„Staatslohn“: Kritik am Arbeitsminister beim Mindestlohn
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erwartet für das kommende Jahr eine deutliche Erhöhung des Mindestlohns. „Arbeit muss sich lohnen. Deshalb wird es zum nächsten Januar eine weitere Mindestlohnerhöhung geben“, sagte Heil der „Bild am Sonntag“.
Die Arbeitgeber reagierten empört auf das Vorpreschen des Ministers. Heil „sabotiert die Arbeit der unabhängigen Mindestlohnkommission“, erklärte BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter. Kritik kam auch aus FDP und Union.
Heil sagte, er rechne „mit einer deutlichen Steigerung“. Der Minister verwies auf die hohe Inflation und Tariferhöhungen, die sich bei der Festlegung des Mindestlohns niederschlagen würden.
Droht erneut eine politische Festsetzung des Mindestlohns?
Die ständige unabhängige Mindestlohnkommission unterbreitet der Regierung alle zwei Jahre einen Vorschlag zur Anpassung des Mindestlohns. Der nächste Vorschlag wird für den Sommer erwartet.
Zuletzt war der Mindestlohn zum 1. Oktober von 10,45 Euro auf zwölf Euro pro Stunde erhöht worden. Diesen einmaligen Schritt hatte die Regierung beschlossen und nicht die eigens dafür eingesetzte Kommission.
Steffen Kampeter betonte mit Blick darauf, es sei bisher „immer von einem einmaligen Eingriff die Rede“ gewesen. „Staatslohnsetzung statt Tarifpolitik scheint die Maßgabe aus dem Arbeitsministerium zu sein“, kritisierte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Er verwies darauf, dass alle Entscheidungen der Mindestlohnkommission einvernehmlich gefallen seien.
„Die Koalitionsführung muss sich entscheiden, ob sie die fortwährenden Grenzüberschreitungen des Bundesarbeitsministers weiterhin duldet“, fügte Kampeter mit Blick auf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hinzu. Heil falle auch dem Kanzler „in den Rücken“, der sich erst kürzlich „um eine lebendige Sozialpartnerschaft bemüht hat“.
FDP: Bundesregierung unterläuft Mindestlohnkommission
Auch FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki kritisierte Heil. „Abgesehen davon, dass man diese prognostische Einschätzung durchaus so treffen kann, ist es aber unglücklich, wenn sich ein Bundesminister in dieser Frage öffentlich einschaltet“, sagte Kubicki den Zeitungen der „Funke Mediengruppe“.
„Es kann der Eindruck entstehen, dass der eigentliche Zweck der Mindestlohnkommission, politische Forderungen aus dieser Debatte herauszuhalten, von der Bundesregierung unterlaufen wird.“
Kritik am Arbeitsminister äußert auch der Obmann der FDP-Bundestagsfraktion im Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jens Beeck. „Aufgrund der Entwicklung der Tariflöhne ist die Erwartung von Bundesarbeitsminister Heil an eine Mindestlohnerhöhung nicht unplausibel. Es ist jedoch weder die Aufgabe des Ministers, darüber öffentlich zu spekulieren noch Einfluss nehmen zu wollen.“
Beeck erwartet, dass die erfolgte politische Erhöhung des Mindestlohns zum 1.10.2022 von 9,60 Euro auf 12 Euro einmalig bleibt. „Eine erneute politische Mindestlohnfestlegung, an den Empfehlungen der Mindestlohnkommission vorbei, kommt nicht in Frage.“
CDU: „Politische Lohnfindung ist falsch“
Ähnlich äußerte sich auch der Parlamentarischen Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei. „Für den Mindestlohn macht die unabhängige Mindestlohnkommission einen Vorschlag für 2024“, sagte Frei den „Funke-Zeitungen“.
„Es ist irritierend, dass sich der Arbeitsminister jetzt dazu äußert.“ Der CDU-Politiker fügte hinzu: „Eine politische Lohnfindung ist jedenfalls falsch.“
Linke: Heil soll „möglichst schnell“ per Gesetz Mindestlohn festlegen
Linken-Chefin Janine Wissler forderte dagegen rasche gesetzliche Schritte. „Angesichts explodierender Preise darf der Minister nicht auf die Mindestlohn-Kommission warten“, sagte sie den „Funke-Zeitungen“. Wie im vergangenen Jahr solle Heil den neuen Mindestlohn per Gesetz festlegen, „und zwar möglichst schnell“.
Wissler betonte: „Die Beschäftigten brauchen mindestens 13 Euro – denn unterhalb davon schützt ein Mindestlohn nicht vor Altersarmut.“ Zugleich forderte sie schärfere Kontrollen, ob der vorgeschriebene Mindestlohn tatsächlich gezahlt werde.
Noch schnell ein Tariftreue-Gesetz
Heil kündigte weiter an, bis Juni einen Entwurf für das im Koalitionsvertrag vereinbarte Tariftreue-Gesetz vorzulegen. Wenn der Bund Bauarbeiten in Auftrag gebe, Reinigungstätigkeiten vergeben würden oder eine Veranstaltung organisiert werde, dann dürften die Aufträge nur an Firmen vergeben werden, die den Tarifvertrag einhalten.
„Die Auftragnehmer des Bundes müssen ihren Mitarbeitern alle Regelungen des Branchentarifvertrags gewähren – von Lohnhöhe über Zulagen und Urlaub bis Weihnachtsgeld“, sagte Heil.
„Wenn wir als Staat Steuergeld ausgeben, dann dürfen davon nicht länger Unternehmer profitieren, die ihre Leute nicht ordentlich bezahlen.“ Ziel sei es, dass das Gesetz zum 1. Januar 2024 in Kraft trete. (afp/red)
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