Steuerzahlungen an die Kirche: 523 Millionen Euro jährlich
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) spricht sich für die Einführung einer Kultursteuer aus. Anders als in vielen Medien verlautet wird, hängt damit viel mehr zusammen als eine Weigerung von Muslimen, eine Moschee-Steuer zu zahlen. Diese hat prinzipiell genauso wenig damit zu tun wie eine Abschaffung der Kirchensteuer.
Vielmehr liegt dem eine historische Bedeutung zugrunde. In den letzten 200 Jahren hat der Staat mehrmals Enteignungen durchgeführt. Betroffen davon waren auch Güter und Einnahmequellen der Kirche, die an den Staat abgetreten wurden. Der Staat verpflichtete sich 1803 mit dem Erlass des Reichsdeputationshauptschlusses, Ausgleichszahlungen an die Kirche zu leisten. Diese Regelung findet auch heute noch Anwendung. Sie ist im Grundgesetz Artikel 138 verankert.
Dieses Gesetz wird nun schon seit Jahrhunderten immer weitergeführt – ein Ende ist nicht in Sicht. Dem will Ramelow jetzt ein Ende setzen. In der Presserklärung vom 14.03.2019 stellt er offen die Frage,
ob es uns gelingt, die in der Weimarer Reichsverfassung geregelten Staatsleistungen an die Kirchen abzulösen […]. Vor 100 Jahren wurde mit der Weimarer Reichsverfassung die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung normiert. Ich werde doch 100 Jahre später mal fragen dürfen, wann denn mal dieses Gesetz kommt.“
Sowohl die Weimarer Reichsverfassung als auch das Grundgesetz hatten die Einstellung dieses Gesetzes vorgesehen. Kann die Einführung einer Kultursteuer dem jetzt ein Ende setzen?
1949-2018 Steuerzahlungen an Kirche: 17,8 Milliarden Euro
Seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949, wurden bis 2018 gemäß der Liste der Staatsleistungen an die evangelischen Kirchen und die katholischen Bistümer Staatsleistungen (Personalzuschüsse und Kirchenregiment) von insgesamt 17.867 Millionen Euro gezahlt. Die Kirchenbaulasten der Bundesländer und Abgabenbefreiungen der Kirchen sind darin ebenso wenig enthalten wie die Zahlungen der DDR.
Die geleisteten Zahlungen sind nicht zu verwechseln mit der Kirchensteuer, die nur von den registrierten Mitgliedern der Kirche zu erstatten sind und über den Staat eingezogen werden. Hierfür erhält der Staat übrigens eine Art Verwaltungsgebühr in Höhe von 3 Prozent der Kirchensteuer. Der vorgenannte Betrag setzt sich zusammen aus Geldern, die von jedem einzelnen Steuerzahler in Deutschland geleistet wurden – unabhängig, ob er gläubig ist oder nicht.
Im Jahr 2017 betrugen die Zahlungen der Bürger, die für die Tilgung der Staatspflicht eingesetzt wurden, 523.912.215 Euro. Dabei sind Leistungen an Hamburg und Bremen nicht einbezogen. Die vom Staat geleisteten Zahlungen an die Evangelische Kirche Deutschland stellen sich wie folgt dar:
Im Jahr 2018 reichte der Staat die Zahlungen der Steuerzahler in Höhe von insgesamt 538.014.642 Euro (Stand 25.01.2018) an die beiden Kirchen weiter.
Für ein Ende der Zahlungen wäre die Änderung des Grundgesetzes notwendig, da hierin die Zahlungen des Staates an die Kirche festgelegt werden.
Hierzu führte Staatskirchenrechtlicher Michael Germann, Martin-Luther-Universität Halle, gegenüber „mdr“ aus,
was für eine solche Änderung des Grundgesetzes nötig wäre. Sowohl das Verhältnis von Kirche und Staat sowie die Regelungen für die Verwendung von Steuern wären betroffen und müssen neu geregelt werden.
Unklar ist auch, was der Staat dann mit den Geldern der Steuerzahler in Höhe von über einer Milliarde Euro anstellt, die freigesetzt werden.
Rückblick
Bereits im Jahr 2012 gab es Anzeichen zur Einführung einer Kultursteuer. Damals hatte Bundestagsabgeordneter Josef Winkler (Grünen), gleichzeitig Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken, mit seiner Forderungen Aufsehen erregt.
Hintergrund dieser Aktion war damals der Trend, dass viele Gläubige aus der Kirche austraten, teilweise auch, um die Kirchensteuer zu sparen. Für sie sollte wie für alle anderen die Kultursteuer greifen, die auch von Konfessionslosen erhoben werden sollte. Gemäß Informationen von „Heise“ stellten die Befürworter dieser Regelung fest:
Ist es sinnvoll zuzuschauen, dass viele Menschen wegen der Kirchensteuer aus unserer Kirche austreten? Wir meinen, es ist auch aus der Perspektive unserer Kirche richtig, einen Reformweg zu beschreiten, der sich am italienischen Vorbild einer ‚Kulturabgabe‘ orientiert, welche alle Menschen an eine gemeinnützige Institution ihrer Wahl entrichten.“
René Hartmann, Erster Vorsitzender des Internationalen Bundes der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA), wandte sich damals entschieden gegen diesen Vorschlag. Er begründete dies damit, dass dem Steuerzahler ohnehin bereits kirchliche Aufgaben aufgebürdet werden, beispielsweise der konfessionelle Religionsunterricht, der nicht durch Einnahmen der Kirchensteuern, sondern vom Steuerzahler finanziert wird.
Er forderte in der Presseerklärung vom 18.05.2012:
Die finanzielle Verflechtung zwischen Staat und Kirchen darf nicht intensiviert, sondern muss abgebaut werden. Kirchenfinanzierung aus allgemeinen Steuermitteln ist zu beenden. Der staatliche Einzug der Kirchensteuer verstößt gegen die weltanschauliche Neutralität des Staates und ist abzuschaffen.“
(sua)
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