Steuerzahlerbund: Bürger arbeiten bis 11. Juli für den Staat
Auch in diesem Jahr werden Steuerzahlerinnen und Steuerzahler wieder mehr als die Hälfte ihres Einkommens durch Steuern und Beiträge an öffentliche Kassen abführen. Von einem Euro Einkommen bleiben nach Abzug aller Abgaben einer am Dienstag vorgestellten Berechnung des Steuerzahlerbundes zufolge im Schnitt 47 Cent. Dadurch ergibt sich in diesem Jahr der sogenannte „Steuerzahlergedenktag“ am 11. Juli – also der Tag im Kalender, bis zu dem die Beschäftigten nicht für die eigene Tasche, sondern für öffentliche Kassen arbeiten.
„2024 beträgt die Einkommensbelastungsquote für einen durchschnittlichen Arbeitnehmerhaushalt 52,6 Prozent“, sagte Steuerzahlerbund-Präsident Reiner Holznagel bei der Vorstellung des Berichts. Darin berücksichtigt sind Steuern aller Art, Sozialversicherungsbeiträge sowie Rundfunkgebühren, die der Steuerzahlerbund als „Quasi-Steuern“ ansieht.
Single-Haushalte sind demnach mit rund 53,6 Prozent überdurchschnittlich belastet – bei ihnen fällt der „Steuerzahlergedenktag“ auf den 15. Juli. Bei Mehrpersonen-Haushalten ist dieser am 10. Juli. Die Belastung fällt hier mit 52,3 Prozent im Vergleich etwas niedriger aus.
Wenige europäische Länder mit höherer Belastung
Verglichen mit dem vorigen Jahr ist die Belastung um 0,1 Prozentpunkte minimal gesunken – 2023 lag der „Gedenktag“ noch am 12. Juli. Dazu beigetragen haben dürfte laut Holznagel das sogenannte Inflationsausgleichsgesetz, mit dem Einkommensverluste durch schleichende Steuererhöhungen – die sogenannte kalte Progression – abgemildert werden sollten.
Dass der Rückgang aber nur minimal ist, führt der Steuerzahlerbund auf höhere Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, gestiegene Steuersätze für Erdgas und Fernwärme sowie die jüngste Anhebung der Luftverkehrssteuer zurück.
Insgesamt sei die Steuer- und Abgabenbelastung in Deutschland im internationalen Vergleich zu hoch, monierte Holznagel. Europaweit sei diese bei Single-Haushalten hinter Belgien die zweithöchste, bei Mehrpersonen-Haushalten die dritthöchste.
Steuerzahlungen: Nicht alles ist „Verschwendung“
„Wir brauchen eine sehr dringliche und tiefgreifende Diskussion über unseren Einkommenssteuertarif, insbesondere zugunsten der Mittelschicht“, sagte Holznagel. Außerdem sollten die Umsatzsteuersätze auf alle lebensnotwendigen Güter des täglichen Bedarfs, also auch Strom und Heizung, auf sieben Prozent sinken. Dauerhaft müsse die Belastungsquote unter 50 Prozent liegen.
Holznagel betonte, dass nicht grundsätzlich alle Steuerzahlungen bis zum 11. Juli als „verschwendet“ anzusehen seien. Er sehe aber „erhebliches Effizienzpotenzial“. Eine Diskussion über die Höhe der Belastung sei aber notwendig. Das Gleiche gelte für die Rundfunkgebühren. Diese will er nicht als solche infrage stellen, in der Höhe seien sie aber diskutabel.
Ein besonderes Augenmerk legte Holznagel auf die Grundsteuer, die nach seinen Worten die „Volkssteuer Nummer eins“ ist. Die geplante Reform der Grundsteuer dürfe nicht zu Mehrbelastungen führen, sagte Holznagel. Sie müsse so ausgestaltet werden, dass dadurch kein höheres Steueraufkommen für den Staat generiert werde. (afp/dpa/dl)
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