Steinmeier fordert schnelle Corona-Aufarbeitung: „Sonst werde ich das tun“

Fünf Jahre nach den ersten Corona-Fällen sieht Steinmeier tiefe Spuren in der Gesellschaft. Nun drängt er auf Transparenz, um Vertrauen zurückzugewinnen.
Titelbild
Bundespräsident Steinmeier: Eine Aufarbeitung der Corona-Pandemie kann das Vertrauen in die Demokratie wieder stärken.Foto: Michele Tantussi/Getty Images
Epoch Times25. Januar 2025

Fünf Jahre nach den ersten Corona-Fällen in Deutschland hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf eine zügige Aufarbeitung der Pandemie nach der Bundestagswahl gedrängt und angekündigt, ansonsten eine eigene Kommission zu berufen. „Die Pandemie hat tiefe Spuren in der Gesellschaft hinterlassen, die unübersehbar sind“, sagte Steinmeier dem Nachrichtenmagazin „Stern“ laut Vorabmeldung von Samstag. Der wichtigste Beitrag zur Rückschau auf die Pandemie sei ihre Aufarbeitung.

„Wir werden uns nach den Neuwahlen sehr schnell auf das ‚Wie‘ der Aufarbeitung verständigen müssen. Es eilt“, fuhr er fort. „Nach meinem Eindruck ist die Erwartung in der Öffentlichkeit groß.“

Steinmeier gab an, notfalls alleine tätig zu werden. „Wenn eine neue Regierung und ein neuer Bundestag sich dieser Aufgabe tatsächlich nicht widmen sollten, werde ich das tun“, sagte er.

Regierung und Opposition uneinig

Es gehe ihm nicht um eine „vordergründige Suche nach Schuldigen“, fügte der Bundespräsident hinzu. „Wir müssen uns selbst gegenüber Rechenschaft ablegen, was gut lief, was weniger gut lief, was geschadet hat. In unser aller Interesse Transparenz herstellen. Darum geht es.“

Steinmeier zeigte Unverständnis, dass keine Verständigung zustande gekommen ist. Eine Aufarbeitung könne die Chance bieten, Menschen zurückzugewinnen, die ihr Vertrauen in die Demokratie verloren hätten oder zumindest daran zweifelten. „Wenn wir nicht aufarbeiten, dann bleibt das Verdrängte“, fuhr Steinmeier fort. „Was aber viel gefährlicher ist: Das Verschwiegene kreiert Verdacht. Und das ist etwas, womit Populisten gerne hantieren.“

Regierung und Opposition, aber auch die Ampel-Koalition untereinander hatten sich in den vergangenen Monaten laut „Stern“ nicht auf eine institutionelle Aufarbeitung der Pandemie und ihrer Folgen einigen können. Diskutiert wurde demnach über einen Untersuchungsausschuss, eine Enquête-Kommission, aber auch über Bürgerräte.

Das sagen die Wahlprogramme der Parteien

Unter den im Bundestag vertretenen Parteien sprechen sich das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und die Alternative für Deutschland (AfD) sowie die FDP in ihren offiziellen Wahlprogrammen für eine Corona-Aufarbeitung per Untersuchungsausschuss.

Dem aktuellen Wahlprogramm (PDF) ist zu entnehmen, dass es nach BSW-Vorstellungen eine systematische Erfassung und Entschädigung von Impfschäden, eine „Stärkung der behördeninternen Selbstkontrolle“ und ein Corona-Amnestiegesetz geben sollte.

Die AfD fordert, dass sämtliche Entscheidungsträger „von interessensgesteuerten, entgegen der Wissenschaft herbeigeführten Maßnahmen“ zur Verantwortung gezogen werden. Zudem sollen die „zu Unrecht Verurteilten vollständig rehabilitiert und entschädigt werden“. Darüber hinaus verlangt die Partei, die Coronagesetze und -richtlinien zu überprüfen und „gegebenenfalls“ aufzuheben.

Die FDP schreibt in ihrem Wahlprogramm (PDF): „Wir Freie Demokraten fordern einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, um echte Aufklärung und Transparenz durch ein geordnetes Verfahren zu gewährleisten und Handlungsempfehlungen für zukünftige Krisen zu geben“.

Eine Empfehlung der FDP für die Gegenwart gibt es schon: Die „während der Corona-Pandemie eingeführten Sonderregelungen zur telefonischen Krankschreibung“ sollen nach Vorstellung der Liberalen abgeschafft werden. Die FDP muss mit Umfragewerten unter fünf Prozent und wenig Aussicht auf Direktmandate allerdings um ihren Einzug in den Plenarsaal fürchten.

Bei der Noch-Kanzlerpartei SPD kommt der Begriff Corona im Wahlprogramm (PDF) genau zweimal vor: einmal als Zeitmarke für den Beginn des Lebensmittelpreisanstiegs, einmal auch beim Kapitel über Gesundheitsversorgung. Die Sozialdemokraten versprechen demnach, „das staatliche Krisenmanagement in der Corona-Pandemie umfassend aufarbeiten“ zu wollen, „um daraus lernen zu können“. Konkrete Ansagen über das favorisierte Gremium eines Bürgerrats fehlen.

Im gemeinsamen Wahlprogramm von CDU und CSU (PDF) tauchen die Worte Corona oder COVID-19 ebenso wenig auf wie der Terminus Untersuchungsausschuss. Dasselbe gilt für die Linke.

Das Wahlprogramm der Grünen (PDF) kennt das Wort Aufarbeitung nur im Kontext der deutschen Kolonialgeschichte und mit dem Umgang von Opfern von Terroranschlägen. In ihrem Abschnitt über Gesundheitspolitik fordern die Grünen, dass „Projekte zur Ursachen- und Versorgungsforschung ausreichend finanziert und vorangetrieben werden“ sollen, und zwar „mit Blick auf die steigende Anzahl von Betroffenen von ME/CFS und Long Covid“.

Dasselbe gilt für die Linke

(afp/red)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion