SPD warnt Türkei vor Instrumentalisierung von Bundeswehr-Soldaten
Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Niels Annen, hat die Regierung in Ankara davor gewarnt, die zur Abwehr syrischer Raketen in der Türkei stationierten Bundeswehr-Soldaten für andere Zwecke zu missbrauchen. „Wenn das Bundeswehrkontinent in innertürkischen Konflikten instrumentalisiert werden sollte, wird sich die Bundesregierung sicher vorbehalten, Soldaten und Raketen abzuziehen“, sagte Annen der „Welt“. Der Sozialdemokrat übt heftige Kritik an der Türkei.
„Die erste Priorität der türkischen Politik scheint darin zu bestehen, einen kurdischen Staat zu verhindern“, sagte Annen der „Welt“. „Unsere erste Priorität besteht im Kampf gegen den IS. Diese beiden Ziele lassen sich nicht reibungslos miteinander verbinden.“ Die türkische Regierung bekämpfe „mit den Kurden die Kräfte, die den IS bisher am effektivsten zurückgedrängt haben. Sie kämpft gegen den IS – und gegen diejenigen, die den IS bekämpfen. Wo ist da die Strategie?“, fragte Annen. Ankara habe sich islamistischer Gruppen bedient, um den syrischen Präsidenten Assad zu stürzen – und habe diese Gruppen nun ganz offenbar nicht unter Kontrolle. Anderseits sei die Türkei „Opfer von Terror der PKK und des IS geworden“ und könne sich auf die Unterstützung Berlins verlassen, so der SPD-Politiker: „Die Stationierung der Patriot-Raketen war ja unsere Antwort auf eine türkische Bitte. Wir sollten von dieser Entscheidung nicht abrücken. Aber sie ist kein Dogma“. Der verteidigungspolitische Sprecher der CSU, Florian Hahn, plädierte dafür, den Bundeswehreinsatz zu überprüfen. „Wir sollten überlegen, ob wir den Patriot-Einsatz aufrecht erhalten“, sagte Hahn der „Welt“. Er halte die Mission ohnehin „für weitgehend sinnfrei, weil der IS über keinerlei Waffen verfügt, die von den Patriot bekämpft werden müssten“. Außerdem habe die Regierung in Ankara den IS bislang „zumindest indirekt unterstützt“, so Hahn. Die Kehrtwende, nun den IS zu bekämpfen und gleichzeitig gegen die Kurden vorzugehen, „scheint mir stark innenpolitisch motiviert. Vor diesem Hintergrund sollten Deutschland und die Nato gut überlegen, ob wir uns vor den innenpolitischen Karren von Präsident Erdogan spannen lassen wollen.“ Roderich Kiesewetter, Außenpolitiker der CDU und Vorsitzender des Reservistenverbandes der Bundeswehr, verlangte „ein klares Signal des Nato-Rates“, der an diesem Dienstag zusammentritt und sich mit der neuen Lage befasst. Der Türkei müsse deutlich gemacht werden, dass sie unter dem Mantel des Kampfes gegen den IS keine innenpolitischen Ziele verfolgen dürfe. Wird diese Vorgabe erfüllt, könne der „im Zeichen der Solidarität mit einem Bündnispartner stehende Einsatz“ fortgeführt werden. Das biete den Vorteil, so Kiesewetter, dass Deutschland und das Bündnis weiter Einfluss nehmen könnten. Nachdenken solle man allerdings darüber, „ob man die Patriot-Systeme durch etwas anderes ersetzt“. Denkbar seien Nato-geführte Aufklärungsfähigkeiten wie Tornado-Jets, Fernmelder oder eine Verstärkung des laufenden Awacs-Einsatzes. Omid Nouripour, außenpolitischer Sprecher der Grünen, sagte der Zeitung: „Der Verbleib der Patriot in der Türkei ist kein Automatismus. Die klare Bedingung für den Einsatz ist die Verteidigung der Türkei. Wenn die Türkei jetzt aber in einen Bürgerkriegszustand abgleitet oder Kriegspartei in Syrien oder dem Irak würde, dann müssten wir schleunigst reagieren.“ Die Bundeswehr ist seit zweieinhalb Jahren in der Türkei stationiert. 259 Soldaten haben in dem Nato-geführten Einsatz namens „Active Fence“ den Auftrag, die Bürger der Stadt Kahramanmaras nahe der syrischen Grenze mit dem Raketenabwehrsystem Patriot vor Angriffen aus der Luft zu schützen. Es handelt sich, so heißt es im bis zum 31. Januar 2016 gültigen Mandat des Bundestages, um eine „rein defensive“ Maßnahme zur Selbstverteidigung.
(dts Nachrichtenagentur)
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