Staatsrechtler kritisiert: Vom Bundestag abgelehnter Antrag durch Verfassungsgericht zum Gesetz erklärt
Das Bundesverfassungsgericht schwinge sich selbst zum verfassungsändernden Gesetzgeber auf und überschreite damit seine richterlichen Kompetenzen, erklärt einer der renomiertesten Staatsrechtler Deutschlands, Prof. Dr. Dietrich Murswiek, auf dem Onlineportal „FAZ-Einspruch“.
Konkret geht es um den Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 24. März, schneller als zuvor geplant „Klimaneutralität“ zu erreichen.
Auch Norbert Lammert, früherer Präsident des Deutschen Bundestages, kritisierte das Bundesverfassungsgericht. Die zentrale Argumentation des Gerichts zum Klimaschutzgesetz sei durchaus fragwürdig, so Lammert.
„Restbudget“-CO2 nicht aus Grundgesetz ableitbar
Prof. Dr. Murswiek begründet seine Kritik so: Das Bundesverfassungsgericht erkläre, dass sich aus dem Staatsziel des Umweltschutzes (GG Art. 20a) ableiten lasse, dass alle verpflichtet seien, die Ziele des Pariser Abkommens anzustreben: Den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 Grad Celsius und möglichst auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.
Das Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens und des deutschen Klimaschutzgesetzes (§1) lasse sich nur einhalten, wenn nach Ausschöpfung des sogenannten „Restbudgets“ keine Netto-CO2-Emissionen mehr erfolgten. Das „Restbudget“ wurde nach dem Pariser Abkommen berechnet und erlaubt Deutschland, 6,7 Gigatonnen CO2 zu nutzen. Mehr stünde aus Gründen des Klimaschutzes nicht mehr zur Verfügung. Bereits Ende 2030, so das Bundesverfassungsgericht, sei davon trotz aller möglichen Anstrengungen nur noch ungefähr eine Gigatonne CO2 übrig.
Diese Begrenzung der CO2-Emissionen auf ein nationales „Restbudget“, von dem 2030 nur noch eine Gigatonne übrig sein werde, wenn so viel CO2 emittiert werde, wie nach dem bisherigen Klimaschutzgesetz erlaubt sei, lässt sich nach Auffassung von Murswiek aber nicht aus dem Grundgesetz ableiten.
Politische Festlegungen für die Temperatur
Die 2-Grad-Celsius-Begrenzung sowie die 1,5 Grad Temperaturerhöhung seien allerdings politische Festlegungen und nicht aus dem Grundgesetz ableitbar. Das Grundgesetz lege nicht fest, wie warm oder kalt es in Deutschland sein darf. Im Klimabeschluss stelle das Bundesverfassungsgericht dies selbst klar, so Murswiek.
Dann jedoch erhebe es das Temperaturziel von Paragraf 1 des Klimaschutzgesetzes in einen Verfassungsrang, indem es behaupte, der Gesetzgeber habe mit dieser Vorschrift das Umweltschutzstaatsziel des Artikels 20a des Grundgesetzes „konkretisiert“.
Eine einzelne Vorschrift des Klimaschutzgesetzes werde damit zum Maßstab für die anderen Bestimmungen erklärt. Das Verfassungsgericht prüfe anschließend den übrigen Inhalt des Klimaschutzgesetzes anhand des vorher selbst geschaffenen Maßstabes. Die einzelne Vorschrift habe so den Status einer Quasi-Verfassungsvorschrift erhalten.
Der Paragraf 1 des Klimaschutzgesetzes – das Temperaturziel des Pariser Abkommens – erhalte auf diese Weise einen Status, den es im deutschen Verfassungsrecht gar nicht gebe.
Diese Vorschrift könne zwar vom einfachen Gesetzgeber, also ohne die für Verfassungsänderungen erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit, geändert werden, habe aber ansonsten Verfassungsrang und das Bundesverfassungsgericht könne gesetzliche Vorschriften darauf überprüfen, ob sie mit dem Temperaturziel übereinstimmen. Solche Zwitternormen – zugleich einfaches Gesetz und Verfassungsnorm – seien dem deutschen Verfassungsrecht fremd.
Vom Bundestag abgelehnter Antrag vom Verfassungsgericht zum Gesetz erklärt
Im Jahr 2018 hatten die Grünen beantragt, Artikel 20a des Grundgesetzes um folgende Vorschrift zu erweitern: „Für die Bundesrepublik Deutschland völkerrechtlich verbindliche Ziele und Verpflichtungen des Klimaschutzes binden alle staatliche Gewalt unmittelbar.“
Damit sollte jede kommende Regierung Deutschlands auf den Klimaschutz verpflichtet werden, das Pariser Abkommen müsse um jeden Preis durchgesetzt werden. Gleichzeitig sollten der Konsens zum Atomausstieg auf Verfassungsebene sowie mehr Gesetzgebungsbefugnisse des Bundes beim Klimaschutz festgeschrieben werden.
Der Antrag wurde vom Bundestag abgelehnt. Lediglich die Linken schlossen sich den Forderungen der Grünen an, alle anderen Fraktionen im Bundestag wiesen die Forderungen der Grünen zurück.
Dafür sei das Grundgesetz zu schade, kommentierte Philipp Amthor (CDU) den Entwurf, die Verfassung sei keine „Pinnwand ideologischer Ideen“. Für die FDP gab es bereits ausreichend Gesetze und Verordnungen, die anscheinend nicht die gewünschte Wirkung entfalten würden, so Judith Skudelny. Eine Grundgesetzänderung, die auf die gleiche Strategie setze, sei kontrapunktiv, wie die Wochenzeitung des Bundestages, „Das Parlament“, in der Ausgabe 40/41 zusammenfasste.
Die SPD warb für das damals vorbereitete Klimaschutzgesetz (welches rund drei Jahre später am 24. Juni 2021 vom Bundestag und am 25. Juni 2021 vom Bundesrat unterzeichnet wurde) und wies darauf hin, dass sich Grenzwerte bei völkerrechtlichen Verpflichtungen in der Praxis in ihr Gegenteil verkehren würden, wenn sie sich verschlechterten. AfD-Politiker Thomas Seitz kritisierte, dass es den Grünen eigentlich darum gehe, für Windkraftanlagen Enteignungen durchsetzen zu können, Fahrverbote zu verhängen oder Produktionserlaubnisse entziehen zu können.
Fazit von Prof. Dr. Murswiek: Das Bundesverfassungsgericht mache mit seinem Klimabeschluss die vom Bundestag abgelehnte und von den Grünen beantragte Verfassungsänderung in ihrem wesentlichen Inhalt zum geltenden Verfassungsrecht.
Damit sei es nicht nur „klimaaktivistischer Politikantreiber“, sondern habe sich auch zum Gesetzgeber ermächtigt. „Das hat es in der Geschichte des Bundesverfassungsgerichts noch nie gegeben.“
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