Spionageverdacht – BND-Mitarbeiter vor Gericht

Ein BND-Mitarbeiter soll während Russlands Krieg für Moskau spioniert haben. Für den Prozess gelten strengste Sicherheitsmaßnahmen. Man müsse sich an James Bond orientieren, heißt es aus dem Gericht.
Die Bundesanwaltschaft hat einen Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) und einen mutmaßlichen Komplizen angeklagt.
Die Bundesanwaltschaft hat einen Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) und einen mutmaßlichen Komplizen angeklagt.Foto: Christophe Gateau/dpa
Epoch Times13. Dezember 2023

Die Bundesanwaltschaft wertet es als Landesverrat: Ein Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) soll Russland geheime Informationen gegeben haben.

Knapp ein Jahr nach der Festnahme des 53-Jährigen beginnt heute in Berlin unter hohen Sicherheitsvorkehrungen der Prozess zu einem der spektakulärsten Spionagefälle der vergangenen Jahre. Mitangeklagt ist ein 32 Jahre alter Diamantenhändler als mutmaßlicher Komplize.

Die Vorwürfe der Bundesanwaltschaft

Die beiden Deutschen sollen im Herbst 2022 – einige Monate nach Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine – in zwei Fällen geheime Informationen an den russischen Geheimdienst FSB weitergegeben haben. Für ihre Dienste soll dieser beide Angeklagten entlohnt haben: BND-Mitarbeiter Carsten L. mit 450.000 Euro und Geschäftsmann Arthur E. mit mindestens 400.000 Euro.

Den Ermittlern zufolge soll Carsten L. im September und im Oktober 2022 neun interne BND-Dokumente an seinen Arbeitsplätzen in Berlin und Pullach bei München ausgedruckt oder abfotografiert haben.

Arthur E. soll die ausspionierten geheimen Informationen dann dem russischen Geheimdienst übergeben und sich dafür mehrfach mit FSB-Mitarbeitern in Moskau getroffen haben. Arrangiert haben soll die Treffen ein russischer Unternehmer, den E. kannte. Laut Anklage buchte und finanzierte dieser auch die Flugreisen des Geschäftsmannes.

Die Festnahme der Männer

Carsten L. wurde am 21. Dezember 2022 in Berlin festgenommen, seine Wohnung und der Arbeitsplatz wurden durchsucht. Arthur E. wurde im Januar 2023 als mutmaßlicher Mittäter bei der Einreise aus den USA am Flughafen München gefasst. Die Ermittlungen dazu seien in enger Zusammenarbeit mit dem BND und mit Unterstützung der US-Bundespolizei FBI geführt worden, hieß es damals.

Beide Männer sitzen seitdem in Untersuchungshaft. Am 24. August erhob die Bundesanwaltschaft Anklage.

So läuft der Prozess ab

Nach Gerichtsangaben sind zunächst 51 Prozesstage bis zum 17. Juli 2024 angesetzt. Wegen vieler als geheim eingestufter Informationen könnte die Verhandlung teilweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgen.

Es gelten strengste Sicherheitsmaßnahmen. Handys und Laptops sind im Verhandlungssaal nicht erlaubt. Auch Armbanduhren oder Schmuckstücke wie Siegelringe oder Medaillons dürfen nicht getragen werden. Selbst Füller oder Kugelschreiber sind tabu. Nach Gerichtsangaben werden vor Ort Stifte für Notizen bereitgestellt.

„Wenn es um Geheimdienste geht, muss man sich etwas an James Bond orientieren“, kommentierte Gerichtssprecherin Lisa Jani das Vorgehen.

Solche strengen Sicherheitsmaßnahmen gab es demnach auch bei dem Prozess zur spektakulären Entführung des vietnamesischen Ex-Managers Trinh Xuan Thanh in Berlin im Sommer 2017. Wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit und Beihilfe zur Freiheitsberaubung hatte das Berliner Kammergericht 2018 einen ebenfalls aus Vietnam stammenden Angeklagten und 2023 einen Tathelfer zu jeweils mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.

Bewertung der Bundesanwaltschaft

Nach Einschätzung der Bundesanwaltschaft handelt es sich im jetzigen Spionagefall um ein Staatsgeheimnis im Sinne des Strafgesetzbuchs. Dessen Weitergabe soll „in beiden Fällen zur Gefahr eines besonders schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland“ geführt haben.

In ihrer Anklage geht die Bundesanwaltschaft außerdem von Landesverrat jeweils in einem besonders schweren Fall aus. Dieser kann mit einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren bis hin zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe geahndet werden – beispielsweise dann, wenn der Täter eine verantwortliche Position missbraucht hat, die ihn zur Wahrung von Staatsgeheimnissen besonders verpflichtet.

Andere Vorfälle beim BND

Der BND ist der Auslandsnachrichtendienst Deutschlands. Die Behörde mit rund 6.500 Mitarbeitern informiert die Bundesregierung über Entwicklungen von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung.

Zuletzt flog dort 2014 ein sogenannter Maulwurf – ein Doppelagent – auf. Das Münchner Oberlandesgericht sprach den 32-Jährigen später wegen jahrelanger Spionage des Landesverrats sowie der Verletzung von Dienstgeheimnissen schuldig und verurteilte ihn zu acht Jahren Haft. Der gelernte Bürokaufmann hatte zwischen 2008 und 2014 mehr als 200 teils streng geheime BND-Dokumente an den US-Geheimdienst CIA weitergegeben und dafür mindestens 80.000 Euro kassiert.

Die Dimensionen des Falls um Carsten L. und Arthur E. bezeichnete der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz als „durchaus gravierend“. „Er steht exemplarisch für massive Versäumnisse bei der Eigensicherung“, sagte der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“.

Es sei „richtig und äußerst wichtig, den Fall zum Anlass zu nehmen, die Sicherheitsvorkehrungen innerhalb der Nachrichtendienste grundlegend zu überprüfen“. (dpa/red)



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