Stoltenberg: Peking hat Spionage-Aktivitäten „im gesamten NATO-Gebiet hochgefahren“

Der Generalsekretär der NATO, Jens Stoltenberg, hat Deutschland zu einem kritischeren Umgang mit dem chinesischen Techkonzern Huawei aufgefordert. Eine Kontrolle der KP-Führung über kritische Infrastruktur wie 5G mache verletzlich. Minister Wissing sieht bislang wenig Grund zur Eile.
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Blick auf die Huawei Deutschland Zentrale in Düsseldorf. Symbolbild.Foto: Marius Becker/dpa/dpa
Von 10. Mai 2024

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In einem Interview mit dem „Stern“ hat NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg Deutschland zu größerer Sensibilität beim Ausbau des 5G-Netzes gemahnt. Dabei nahm er insbesondere Bezug auf den chinesischen Techkonzern Huawei, der im Verdacht steht, ein geopolitisches Instrument der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) zu sein.

Zusammenarbeit mit Huawei keine ausschließlich wirtschaftliche Frage

Im Gespräch mit dem Magazin erklärte Stoltenberg, er „begrüße es“, dass sich die meisten NATO-Mitglieder beim Netzausbau gegen den Anbieter entschieden hätten. Man habe „in der Vergangenheit gesehen, wie autoritäre Regime die Kontrolle über unsere Infrastruktur am Ende dazu nutzen, [um] uns verletzlich zu machen“.

Stoltenberg verwies auf die Erfahrungen bezüglich des Gasbezugs aus Russland. Dieser sei noch vor nicht allzu langer Zeit für viele EU-Länder „eine ausschließlich wirtschaftliche Frage – keine politische“ gewesen. Er warf Russlands Präsident Wladimir Putin vor, dieser habe im Zuge des Ukraine-Krieges 2022 das Gas als Waffe nutzen wollen, um den Westen von einer Unterstützung der Ukraine abzuhalten.

Er plädiere nicht für einen Abbruch der Handelsbeziehungen mit China. Jedoch müsse man sich „der Sicherheitsrisiken bewusst“ sein, die damit verbunden seien. Das Regime in Peking habe seine Spionage-Aktivitäten „im gesamten NATO-Gebiet hochgefahren“.

Einflusspolitik zeigte sich auch am Beispiel Maximilian Krah

Huawei bestreitet regelmäßig, mit der Führung in Peking etwas zu tun zu haben oder in nachrichtendienstliche Aktivitäten involviert zu sein. Chinesische Gesetze verpflichten das Unternehmen jedoch zur jederzeitigen und uneingeschränkten Zusammenarbeit mit Militär und Sicherheitsdiensten.

Die Führung in Peking agiert zudem alles andere als indifferent, wenn es um die Organisation politischer Unterstützung für ihr Vorzeigeunternehmen geht. Der jüngst in Dresden unter Spionageverdacht verhaftete Jian G. soll seine Position als Mitarbeiter von MdEP Maximilian Krah nicht nur zu diesem Zweck genutzt haben.

G. hatte unter anderem auch Lobbyismus für zentrale Anliegen des KP-Regimes betrieben. In diesem Kontext könnte es auch stehen, dass der AfD-Politiker schon zeitnah nach seiner Wahl ins Europäische Parlament nach China eingeladen wurde. Nachdem er zurückgekommen war, hatte er in der Bundestagsfraktion massiv dafür geworben, sich nicht gegen eine Beteiligung von Huawei beim Netzausbau zu stellen.

Sensible Bereiche sollen bereits 2025 frei von Bauteilen aus chinesischen Konzernen sein

Nach eindeutigen Warnungen vor Huawei aus den Nachrichtendiensten hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser im Vorjahr ein Strategiepapier vorgelegt. Demzufolge sollen kritische Komponenten von Huawei oder dem ebenfalls als KPC-Instrument betrachteten ZTE-Konzern bis Ende 2025 aus den Kernnetzen verschwinden.

Betroffen seien insbesondere Basisstationen und Antennen, wo sensible Daten zusammenfließen. Man befürchtet, dass der Einbau chinesischer Technologie Hintertüren für den Zugriff vonseiten des Regimes eröffnen könne. Die Netzbetreiber haben nach Einschätzung des Ministeriums bereits jetzt die meisten Teile chinesischer Anbieter daraus entfernt.

Im sogenannten Zugangs- oder RAN-Netz soll der Anteil von Huawei bis 2026 von derzeit bis zu 60 auf nur noch maximal 25 Prozent sinken. In besonders heiklen Regionen wie der Hauptstadt Berlin oder der Industrieregion Rhein-Ruhr will man sie auch aus diesem Netz vollständig entfernen. Ministerin Faeser will die ins Auge gefasste Vorgehensweise in einem Vertrag mit den Netzanbietern festschreiben. Betroffen wären die Anbieter Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica Deutschland (O2).

Wissing mauert bei Abschied von Huawei – aus Angst vor noch schlechterer Versorgung

Das Bundesinfrastrukturministerium unter Volker Wissing steigt bezüglich der Umsetzung des Trennungsvorhabens von Huawei-Bauteilen derweil auf die Bremse. Zwar bestreitet man auch dort die Einschätzung von BND und Verfassungsschutz nicht, dass es sich bei dem Unternehmen um einen „Hochrisikoanbieter“ handele.

Allerdings verweist man auf bereits heute geltende strenge Sicherheitsanforderungen nach dem Telekommunikationsgesetz. Diese würden schädliche Potenziale bereits weitreichend unterbinden. Beobachter wittern hinter der zögerlichen Position Wissings Angst um die Qualität der Netzinfrastruktur in Deutschland. Eine umfassende Rückbaupflicht würde für noch mehr Funklöcher in Deutschland sorgen, so die Befürchtung.

Vor einem ähnlichen Problem stehe die Deutsche Bahn: Sie befürchtet für den Fall einer Rückbaupflicht Mehrkosten von bis zu etwa 400 Millionen Euro und eine Verzögerung von Projekten von bis zu sechs Jahren. Komponenten von Huawei spielen in ihrer ohnehin ausbaubedürftigen Digitalinfrastruktur eine nicht unerhebliche Rolle.



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