116) und Marokko (101) stellten dabei die drei häufigsten Herkunftsländer dar. Im Jahr 2024 stellten bis Juli 602 inhaftierte Straftäter einen Asylantrag. Sie kamen hauptsächlich aus Algerien (92), Tunesien (66) und Marokko (58).

EU-Gerichte untersagen Abschiebung in unsichere Herkunftsstaaten

Wie schwer es EU-Mitgliedsländer fallen kann, selbst schwer straffällig gewordene Asylbewerber oder Asylberechtigte abzuschieben, obwohl nationales Recht oder das Genfer Abkommen dies eigentlich ermöglichen, zeigten drei Fälle, über die der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Jahr 2019 richtete.

Zwei EU-Mitgliedsstaaten wollten drei Straftäter in unsichere Heimatländer abschieben und bezogen sich dabei auf das Genfer Abkommen. Der EuGH wies dies ab und verwies auf EU-Recht.

Die Männer aus dem Kongo, der Elfenbeinküste und Tschetschenien waren rechtskräftig wegen schwerer Straftaten in ihrem Ankunftsland Tschechien und Belgien verurteilt worden und saßen dort in Haft.

Die Migranten wurden rechtskräftig wegen Delikten wie Raub, Erpressung, Körperverletzung, Waffenbesitz, Vergewaltigung einer Minderjährigen und schweren Diebstahl in Kombination mit vorsätzlicher Tötung schuldig gesprochen. Alle erhielten mehrjährige Haftstrafen. Der Kongolese sogar eine 25 Jahre Gefängnisstrafe.

Gefahr für die Allgemeinheit

Beide EU-Ländern wollten daher die inhaftierten Asylbewerber und Asylanten wegen Gefahr für die Allgemeinheit abschieben.

Die Betroffenen wehrten sich dagegen gerichtlich mit dem Verweis darauf, dass sie in ihrem Heimatland Verfolgung mit Gefahr für Leib und Leben zu befürchten hätten.

Das Gericht entschied, dass nach Genfer Abkommen eine Ausweisung auch bei Gefahr für Leib und Leben im Heimatland möglich wäre, nach EU-Recht aber nicht zulässig sei.

Denn die EU-Grundrechtscharta Artikel 21 Absatz 2 verbietet eine Abschiebung, wenn im Bestimmungsland dem Abgeschobenen Folter oder unmenschliche oder erniedrigende und somit verbotene Strafen oder Behandlungen drohen.

Verhaftung in Ellwangen. Foto: Thomas Niedermueller/Getty Images

EU-Gericht: Verbot von Folter verhindert Abschiebung

Dies sah in ähnlich gelagerten Fällen auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) so, wie der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages in einem Gutachten feststellte. Der EGMR bezog sich in seiner Rechtssprechung dabei auf Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) „Verbot von Folter“.

Er besagt ähnlich wie die EU-Grundrechtscharta Artikel 21 Absatz 2, dass niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden dürfe. Das heißt, wenn einem straffällig gewordenen Asylbewerber eine Behandlung nach Artikel 3 EMRK in seinem Heimatland droht, ist eine Abschiebung unzulässig. Das betrifft insbesondere Syrien und Afghanistan.

Es bleibt daher offen, welchen Handlungsspielraum die deutsche Bundesregierung aufgrund der EU-Rechtslage aus eigener Kraft überhaupt hat, die Asylpolitik in Deutschland grundlegend zu ändern.



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