CSU für Obergrenze von 100.000 Asylbewerber pro Jahr – „Abschiebe-Turbo“ nötig
Angesichts weiter steigender Flüchtlingszahlen fordert CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt eine deutlich niedrigere Obergrenze für Asylbewerber als bislang diskutiert. „Es gibt erkennbar eine Belastungsobergrenze für Deutschland, die ist überschritten“, sagte Dobrindt der „Bild am Sonntag“. „Ein Blick auf die Situation in unseren Kommunen zeigt, dass zukünftig eine Zahl von 100.000 die wahrscheinlichere Belastungsgrenze darstellt.“
Dobrindt verwies auf 240.000 Asylanträge im vergangenen Jahr, mutmaßlich über 300.000 in diesem Jahr und eine Million Geflüchtete aus der Ukraine.
Auf die Frage, wie eine solche Obergrenze rechtlich und praktisch umgesetzt werden könnte, sagte Dobrindt: „Es wäre eine naive Debatte, sich um die Behandlung des 100.001. Flüchtlings zu verkopfen. Es geht einzig und allein darum, die Zahlen insgesamt so weit zu reduzieren, dass diese Belastungsobergrenze nicht erreicht wird.“
Um die Zahl von maximal 100.000 Asylanträgen nicht zu überschreiten, forderte der CSU-Politiker: „Deutschland muss seine Magnetwirkung reduzieren: Sozialleistungen für Asylbewerber deutlich senken, Schutzeinrichtungen außerhalb der EU schaffen, den Familiennachzug einschränken und die freiwilligen Aufnahmeprogramme beenden. Auch das Vorhaben der Ampel einer Express-Einbürgerung nach drei Jahren muss gestoppt werden.“
„Abschiebe-Turbo“ nötig
Die Ankündigungen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), die Abschiebungen deutlich zu steigern, sieht Dobrindt, skeptisch. „Mit den bisherigen Plänen dürfte die Zahl der Abschiebungen um maximal einige Hundert pro Jahr steigen. Nötig wäre ein Abschiebe-Turbo durch Rückführungsabkommen mit den Herkunftsländern. Als Hebel dafür müssen Entwicklungshilfe, Visa-Erteilung und die wirtschaftliche Zusammenarbeit eingesetzt werden.“
Auch an einen Erfolg des Deutschland-Pakts der Union mit Olaf Scholz glaubt Dobrindt offenbar nicht mehr: „Wir haben Tag 60 nach der Deutschland-Pakt-Rede des Kanzlers. Passiert ist seitdem nichts. Die Migrationszahlen steigen weiter an. Ich spüre keine echte Bereitschaft bei der Ampel, die illegale Migration zu stoppen.“
Deutsche Städtetag: Asylverfahren deutlich beschleunigen
Der Deutsche Städtetag fordert von Bund und Ländern eine beschleunigte Abwicklung der Asylverfahren. Städtetagspräsident Markus Lewe betont, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mehr Personal benötigt, um Anhörungsverfahren zeitnah und effizient durchzuführen. Gleichzeitig sollten die Länder sicherstellen, dass die Verfahren vor den Verwaltungsgerichten schneller abgeschlossen werden.
Lewe betont, dass schnellere Abschiebungen von Personen ohne Bleibeperspektive erst möglich sind, wenn die Asylverfahren endgültig abgeschlossen sind. „Heute dauern diese Verfahren je nach Bundesland mehr als ein Jahr, teilweise über zwei Jahre. Wenn die Ministerpräsidentenkonferenz hier Ergebnisse bringt, die dann auch schnell umgesetzt werden, könnte das die Städte perspektivisch entlasten.“
Eine Umfrage zeigt, dass die Dauer der Asylgerichtsverfahren bundesweit gesunken ist. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit für erstinstanzliche Asylklagen ist von 20 Monaten im Jahr 2022 auf etwa 17 Monate gesunken. Dies ergab eine Befragung des Deutschen Richterbundes unter allen deutschen Verwaltungsgerichten und dem Bundesamt fürMigration und Flüchtlinge. Die Bearbeitungszeiten variieren jedoch stark, von 3,5 Monaten in Trier bis zu über drei Jahren in Cottbus.
Integrationsbeauftragte: Migrationsfrage nicht Ursache sämtlicher Probleme im Land
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, hat den Tonfall in der Asyl-Debatte beklagt. „Eine Tonlage, die immer schärfer und populistischer wird, sowie täglich neue Scheinlösungen präsentiert, spaltet unsere Gesellschaft in `Die anderen` und `Wir`“, sagte sie dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Sonntagausgaben). „Es ist falsch, die Migrationsfrage als Ursache für sämtliche Probleme in unserem Land heranzuziehen, vom Gesundheitswesen bis in den Bildungsbereich.“
Gerade in diesen angespannten Zeiten müsse die Sicherung des gesellschaftlichen Zusammenhalts oberste Priorität haben, so Alabi-Radovan. Deutschland habe von seiner Einwanderungsgeschichte immer profitiert: „Die Bundesregierung steht zum Flüchtlingsschutz“, sagte sie. „Menschen mit Einwanderungsgeschichte, ihre Kinder und Enkel sind selbstverständlich Teil dieses Landes.“
Die Integrationsbeauftragte bezog sich unter anderem auf Äußerungen von Bundesfinanzminister Christian Lindner und Bundesjustizminister Marco Buschmann (beide FDP), die eine Kürzung der Sozialleistungen für Asylsuchende „quasi auf Null“ forderten. CDU-Politiker Jens Spahn hatte gesagt, man müsse notfalls mit „physischer Gewalt“ gegen „irreguläre“ Migration vorgehen.
Auch der Präsident des PEN-Zentrums Deutschland, José F.A. Oliver, kritisierte den Tonfall: „Diese Wortwahl ist unsäglich und im Grunde ihres Wesens ein Angriff auf die Würde der Menschen, die zur Flucht gezwungen werden“, sagte er dem RND. „So schafft man keine Sensibilisierung in der Gesellschaft, sondern beschreibt die eigene politische Unfähigkeit, den Menschen eine Orientierung ins Zusammenleben zu geben.“ (dts/afp/red)
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