Stehende Ovationen für Nawalnys Witwe in München
Nur wenige Stunden, nachdem am Freitag der Tod des bekanntesten russischen Kreml-Kritikers, Alexej Nawalny, in Haft bekannt geworden war, trat seine Witwe in München auf die Hauptbühne im Bayerischen Hof – und klagte an: Putin und seine Verbündeten sollten „bestraft werden für das, was sie unserem Land, meiner Familie und meinem Mann angetan haben“, sagte Julia Nawalnaja.
Mit Tränen in den Augen, um Fassung ringend und gleichzeitig entschlossen forderte Nawalnaja: „Wir sollten heute gegen dieses schreckliche Regime in Russland kämpfen.“ Putin müsse „persönlich für alle Gräueltaten zur Rechenschaft gezogen werden“.
Nawalny starb nach Angaben der russischen Behörden in einer Strafkolonie in der russischen Polarregion, in der er mit härtesten Haftbedingungen gepeinigt wurde. Er war der prominenteste und entschiedenste Gegner von Russlands Präsident Wladimir Putin und verbüßte in der Strafkolonie in Charp eine 19-jährige Haftstrafe.
Sie habe darüber nachgedacht, die Konferenz zu verlassen und zu ihren Kindern zurückzukehren, sagte Nawalnaja in München. Dann aber habe sie sich gefragt, was ihr Mann an ihrer Stelle getan hätte: „Und ich bin sicher: Er hätte hier auf dieser Bühne gestanden.“ Von den Gästen im Bayerischen Hof wurde Nawalnaja mit stehenden Ovationen bedacht.
Die Nachricht von Nawalnys Tod hatte sich kurz vor der Eröffnung der Sicherheitskonferenz (MSK) wie ein Lauffeuer verbreitet. Sein Tod wirft einen weiteren dunklen Schatten über die 60. Ausgabe der MSK, von der sich Konferenzleiter Christoph Heusgen eigentlich einen „Silberstreifen am Horizont“ erhofft hatte.
Nawalnys Tod beherrschte die Stimmung am ersten Konferenztag. Kaum ein Politiker oder eine Politikerin kam ohne einen Verweis auf den trotz der fürchterlichen Haftbedingungen am Ende überraschenden Tod Nawalnys aus. Heusgen nannte den Oppositionellen in seiner Eröffnungsrede einen „sehr besonderen Mann“, um den die Konferenz trauere.
US-Außenminister Antony Blinken stellte klar, wem Washington die Schuld an Nawalnys Tod gibt: „Russland ist dafür verantwortlich“, sagte er. Die zugrunde liegende „Furcht“ vor einem einzelnen Mann zeige „die Schwäche und Fäulnis im Herzen des Systems“, das Putin errichtet habe.
Es ist das dritte Mal in Folge, dass keine russischen Regierungsvertreter in München dabei sind, das zweite Mal, dass sie nicht eingeladen wurden.
Auf der Konferenz soll neben dem Krieg im Nahen Osten und anderen Krisen und Herausforderungen in der Welt wieder die Zukunft der Ukraine diskutiert werden. Heusgen hatte zudem das Thema Rechtsstaatlichkeit in den Mittelpunkt der Veranstaltung gerückt, die überlebenswichtig sei. Nawalnys Tod scheint fast wie eine zynische Reaktion Moskaus darauf. Die Konferenzteilnehmer müssen nun in München zeigen, was sie dem entgegenzusetzen haben. (afp)
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