Städtetag warnt vor akuter Finanznot der Kommunen: „Diesmal ist es wirklich ernst“

Der Deutsche Landkreistag warnt vor einem finanziellen Kollaps der Kommunen. „Aus unserer Sicht brauchen wir einen echten Ruck für die kommunale Ebene“, sagte der Hauptgeschäftsführer des kommunalen Spitzenverbands, Hans-Günter Henneke, dem „Handelsblatt“.
So könne es in den Landkreisen keine weiteren vier Jahre weitergehen. „Wir brauchen dringend Entlastung.“ Zudem, so Henneke weiter, eine bessere Steuerausstattung der Kommunen insgesamt.
Hintergrund ist die aktuelle Finanzlage, wonach in weiten Teilen der Landkreise die Rücklagen zu 80 Prozent aufgezehrt seien.
Das Defizit hat sich nahezu verdoppelt: auf 25 Milliarden Euro
„Ohne Stopp des Ausgabenwachstums und einer Stärkung der kommunalen Einnahmebasis droht den Landkreishaushalten der Kollaps“, wird der Landkreistag vom „Handelsblatt“ zitiert.
Laut Henneke hatten die kommunalen Spitzenverbände für 2024 ursprünglich mit einem kommunalen Defizit von 13,2 Milliarden Euro gerechnet, tatsächlich habe das Minus nach den ersten drei Quartalen 24,9 Milliarden Euro betragen.
Das sind gigantische Zahlen, die die strukturellen Fehler offenbar werden lassen.“
Um die Lage zu verbessern, verlangt Henneke für die Kommunen einen höheren Anteil bei der Verteilung der Umsatzsteuer. Bislang erhalten Städte und Gemeinden nur 2,2 Prozent des gesamten Umsatzsteueraufkommens, der Rest geht an Bund und Länder. Henneke sagte: „Der prozentuale Anteil der Kommunen an der Umsatzsteuer muss verdreifacht werden.“
Zudem mahnte er eine grundlegende Neuausrichtung des Sozialstaats an. Dafür sei eine konsequente Deregulierung nötig. „Das sind große Aufgaben, deshalb darf keine weitere Zeit verschenkt werden“, so Henneke.
Kommunalfinanzen vor dem Zusammenbruch
„Die neue Bundesregierung wird große Räder drehen müssen, damit die Kommunalfinanzen nicht komplett zusammenbrechen und die Städte endlich wieder vor Ort gestalten können“, sagte Städtetags-Präsident Markus Lewe (CDU) am Montag in Berlin. Der Oberbürgermeister von Münster verwies darauf, dass schon jetzt vielerorts die Einschnitte in die städtischen Leistungen erheblich seien.
Lewe sagte, eine neue Blitzumfrage in den deutschen Städten „erschreckende Ergebnisse“ geliefert. Nur noch zwei Prozent der Städte bewerteten ihre finanzielle Lage in der Gegenwart und den kommenden fünf Jahren gut oder sehr gut, 95 Prozent dagegen schlecht oder sehr schlecht.
37 Prozent der Städte können keinen ausgeglichenen Haushalt mehr vorlegen, weitere 47 Prozent schafften einen ausgeglichenen Haushalt nur, indem sie auf finanzielle Rücklagen zurückgreifen.
100 Großstädte nahmen an der Umfrage teil. Für Lewe zeigen die Ergebnisse „überdeutlich, dass Bund und Länder nach der Bundestagswahl dringend für eine Trendwende sorgen müssen“.
Er forderte den Bund auf, dass keine neuen Aufgaben mehr an die Städte weitergegeben werden, die nicht finanziell gedeckt sind. Außerdem müsse die Schuldenbremse erneut auf den Prüfstand gestellt werden.
Leipzig: „Alles steht auf dem Prüfstand“
Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) nannte die Finanzlage der Städte „sehr, sehr alarmierend“. An fast allen Stellen werde bei städtischen Leistungen „eingefroren oder gekürzt“, sagte Jung. „Die gesamte Angebotspalette steht auf dem Prüfstand.“ Er nannte zum Beispiel die Bereiche Schulen, Kultur, Sport, Soziales. „Diesmal ist es wirklich ernst“, sagte Jung.
Bonns Oberbürgermeisterin Katja Dörner (Grüne) gab zu bedenken, dass besonders die derzeit unter großem Druck stehenden Bereiche wie Kultur und Sport diejenigen seien, „die eine Stadtgesellschaft zusammenhalten“. Gerade diese müssten eigentlich gestärkt werden.
Städtetags-Präsident Lewe mahnte auch Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur an. Im öffentlichen Nahverkehr gebe es immer mehr Städte, die ganze Linien nicht mehr betreiben können.
„Wir brauchen dringend Investitionen in den Erhalt und in die Zukunft“, sagte Lewe auch mit Blick auf die teils marode Straßen- und Brückeninfrastruktur. Derzeit fließe etwa die Hälfte seines Budgets in soziale Transferleistungen.
(dts/afp/red)
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