Startschuss für den Bundeshaushalt 2025 mit Milliardenlücke
Es geht schon wieder los: Kaum ist der Bundeshaushalt für das laufende Jahr nach hartem Ringen beschlossen, beginnt in diesen Tagen das Feilschen um das Budget für 2025. Finanzminister Christian Lindner (FDP) will seinen Ministerkollegen diesmal enge Grenzen setzen – denn schon jetzt klafft in den Planungen eine Milliardenlücke.
Erst einmal muss dafür Lindners neuer Haushalts-Staatssekretär Wolf Reuter ran: Der 39-Jährige will seine für zuständigen Kollegen auf einen verschärften Sparkurs einschwören.
Werden die Verhandlungen wieder so hart wie im vergangenen Jahr?
Viel einfacher dürfte es jedenfalls nicht werden – auch wenn der Überraschungseffekt ausbleibt. Im vergangenen Jahr hatte das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nur Tage vor dem geplanten Haushaltsbeschluss einen ohnehin schon schwierigen Prozess völlig durcheinandergebracht.
Diesmal stellen sich alle von Beginn an auf einen harten Kampf ein. „Unser Land steht vor großen wirtschafts- und finanzpolitischen Herausforderungen. Im Bundeshaushalt zeichnet sich für die künftigen Haushaltsjahre ein deutlicher, struktureller Konsolidierungsbedarf ab“, warnte Reuter die anderen Ministerien bereits im Februar per Brief. Übersetzt bedeutet das: Wir müssen sparen.
Manche beziffern die Lücke im Haushaltsplan auf 15, andere auf 25 oder sogar 30 Milliarden Euro. Es sei auch nicht zu erwarten, dass sich durch die Konjunktur „Entlastungseffekte für den Bundeshaushalt ergeben“, schrieb Reuter seinen Kollegen. Die anhaltend schwache Wirtschaftslage macht sich inzwischen auch bei den Steuereinnahmen bemerkbar.
Wirtschaftswissenschaftler Jens Südekum warnt die Ampel-Regierung trotzdem vor einem Sparhaushalt. So etwas wäre „ökonomisch und politisch falsch“, meint er.
„Wir dürfen jetzt nicht in so einen Sparhaushalt rein taumeln, nur weil es jetzt innerhalb der Ampel-Koalition in Berlin ganz grundsätzlich unterschiedliche Ansichten gibt zwischen den einzelnen Partnern.“ Der Wissenschaftler sieht nicht nur im Kernhaushalt Probleme, auch der Klimafonds KTF stehe „blank da“. „Das heißt mit anderen Worten, wir laufen auf große Haushaltslöcher zu“, sagt Südekum voraus.
Wie will sich Lindner durchsetzen?
Im vergangenen Jahr hatte Lindner sogar Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in die festgefahrenen Gespräche mit den Ministerien eingeschaltet, weil diese sich nicht auf einen Sparkurs einlassen wollten.
Dieses Mal packt der FDP-Chef das Verfahren von vornherein anders an. Die Aufstellung des Haushalts werde sich „grundlegend von denen in den Vorjahren unterscheiden“, kündigte Reuter an.
So will das Finanzministerium nicht wie üblich erst Etat-Eckwerte verhandeln, sondern den Häusern gleich Ausgabenobergrenzen vorgeben. Dadurch will man verhindern, dass die Ministerien wieder hohe Wünsche anmelden, die man dann erst mal runterverhandeln muss. Offen ist, ob Lindners Kollegen das veränderte Verfahren akzeptieren.
Wo stehen Kürzungen an?
Der Finanzminister hat bereits erklärt, Ausgaben müssten stärker als bisher priorisiert werden. Es sind unterschiedliche Verfahren denkbar, um die nötigen Mittel einzusparen.
Pauschal könnte zum Beispiel jedes Ressort einen Prozentsatz seiner Ausgaben herunterfahren. „Jedes Fachministerium muss nun echte Einsparungen liefern, ganze Projekte und Aufgaben infrage stellen“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Torsten Herbst, der „Bild“.
Doch das scheint unwahrscheinlich, denn Scholz hat schon klargemacht, dass weder der Verteidigungsetat noch die Sozialausgaben angetastet werden sollen.
Lindner dagegen regte ausgerechnet bei Sozialausgaben und Subventionen ein mehrjähriges Moratorium an, um mehr Geld in Verteidigung stecken zu können. DGB-Chefin Yasmin Fahimi warnte vor Kürzungen bei Sozialleistungen. In Zeiten des Umbruchs dürfe man nicht weitere soziale Verwerfungen durch Einsparungsdebatten provozieren.
Wo soll das Geld dann herkommen?
SPD und Grüne liebäugeln weiterhin damit, dass der Bund mehr Kredite aufnimmt. Dafür müsste die Schuldenbremse erneut ausgesetzt werden.
Auch der DGB, viele Sozialverbände und auch einige Wirtschaftswissenschaftler sprechen sich dafür aus. Sie meinen, eine solche Ausnahme könne man mit der außergewöhnlichen Unterstützung der Ukraine und der Flüchtlinge begründen.
Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse sieht nur eine eng begrenzte Nettokreditaufnahme vor, kann aber im Fall von Naturkatastrophen oder anderen außergewöhnlichen Notlagen ausgesetzt werden. Das war zum Beispiel während der Corona-Pandemie der Fall.
Lindner und seine FDP sehen dafür aber aktuell keine Grundlage. Und sie warnen davor, dass Deutschland sein gutes Bonitätsrating riskieren und man künftigen Generationen durch neue Schulden hohe Zinszahlungen aufbürden würde.
Gibt es auch Bereiche, die mehr Geld bekommen sollen?
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sieht großen Investitionsbedarf bei der Bundeswehr und will einen höheren Wehretat. Dem wäre auch Lindner nicht abgeneigt – aber nur, wenn an anderer Stelle im Haushalt entsprechend gespart wird.
Außerdem hält der Finanzminister ein neues Paket zur Unterstützung der schwachen Wirtschaft für nötig, unter anderem mit einer Senkung der Steuerlast.
Das will auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), doch in zentralen Fragen verfolgen die beiden grundlegend unterschiedliche Philosophien. Dabei geht es zum einen um die Finanzierung: Lindner will im Rahmen der Schuldenbremse bleiben, Habeck ein Sondervermögen, also einen schuldenfinanzierten Sondertopf.
Außerdem neigen die Grünen eher zu Subventionen, während die FDP auf Anreize zum Beispiel durch niedrigere Steuern setzt. Eine Steuerreform wird aber kaum Zustimmung der Koalitionspartner bekommen, wenn man nicht an den Spitzensteuersatz rangeht.
Kann der Disput die Koalition sprengen?
Haushaltsverhandlungen bergen immer Sprengkraft, denn es wird deutlich, dass die Koalitionspartner sehr unterschiedliche Ziele verfolgen. Vor allem der FDP wird nachgesagt, quasi den Finger auf dem Abzug zu haben.
Doch alle drei Koalitionspartner müssen sich angesichts der aktuellen Umfragewerte die Frage stellen, was sie durch ein Ende der Koalition gewinnen würden. (dpa/red)
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