Stadtwerkeverband warnt vor Scheitern von Habecks Wärmewendepläne
In der Debatte um eine Nutzung der Gasnetze mit Wasserstoff ab 2024 warnt der Verband der Kommunalen Unternehmen (VKU) vor überzogenen Erwartungen und einem Scheitern der Wärmewendepläne der Bundesregierung. Es würden nur wenige Versorger ihre Gasnetze für Alternativen wie Wasserstoff öffnen können, sagte VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing (CDU) der „Bild“ (Samstagausgabe). Schuld daran seien „die starren Vorgaben im aktuellen Entwurf des Gebäudeenergiegesetztes (GEG)“.
Diese seien „kontraproduktiv und bewirken das Gegenteil“, so Liebing. „Wir brauchen mehr Flexibilität in der Umsetzung und den Wegfall von übertriebenen Entschädigungspflichten. Sonst wird die Regierung ihre Ziele nicht erreichen, sonst droht die Wärmewende zu scheitern.“ Konkret kritisierte Liebing die „starren Vorgaben“ für rund 500 kommunale Versorgungsunternehmen in Bezug auf Gas- und Fernwärmeheizungen. Sie seien ein „Bremsklotz“.
Demnach müssen die Versorger bis 2030 schon 50 Prozent und bis 2035 dann 65 Prozent CO₂-freie Gase wie Wasserstoff anbieten und die Gasinfrastruktur bis 2035 zu auf 100 Prozent auf Wasserstoff umgestellt haben. „Die Vorgaben gehen mit dieser engen Frist völlig an der Realität vorbei“, sagte Liebing. Die meisten Versorger würden das nicht so schnell schaffen.
„Entschädigungspflichten hemmen“
Er kritisierte außerdem die Entschädigungspflichten für Versorger. „Sie führen dazu, dass so gut wie kein Versorger die Gasnetze weiter für Alternativen öffnen wird, weil die Finanzrisiken viel zu groß sind. Das Gleiche gilt für die Fernwärme“, so der VKU-Chef.
Neue Gasheizungen sollen schon ab kommendem Jahr eigentlich nicht mehr eingebaut werden. Die Pläne der Ampelregierung sehen jedoch Ausnahmen vor, unter anderem für Anlagen, die mit klimaneutralem Wasserstoff betrieben werden können. Die FDP hatte unter Verweis auf die Technologieoffenheit darauf gedrungen. „H₂-Ready-Heizungen“ gibt es bereits, ihr flächendeckender Betrieb mit Wasserstoff bleibt bislang jedoch weitgehend Theorie. Doch woher soll der Wasserstoff in großen Mengen kommen?
Wasserstoffproduktion in Afrika
Stefan Liebing, nicht verwandt mit Ingbert Liebing, ist Geschäftsführer von „Conjuncta“, einem mittelständischen Unternehmen mit Schwerpunkt auf der Entwicklung und Finanzierung von Investitionsvorhaben. Er baut in Mauretanien (Afrika) gerade eine Wasserstoffproduktion mit auf. Er ist der Meinung, Deutschland benötigt in jedem Fall große Mengen importierter „grüner Energie“.
„Heute importieren wir rund 60 Prozent unseres Energiebedarfs – meist in Form von Kohle, Gas und Öl. Wenn das alles auf ‚grün‘ umgestellt werden soll, werden wir nicht umhinkommen, weiterhin die Hälfte oder mehr unserer Energie zu importieren – dann in Form von grünem Wasserstoff und seinen Derivaten“, erklärte Liebing kürzlich in einem FAZ-Interview.
Dabei wäre allerdings eine Diversifizierung nötig. Er empfiehlt zehn oder 15 Lieferländer für Wasserstoff. „Hier können Mauretanien oder Namibia ebenso einen Beitrag leisten wie Chile oder Saudi-Arabien.“ Wenn ein Land als Lieferant aus politischen oder technischen Gründen ausfalle, hätte man immer noch ausreichend Optionen, so der Vorsitzende vom Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft (Außenwirtschaftsverband).
Hafen- und Verladeinfrastruktur muss erst gebaut werden
Doch warum sind dabei ausschließlich Länder im Fokus, die weit entfernt von Deutschland liegen? „Wer grünen Wasserstoff wirtschaftlich erzeugen möchte, benötigt Standorte, an denen tagsüber die Sonneneinstrahlung stark ist und nachts viel Wind weht, damit die Elektrolyseure möglichst rund um die Uhr mit grünem Strom betrieben werden können“, erklärt Liebing im Interview weiter. Die Auswahl an solchen hervorragenden Standorten sei auch in Afrika überschaubar. Da diese Länder aber nicht über die nötige Infrastruktur verfügen, müsste die notwendige Hafen- und Verladeinfrastruktur erst gebaut werden, berichtet Stefan Liebing.
Allerdings soll die erste Projektphase in Mauretanien mit einer Kapazität von 400 Megawatt erst im Jahr 2028 nach Deutschland liefern können. „Das endgültige Projekt soll dann fünfundzwanzigmal so groß werden.“ In Mauretanien zeigt sich zudem ein mögliches Risiko auf: Mauretanien ist Teil der Sahel-Region. Dort kommt es immer wieder zu Unruhen durch islamistische Terroristen und andere bewaffnete Gruppen.
„Nicht genug grüner Wasserstoff oder Biomethan vorhanden“
Ingbert Liebing warnte bereits im März gegenüber der „Bild“, dass zum geplanten Zeitpunkt des Verbots von Öl- und Gasheizungen in Deutschland nirgendwo genug „grüner“ Wasserstoff oder Biomethan vorhanden sei und via Gasverteilnetz beim Endkunden ankommen könne.
Die Ampelkoalition hatte sich nach langem Streit auf neue Vorgaben für Heizungsanlagen geeinigt. Grundsätzlich läuft die Reform des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) in der Praxis auf ein Verbot neuer Öl- und Gasheizungen hinaus. Ab 2024 soll jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Im Detail noch ungeklärt ist die Frage nach der finanziellen Unterstützung der Verbraucher.
Die 65 Prozent erneuerbaren Energien könnten theoretisch durch klimaneutralen Wasserstoff bereitgestellt werden. Dies muss der Eigentümer dann nachweisen. Voraussetzung für den Einbau einer solchen Heizung ist zunächst aber, dass von dem zuständigen Gasnetzbetreiber ein verbindlicher Plan für einen Wasserstoffanschluss vorgelegt wird, damit die Versorgung mit Wasserstoff künftig überhaupt möglich ist.
(Mit Material von dts)
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