Steuerzahlerbund sieht „Generationenbombe“ – keine Partei liefert Lösung für die Rente
Ein schlechtes Zeugnis stellt der Bund der Steuerzahler (BdSt) den Parteien im Vorfeld der Bundestagswahl aus. Vor allem in der Rentenpolitik und mit Blick auf die Höhe der Sozialbeiträge sieht der Verband zurzeit bei keiner der im Bundestag vertretenen Parteien langfristig tragbare Lösungsvorschläge.
In der „Bild am Sonntag“ (BamS) spricht BdSt-Chef Rainer Holznagel von einem „nicht zukunftsfesten“ System. Dieses sei die „Generationenbombe schlechthin“ und werde „der jüngeren Generation noch auf die Füße fallen“.
Sozialabgaben bleiben hoch – SPD will „breite Mitte“ bei den Steuern entlasten
Holznagel kritisiert nicht nur, dass bei keiner Partei ein überzeugendes Konzept erkennbar sei, das die Höhe der Sozialabgaben nachhaltig begrenze. Zu diesen kämen beispielsweise aufseiten der SPD noch zusätzlich Steuerpläne dazu, die vor allem den Mittelstand belasteten. Vor allem, dass Erwerbstätige weiterhin den Solidaritätszuschlag zahlen müssen, hält Holznagel für untragbar:
„Der Soli ist eine Mittelschichtsteuer und muss weg. Das muss im 100-Tage-Programm der neuen Bundesregierung stehen.“
Der Präsident des Bundes der Steuerzahler empfiehlt, den Spitzensteuersatz erst ab einem zu versteuernden Einkommen von 100.000 Euro greifen zu lassen. Derzeit liegt die Grenze bei 68.430 Euro. Dass beispielsweise die SPD eine stärkere Besteuerung höherer Einkommen plant, würde ebenfalls vorrangig den Mittelstand treffen.
Die Sozialdemokraten planen, den Spitzensteuersatz ab einem Bruttojahreseinkommen von knapp 93.000 Euro greifen zu lassen. Für die „breite Mitte“ würde dies zu einer spürbaren Entlastung führen. Allerdings fordert die SPD im Gegenzug eine Vermögenssteuer, die ab 100 Millionen Euro greifen soll.
Bürgerversicherung als Ausweg bei der Rente?
Darüber hinaus würde die ebenfalls im SPD-Programm verankerte Forderung nach einem Mindestlohn von 15 Euro die Arbeit weiter verteuern – zumal dieser sich auch auf die Höhe der Sozialbeiträge auswirken würde. Die SPD lehnt zudem eine Anhebung des Renteneintrittsalters ab und möchte das Rentenniveau bei mindestens 48 Prozent stabilisieren.
Die Finanzierungsbasis dafür soll eine Bürgerversicherung schaffen, in die – wie in Österreich – alle Erwerbstätigen einzahlen, also auch Selbstständige, Beamte und Mandatsträger. Um die Bundeszuschüsse zur Stabilisierung der Rentenkasse tragen zu können, hatten sich die Ampelparteien auf die Bildung eines „Generationenkapitals“ geeinigt. Für dieses soll der Bund kreditfinanziert Aktien kaufen, die ESG-Kriterien genügen.
Bereits vor einem Jahr hatte die Vereinigung „Die jungen Unternehmer“ eine tiefgreifende Reform der Sozialsysteme angemahnt. Der Verband warnte, dass die Sozialbeiträge in Deutschland perspektivisch von damals etwa 40,9 Prozent auf 50 Prozent oder mehr im Jahr 2050 anwachsen könnten. Dies würde den Anreiz zu legaler Arbeit de facto beseitigen. Die Unternehmervereinigung berief sich auf ein Gutachten der WHU – Otto Beisheim School of Management.
Union will Erarbeitung von Lösungen Expertengremien überlassen
Aber auch bezüglich der CDU und CSU ist Holznagel nicht davon überzeugt, dass diese über ein langfristiges Konzept zur Stabilisierung des Rentensystems ohne Explosion der Sozialbeiträge verfügen. Die Unionsparteien wollen den Soli abschaffen und den Spitzensteuersatz ab 80.000 Euro greifen lassen. Eine Vermögenssteuer ist in ihrem Programm nicht vorgesehen.
Bezüglich der Rente will die Union am Renteneintrittsalter von 67 Jahren festhalten und Ausnahmen minimieren. Zudem will man Rentner dazu motivieren, eine Arbeitstätigkeit aufzunehmen oder aufrechtzuerhalten. Weitergehenden Vorschlägen wollen CDU und CSU nicht nähertreten. Angesichts der Tatsache, dass sie in der älteren Generation ebenso wie die SPD ein überdurchschnittliches Wählerpotenzial aufweisen, wollen sie keine Angriffsfläche bieten.
Die Union hat sich zur Stabilisierung der Lohnzusatzkosten bei maximal 40 Prozent bekannt. Konkrete Schritte dazu soll allerdings erst ein Expertengremium erarbeiten. Was sich jetzt schon abzeichnet, ist, dass die Union die Inanspruchnahme und Übertragung von betrieblicher Altersvorsorge erleichtern will. Zudem will man ein gefördertes Altersvorsorgeprodukt mit Aktienkomponente und Opting-out-Möglichkeit schaffen.
Einige Stimmen schlagen auch vor, alle Einkünfte – also auch aus Kapital oder Vermietung – sozialversicherungspflichtig zu machen. Dies würde die Beiträge signifikant senken. An der grundsätzlichen Problematik einer langfristig sinkenden Zahl an Beitragszahlern und steigenden Zahl an Rentenempfängern ändern jedoch auch Bürgerversicherungskonzepte wenig.
Steuerzahler-Präsident: Auch AfD bei Rente und Sozialabgaben „völlig blank“
Holznagel äußert sich auch skeptisch gegenüber der Kompetenz der AfD auf diesem Gebiet. Es gebe dort „sehr teure Versprechen wie die Willkommensprämie, die nicht zu finanzieren sind“. Zudem sei die AfD bezüglich der Sozialversicherung „völlig blank“, was eine langfristige Sicherung anbelange.
Im Leitantrag zum Bundestagswahlprogramm 2025 bekennt sich die AfD dazu, das österreichische Rentenversicherungssystem als vorbildlich zu betrachten; dieses weist höhere Rentenbeiträge, längere Wartezeiten und eine Versicherungspflicht für alle Erwerbstätigen auf. Die Rede ist dabei auch von einer langfristigen Absicherung durch die Förderung von Geburten. Zudem ist die Rede von einer flexibleren Verrentung.
Konkrete Vorschläge zur Senkung der Sozialbeiträge oder Elemente einer Kapitaldeckung fehlen jedoch. Bereits der frühere Bundessprecher Jörg Meuthen war mit dem Ansinnen gescheitert, das Umlageprinzip im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung infrage zu stellen.
Grüne äußern sich nicht zur Höhe der Sozialabgaben
Die Grünen streben eine Anhebung des Grundfreibetrags und des Arbeitnehmerpauschbetrags an. Außerdem fordern sie eine Vermögensteuer und erweiterte Familienleistungen. Das Rentenniveau wollen auch sie bei mindestens 48 Prozent stabilisieren.
Zudem will die Partei an einer Rente mit 67 festhalten, aber ab 60 Jahren Altersteilzeit fördern. Eine weitere Forderung der Grünen ist die Einführung einer steuerfinanzierten Garantierente oberhalb der Grundsicherung. Die Frage nach der Entwicklung der Sozialbeiträge lässt die Partei in ihrem Wahlprogramm offen.
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