Steuerzahlerbund: Sondervermögen wird zum staatlichen Selbstbedienungsladen

Der Bund der Steuerzahler hat angesichts des von Union und SPD geplanten Milliarden-Finanzpakets vor einer unkontrollierten Schuldenpolitik gewarnt. „Die Schleusen sind auf – und jeder kann jetzt machen, was er will“, sagte Verbandspräsident Reiner Holznagel der „Augsburger Allgemeinen“ (Samstagausgabe). Das 500 Milliarden Euro schwere Sondervermögen für die Infrastruktur werde wegen des Reizes hoher Zuschüsse des Bundes zu überflüssigen Projekten auf Landes- und Kommunalebene führen.
„Das Sondervermögen wird zum staatlichen Selbstbedienungsladen“, warnte Holznagel. „Wenn ich Sie heute alle ins Möbelhaus einlade und sage, ich übernehme 70 Prozent der Kosten, dann wird der ein oder andere sich einen Stuhl kaufen, den er gar nicht braucht. Genau das wird mit dem Geld eines ‚Sondervermögens Infrastruktur‘ passieren.“
Holznagel warnt vor „Blankoscheck“
Auch mit den unbegrenzten Kreditmöglichkeiten für die Bundeswehr drohe eine Verschwendung von Steuergeld: „Niemand muss mehr hinterfragen, ob die Planungen wirklich sinnvoll sind“, kritisierte Holznagel. „Die Strukturen, die jetzt geschaffen werden sollen, haben eine Blankoscheck-Identität, weil wir keine Deckungskomponente mehr haben.“
In Deutschland setze die künftige Regierung auf Schulden statt auf nötige Reformen und Einsparungen, kritisierte Holznagel. „Diesen Druck hat man mit den Über-Nacht-Beschlüssen rausgenommen.“ Dies gelte etwa „für einen der problematischsten Ausgabentreiber, nämlich die Rente, aber auch für die kommunale Finanzlage, die Migration, das Bürgergeld. Jetzt lehnen sich alle beruhigt zurück und sagen: Wird schon.“
Auch die EU insgesamt drohe in eine neue Schuldenpolitik abzurutschen: „Wir werden in nächster Zeit keine Defizitverfahren auf europäischer Ebene zu erwarten haben“, sagte Holznagel mit Blick auf Pläne aus Brüssel, Verteidigungsausgaben teilweise von den Defizitvorgaben auszunehmen.
CDU-Wirtschaftsrat warnt vor Verschwendung
Auch der CDU-Wirtschaftsrat hat das von Union und SPD geplante Sondervermögen für Investitionen in die Infrastruktur scharf kritisiert und vor Verschwendung gewarnt. „Sollte es gelingen, das Sondervermögen im Grundgesetz zu verankern, wäre es ein gravierender Fehler, die damit geplanten Investitionen innerhalb der bestehenden, ineffizienten Strukturen zu realisieren“, sagte der Generalsekretär des Wirtschaftsrats, Wolfgang Steiger, der „Rheinischen Post“ (Samstagausgabe).
Die schuldenfinanzierte Erhöhung der Verteidigungsausgaben sei unter den gegebenen Umständen zwar gerechtfertigt, sagte Steiger weiter. Dies gelte jedoch nicht für das geplante Sondervermögen Infrastruktur – „insbesondere nicht unter den aktuellen Rahmenbedingungen“.
Planungsverfahren würden immer größere Ausmaße annehmen, warnte Steiger. „Sie verlängern und verteuern Bauprojekte, vor allem Verkehrsinfrastrukturvorhaben, erheblich.“
Zusätzlich würden Klagewellen von Umweltverbänden die Kosten in die Höhe treiben. Das Planungsrecht müsse daher entpolitisiert, Vergabeverfahren reformiert und unnötige Bürokratie abgebaut werden.
Gemeindebund will Teil des Sondervermögens direkt für Kommunen
Noch gibt es viele Hürden für das schuldenfinanzierte Milliardenpaket von Union und SPD. Dennoch wird bereits darüber diskutiert, wie die Mittel verteilt werden sollen. „Klug wäre, einen Teil der Mittel an die Kommunen weiterzugeben“, sagte Berghegger dem „Tagesspiegel“ (Samstagausgabe).
Die Kommunen sollten seiner Ansicht nach selbst darüber entscheiden. „Vor Ort weiß man am besten, wie das Geld investiert werden sollte“, so der ehemalige CDU-Abgeordnete.
Die Grüne knüpfen Zustimmung an zahlreiche Bedingungen
Für die für das Sondervermögen erforderliche Verfassungsänderung ist in Bundestag und Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Union und SPD wollen darüber noch im alten Bundestag abstimmen lassen, weil sie hier gemeinsam mit den Grünen über eine Zweidrittelmehrheit verfügen. Die Grünen stellen für ihre Zustimmung allerdings Bedingungen.
„Union und SPD haben keine Mehrheit. Wir sind bereit zu verhandeln, aber Schwarz-Rot muss sich deutlich bewegen, damit wir am Ende zustimmen“, sagte der scheidende Chefhaushälter der Grünen, Sven-Christian Kindler, am Donnerstag dem „Tagesspiegel“.
Kindler kritisierte, dass Union und SPD nicht planen, die Schuldenbremse auch für den Klimaschutz zu lockern. „Das ignoriert sträflich die massive Sicherheitsgefahr der Klimakrise“, sagte Kindler.
Der Grünen-Abgeordnete Bruno Hönel forderte ebenfalls ein Entgegenkommen von Union und SPD: „Etwaigen Sondervermögen werden wir nur zustimmen können, wenn der konkrete Anwendungsbereich auf die Bedarfe im Land passt. Dafür ist entscheidend, dass bei ‚Sicherheit‘ auch Klima- und Katastrophenschutz, unsere Sicherheitsbehörden oder etwa die Cybersicherheit mitgedacht werden“, sagte er dem „Tagesspiegel“. Unter Infrastruktur müssten auch Investitionen in Bildung, Digitalisierung und die Transformation verstanden werden. (afp/dts/red)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion