Stationierung von US-Langstreckenwaffen nur temporär – Europa will eigene entwickeln
Zum Zwecke der „Abschreckung Russlands“ hat die deutsche Bundesregierung am Rande des NATO-Gipfels in Washington, D. C., der Stationierung von Langstreckenwaffen der USA in Deutschland zugestimmt. Die sogenannten abstandsfähigen Präzisionswaffen haben eine Reichweite von mehr als 2.000 Kilometern und könnten unter anderem Moskau erreichen. Der Gipfel ist am Donnerstag, 11. Juli, zu Ende gegangen. Die Bündnisstaaten hatten zuvor auch eine Erklärung unterzeichnet.
Mit der Maßnahme will man eigenen Angaben zufolge Russland von möglichen Angriffen auf europäische NATO-Mitgliedstaaten abschrecken. Belastbare Indizien für Pläne des Kremls zu einem solchen Angriff gibt es bis dato keine. Allerdings hat die Politik von EU und NATO gegenüber der Ukraine das westliche Militärbündnis in den Augen der Russischen Föderation zur Bedrohung gemacht.
Deutschland, Polen, Frankreich und Italien wollen Langstreckenwaffen gemeinsam entwickeln
Die Stationierung der Langstreckenwaffen – die erste ihrer Art seit den 1990er-Jahren – soll jedoch nur eine vorübergehende Lösung sein. Das bestätigte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius am Rande des NATO-Gipfels.
Die US-Waffen, neben Langstreckenraketen auch Marschflugkörper, Kampfflugzeuge und Luftabwehrsysteme, sollen in Deutschland bleiben, bis Europa in der Lage ist, eigene zu entwickeln.
Bereits am Donnerstag, 11. Juli, unterzeichneten Pistorius und dessen Amtskollegen aus Polen, Frankreich und Italien eine Absichtserklärung. Die vier NATO-Staaten planen in einem ersten Schritt, „bodengestützte Marschflugkörper mit einer Reichweite von mehr als 500 Kilometern“ zu entwickeln. In weiterer Folge soll es europäische Langstreckenwaffen geben, die sich über mehr als 1.000 Kilometer einsetzen lassen. Mit diesen könnte Russland von Deutschland aus angegriffen werden.
Pistorius sieht Ausbaufähigkeit des Rüstungshaushalts
Im „heute journal“ des ZDF machte Pistorius Russland für eine angebliche neue „Bedrohungslage“ verantwortlich. Dieser müsse Europa eine „klare Abschreckungsfähigkeit und Verteidigungsbereitschaft entgegensetzen“. Europäische Länder verfügten jedoch kaum über konventionelle Langstreckenwaffen – und auch der Haushalt bilde derzeit noch keine Kapazitäten ab, um solche zeitnah zu schaffen.
Erst jüngst hatte Pistorius beklagt, dass die Erhöhung des Wehretats im Haushalt 2025 nicht das von ihm gewünschte Ausmaß erreicht habe. Der scheidende NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte im Vorfeld des Gipfels erklärt, das Zwei-Prozent-Ziel des Bündnisses werde perspektivisch nicht mehr das Ziel, sondern die Untergrenze der Rüstungsausgaben markieren.
Man müsse derzeit aber, so Pistorius, „mit den Spielräumen arbeiten, die wir haben“. Im nächsten Jahr werden dem derzeitigen Etat des Bundesverteidigungsministeriums von 52 Milliarden Euro lediglich etwa 1,2 Milliarden Euro hinzugefügt. Der Minister hatte von bis zu sieben Milliarden Euro an Zusatzbedarf gesprochen und eine Ausnahme von der Schuldenbremse gefordert.
Ab 2028 hält er eine „nicht unbeträchtliche zweistellige Milliardenbetragserhöhung“ für erforderlich. Die Finanzplanung sehe bis dahin eine Steigerung auf rund 80 Milliarden Euro vor – um die „Zeitenwende“ zu sichern.
Scholz: Langstreckenwaffen „sichern Frieden“ – Skepsis reicht bis in die Reihen der Ampel
Bundeskanzler Olaf Scholz verteidigte die Stationierung der US-Langstreckenwaffen als „sehr gute Entscheidung, die den Frieden sichert“. Kritik kam hingegen aus dem BSW und der Linkspartei, aber auch aus den Reihen der Grünen und der SPD selbst. Linken-Verteidigungssprecher Dietmar Bartsch warnte vor einem neuen Rüstungswettlauf, BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht sieht eine Gefahr, dass „Deutschland selbst zum Kriegsschauplatz“ werden könne.
Grünen-Sicherheitssprecherin Sara Nanni sieht „Klärungsbedarf“ aufseiten des Kanzlers. Dass er sich nicht im Detail zu dem Vorhaben geäußert habe, könne „Ängste verstärken und lässt Raum für Desinformation und Verhetzung“. Die „weitreichende Entscheidung“ stehe im Gegensatz zur aktuellen Haushaltseinigung, aber auch zur „vergleichsweise zurückhaltenden Kommunikation über den Ernst der Lage durch Olaf Scholz selbst“.
Putin: Westen steht für „klassischen Kolonialismus“
In Russland selbst sieht die Sprecherin des Außenministeriums, Marija Sacharowa, die Entscheidung der USA, Langstreckenwaffen in Deutschland zu stationieren, als Ablenkungsmanöver. Das Weiße Haus versuche, „den liberalen Kandidaten der Demokraten nach seinem verpatzten Debattenauftritt zu retten“.
Seit diesem stelle sich die US-amerikanische Öffentlichkeit Fragen nach dem Gesundheitszustand Joe Bidens. Deshalb, so Sacharowa gegenüber der Nachrichtenagentur „TASS“, würden außenpolitisch drastische Schritte unternommen und die Situation in der Ukraine „aufgeblasen“.
Präsident Wladimir Putin selbst warf dem Westen mit Blick auf den NATO-Gipfel eine Rückkehr zum „klassischen Kolonialismus“ vor. Dessen „regelbasierte Ordnung“, die er weltweit durchsetzen wolle, basiere auf Regeln, „die keiner je gesehen, diskutiert oder akzeptiert“ habe. Ziel des Westens sei es, einen Machtverlust zugunsten einer multipolaren Weltordnung zu verhindern, für welche die BRICS-Staaten stünden, so der Präsident gegenüber „TASS“.
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