Steinmeier warnt vor zweitem Lockdown: „Die Verantwortungslosigkeit einiger weniger ist ein Risiko für uns alle“
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Verstöße gegen Corona-Auflagen bei Demonstrationen in Berlin mit deutlichen Worten kritisiert. Zugleich rief er die Bürger dazu auf, sich weiter verantwortungsbewusst zu verhalten, um einen zweiten Lockdown zu vermeiden.
„Die Verantwortungslosigkeit einiger weniger ist ein Risiko für uns alle“, sagte Steinmeier am Montag in einer Videobotschaft. „Wenn wir jetzt nicht besonders vorsichtig sind, dann gefährden wir die Gesundheit vieler. Und wir gefährden darüber hinaus die Erholung unserer Gesellschaft, unserer Wirtschaft, unseres Kulturlebens.“
Steinmeier mahnte: „Jede und jeder von uns steht jetzt in der Verantwortung, einen zweiten Lockdown zu verhindern. Denn es ist doch ganz klar: Eine weitere Phase des Stillstands würde uns alle noch viel härter treffen.“
Die Bürger sollten jetzt besonders vorsichtig sein – in der Freizeit, bei der Arbeit, im Urlaub und auch nach der Rückkehr. „Gehen Sie weiterhin keine unnötigen Risiken ein! Und nutzen Sie die Möglichkeiten, sich testen zu lassen. Auch wenn’s schwerfällt: Bewahren wir Geduld und verhalten wir uns vernünftig!“
„Der Weg zur Normalität, die wir uns doch alle wünschen, geht nicht über Leichtsinn, Sorglosigkeit und Ignoranz“, betonte Steinmeier.
„Normalität, ein Leben ohne Maske und Abstand, werden wir nur erreichen, wenn wir die Zeit bis zur Verfügbarkeit wirksamer Medikamente überbrücken mit Disziplin und Vernunft.“ Es gelte weiter, Abstand zu halten, die Hygieneregeln zu beachten sowie Mund- und Nasenschutz dort zu tragen, wo es empfohlen wird.
Der Bundespräsident sagte, er sei froh, in einem Land zu leben, in dem sich so viele Menschen von Vernunft, Verantwortungsgefühl und Solidarität leiten ließen.
„Aber der Zwischenerfolg darf uns nicht leichtsinnig machen. Die Sommerlaune tut uns allen gut. Doch sie darf nicht dazu führen, dass wir nachlässig werden im Kampf gegen die Pandemie.“ Die Lage sein noch immer „unsicher und wackelig“.
Innenministerium bringt Beschränkungen für Corona-Demonstrationen ins Spiel
Nach der Berliner Großdemonstration am Wochenende hat das Bundesinnenministerium den zuständigen Behörden in den Ländern zu Wachsamkeit geraten.
„Wenn von vornherein absehbar ist, dass Auflagen nicht eingehalten werden, stellen sich Fragen, ob man solche Veranstaltungen zulassen kann“, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Montag in Berlin. Es sei Aufgabe der „zuständigen Behörden auf Länderebene“, darauf zu achten, dass die Vorgaben zum Infektionsschutz auch eingehalten werden.
Der Sprecher verwies darauf, dass es rechtlich grundsätzlich möglich sei, Teilnehmerbegrenzungen für geplante Kundgebungen festzulegen. Dies müsse jeweils im Einzelfall in Abhängigkeit von der verfügbaren Fläche geschehen.
Problematisch sei allerdings, dass bei der Auflösung einer Demonstration wegen Überschreitung der maximalen Teilnehmerzahl die Abstandsregeln nur schwer eingehalten werden könnten, räumte der Sprecher ein: „Mit der Auflösung schaffen Sie möglicherweise viel mehr Nähe.“
Der Ministeriumssprecher stellte zugleich klar, dass das Demonstrations- und Versammlungsfreiheit ein „hohes Gut“ sei, „das auch in Zeiten der Krise gewährleistet sein muss“. Kundgebungen wie am Wochenende seien aber „eine Gesundheitsgefahr für uns alle und in dieser Form nicht akzeptabel“. (dpa/afp/nh)
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