Stationierung von NATO-Soldaten in Rostock: Rechtsgrundlage bleibt offen

Die anstehende Einweihung eines neuen Marine-Hauptquartiers für die NATO in Rostock, Mecklenburg-Vorpommern, war Thema in der Bundespressekonferenz. Zukünftig sollen ausländische Soldaten dort stationiert werden, was einen Bruch des Zwei-plus-Vier-Vertrages darstellen könnte. Nach den Antworten der Regierungssprecher bleiben Fragen zur Rechtsgrundlage offen.
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Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (l.) und der Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Jan Christian Kaack.Foto: Focke Strangmann/AFP über Getty Images
Von 18. Oktober 2024

Am Montag, 21. Oktober, weihen Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, das neue maritime taktische Hauptquartier für die NATO – namens „Commander Task Force Baltic“ (CTF Baltic) – in Rostock, Mecklenburg-Vorpommern, ein. Epoch Times wird live von der Veranstaltung berichten.

Das CTF Baltic fungiert als nationales Führungsquartier mit multinationaler Beteiligung unter einem deutschen Konteradmiral und Stellvertretern aus Polen und Schweden. Insgesamt werden elf weitere Nationen personell an dem Stab beteiligt sein.

Bei der Bundespressekonferenz am 16. Oktober wollte der ehemalige „RT DE“-Online-Chefredakteur Journalist Florian Warweg von den „NachDenkSeiten“ vom Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) wissen, wie man die Stationierung von NATO-Soldaten in Rostock aufgrund des „Zwei-plus-Vier-Vertrages“ völkerrechtlich rechtfertige.

Zwei-plus-Vier-Vertrag untersagt ausländische Soldaten auf Ex-DDR-Gebiet

Mit dem in Moskau am 12. September 1990 unterzeichneten Zwei-plus-Vier-Vertrag wurde unter anderem festgelegt, dass zwar gesamtdeutsche Truppen zukünftig der NATO angehören können, aber keine ausländischen Streitkräfte auf ostdeutschem Gebiet stationiert werden dürfen.

Der Vertrag wurde ausgehandelt und unterzeichnet zwischen den beiden deutschen Staaten BRD und DDR und den vier Siegermächten des Zweiten Weltkrieges – den USA, der Sowjetunion, Frankreich und Großbritannien.

Auf die Frage Warwegs antwortete der Ministeriumssprecher, der ehemalige ARD-Journalist Michael Stempfle: „Da ist es so, dass der Vertrag [Zwei-plus-Vier-Vertrag] regelt, dass keine ausländischen Streitkräfte in Ostdeutschland stationiert werden sollen. Und das passiert auch nicht.“

Es gehe um ein deutsches Hauptquartier, das militärische Lagebilder zum Operationsraum Ostsee erstelle. Das Gros des Personals sei „natürlich“ von der deutschen Marine. Aber es gebe auch eine Beteiligung von Ostsee-Anrainerstaaten; sie würden „auch vereinzelt Personal dort abstellen“.

Regierungssprecher sieht keine Stationierung

Warweg zeigt sich irritiert von der Antwort. Offenbar sieht er einen Widerspruch:

„Also die schwedische Seite spricht sehr wohl davon, dass ihre Soldaten in Rostock stationiert werden sollen.“

Auch stehe der Stationierung von NATO-Soldaten in Rostock nicht nur der „Zwei-plus-vier-Vertrag“ entgegen. Sondern es gebe auch den Einigungsvertrag, der festlege, dass sowohl das NATO-Truppenstatut als auch der Vertrag über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte nicht in den fünf neuen Bundesländern gelte, so der Journalist.

Und er fragte: Auf welcher Rechtsgrundlage solle das NATO-Personal in Rostock stationiert werden, wenn NATO-Truppenstatut und Aufenthaltsvertrag dort nicht gelten?

Darauf Stempfle: Schweden werde acht Personen zur Verfügung stellen. „Nur mal, um die Dimension klarzumachen.“

Er habe bereits gesagt, dass das BMVg nicht von einer Stationierung spreche, sondern dass es ein deutsches Hauptquartier sei und in dieser Funktion die Arbeit dort erledige.

„Aber natürlich sind wir verpflichtet, wenn es darum geht, Daten zu sammeln, die auch mit unseren NATO-Partnern zu tauschen.“ Dafür würden wenige Personen von anderen Ostsee-Anrainerstaaten eingebunden. „Da haben wir keine, wie Sie es erscheinen lassen, Stationierung von Streitkräften.“

Darauf erwidert Warweg, dass das BMVg in seiner Pressemitteilung von bis zu 60 ausländischen Soldaten oder Offizieren für Rostock gesprochen habe und Schweden erklärt habe, dass seine Soldaten jeweils zwei Jahre in Rostock bleiben würden.

Man spreche von 26 Dienstposten, die multinational besetzt werden und nicht 60, erklärt Stempfle daraufhin und verspricht, nachträglich die Diskrepanz zwischen den Zahlen aufzuklären. Denn er habe nur eine Information zu 26 Stellen.

Rechtsgrundlage für Stationierung bleibt offen

Dann schaltet sich Sebastian Fischer, Sprecher des Auswärtigen Amts, ein:

Die genaue Zahl der ausländischen Soldaten sei möglicherweise nicht ganz entscheidend. „Entscheidend ist nämlich, dass es eine deutsche Dienststelle ist.“ Die Kontrolle in allen Verwaltungs- und Haushaltsangelegenheiten liege beim BMVg; hier greife nicht das NATO-Truppenstatut. „Es ist ein nationales Hauptquartier mit einer multinationalen Beteiligung.“

Auf die darauf erfolgte Nachfrage Warwegs an Fischer, auf welcher Rechtsgrundlage dann der Einsatz der ausländischen Soldaten dort erfolge, antwortete Fischer:

„Es sind Austausch- und Verbindungsbeamte mit denen, die dort arbeiten.“

Nationaler Stab beinhaltet NATO-Führungsstab

Das auf Wunsch der NATO eingerichtete Kommando CTF Baltic ist integriert in dem im Jahr 2019 in Rostock gebildeten Stab DEU MARFOR (NATO-Abkürzung für German Maritime Forces Staff) und kann in Krisenzeiten durch die NATO oder die EU als maritimes Hauptquartier aktiviert werden.

Damit können dann multinationale Flottenverbände samt U-Booten, Kampfflugzeugen und -hubschraubern befehligt werden. Dies kann in einer festen Infrastruktur an Land oder aber an Bord von deutschen oder verbündeten Kriegsschiffen erfolgen.

In Friedenszeiten soll es in der Region Ostsee dem NATO-Bündnis rund um die Uhr ein aktuelles maritimes Lagebild zur Verfügung stellen und dazu militärische und zivile Daten zusammenführen.

Zunächst sollen im CTF Baltic 26 Stellen mit Soldaten aus Partnerstaaten besetzt werden. Insgesamt sind bis zu 60 multinationale Dienstposten von 180 im CTF Baltic in Friedenszeiten möglich. Im Krisen- und Konfliktfall kann der Stab auf bis zu 240 Dienstposten aufwachsen, heißt es beim Verteidigungsministerium.



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