Ministeriumspapier schlägt Aufweichung des Sterbehilfe-Verbotes vor
In der Debatte um eine neue gesetzliche Regelung zur Sterbehilfe hat das Bundesgesundheitsministerium einem Bericht zufolge ein Konzept erarbeiten lassen, dass die Sterbehilfe unter Bedingungen ermöglicht.
Suizidassistenz solle demnach zwar grundsätzlich unter Strafe stehen, berichtete der „Spiegel“ am Freitag. Allerdings gibt es davon Ausnahmen, die laut dem Papier möglich sein sollen, wenn ein „abgestuftes Schutzkonzept“ eingehalten werde: Sterbewillige müssten sich von zwei unabhängigen Ärzten begutachten lassen und eine Beratungsstelle aufsuchen.
„Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, die Einzelne und den Einzelnen vor einer Selbsttötung zu schützen, die nicht auf einem selbstbestimmten Entschluss beruht“, zitierte der „Spiegel“ aus dem Papier. Die Details sollen demnach in einem neuen „Selbsttötungshilfegesetz“ geregelt werden. Auch sei ein Werbeverbot für Suizidassistenz geplant.
Das Papier sei ein „interner Arbeitsentwurf der Fachebene“, der noch nicht abschließend abgestimmt sei, hieß es laut „Spiegel“ aus dem Gesundheitsministerium. Der Zwischenstand wurde dem Magazin zufolge im März an die Fraktionen versandt.
Sterbehilfebefürworter enttäuscht vom Ministeriumsentwurf
Die Sterbehilfebefürworterin und FDP-Medizinrechtsexpertin Katrin Helling-Plahr äußerte sich empört. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) habe „einen Vorschlag für ein Verhinderungsgesetz erarbeitet, weil er Betroffenen unnötige Hürden in den Weg räumt“, sagte sie dem „Spiegel“. Helling-Plahr ist Mitinitiatorin eines fraktionsübergreifenden Gesetzentwurfs zur Sterbehilfe, der eine deutlich liberalere Regelung anstrebt.
Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz reagierte unzufrieden. „Schon Suizidassistenz grundsätzlich unter Strafe stellen, wird kaum mit der Verfassung in Einklang zu bringen sein“, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch am Freitag der Nachrichtenagentur AFP. Zu dem „abgestuften Schutzkonzept“ sagte er, es sei „unmöglich, den freien Willen eines Suizidwilligen zu überprüfen. Auch zwei unabhängige Ärzte und eine Beratungsstelle werden dazu nicht in der Lage sein.“
Massive Kritik an Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur Sterbehilfe
In einem umstrittenen Urteil hat das Bundesverfassungsgericht im vergangenen Jahr das 2015 beschlossene Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Sterbehilfe gekippt. Seitdem ist es nicht mehr strafbar, anderen Menschen beim Suizid zu helfen, auch wenn dies geschäftsmäßig geschieht – also etwa durch Vereine oder Ärzte, die regelmäßig beim Sterben helfen. Sie können beispielsweise die nötigen Medikamente besorgen.
Kritiker der Sterbehilfe sehen nach diesem Urteil das Konstrukt des Lebensschutzes in Deutschland in Gefahr und das die Verfügbarkeit von Sterbehilfe als Dienstleistung in ein allgemeines Dienstleistungssortiment Einzug hält.
Sie sehen darin eine radikalen Bruch mit der bewährten Rechtskultur, die Lebensschutz und Selbstbestimmung in einem Verbund sieht und nicht einseitig die Persönlichkeitsrechte betont.
Situation nach Urteil kompliziert – keine gesetzliche Neuregelung
Trotz des Urteils bleibt die Lage für Betroffene kompliziert, weil eine gesetzliche Neuregelung noch aussteht und es vielerorts berufsrechtliche Regelungen gibt, die Ärzten das Verschreiben einer tödlichen Dosis untersagen.
Der von Helling-Plahr mitverfasste Gesetzentwurf sieht für Volljährige ein Recht auf Suizidbeihilfe nach eingehender Beratung vor.
Voraussetzung soll sein, dass der Sterbewillige sein Leben „aus autonom gebildetem, freiem Willen“ beenden möchte.
Er oder sie müsse in der Lage sein, „auf einer hinreichenden Beurteilungsgrundlage realitätsgerecht das Für und Wider abzuwägen“. Mitte März erreichte der Gesetzentwurf die Unterstützung von fünf Prozent der Bundestagsabgeordneten, so dass er nun ins Parlament eingebracht werden kann. (afp/er)
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